Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
mit. Martins Kollege war ein Banker, der ständig rausrannte, um zu telefonieren, weshalb er nach der vierten Wocheaus dem Kurs entfernt wurde. Seitdem waren Martin und ich allein.
»Du hast hier gar nichts zu suchen«, hatte Martin mir mehr als einmal erklärt, aber diese Sache war so schräg, dass man das einfach mal mitgemacht haben musste. In den letzten Wochen war ich unregelmäßiger Besucher gewesen, heute ging ich mal wieder mit.
ELF
Um Punkt sieben Uhr läutete der Gong in dem pastelllahmarschfarben gestrichenen Raum die Sitzung der Kugelbauchweiber ein, und alle hielten für einen Moment die Luft an, die sie dann langsam und summend wieder ausstießen. Damit ließen sie den Druck ab und den Tag hinter sich und waren bereit für eine neue Folge DSDS: Das Siechtum der Schwangeren.
»Liam-Wilhelm ist inzwischen auf der Welt«, verkündete die in einen leuchtend roten Nickianzug gekleidete Vorturnerin mit sanfter Stimme. »Wir freuen uns mit Jeanette und Michaela und senden ihnen die besten Wünsche.«
Alle anwesenden Frauen und Martin schlossen die Augen und sandten ihre besten Wünsche an die beiden Oberlesben, von denen die eine es auf sich genommen hatte, richtigen Sex mit einem Mann zu haben, um endlich schwanger zu werden. Der Kerl war der Bruder der anderen, so blieb wenigstens alles schön in der Familie.
»Dann hören wir doch mal, wie es euch so geht.«
»Die Ärztin hat mir monatelang gesagt, es würde ein Mädchen, und jetzt soll es plötzlich ein Junge werden. Nachdem ich alles rosa gestrichen habe«, jammerte Leonie.
»Ich habe so Lust auf Sex«, rief Esther. »So wahnsinnige Lust, aber wie soll ich in dem Zustand losgehen und einen Kerl aufreißen? Männer kriegen doch die Krise, wenn sie den Bauch sehen.«
»Mach’s dir selbst«, murmelte Leonie. »Ist sowieso das Einfachste.«
»Dass dir das am Arsch vorbeigeht, war ja klar«, maulte Esther. »Du weißt gar nicht, was Lust überhaupt ist. Ich frage mich bis heute, wie du in den Zustand gekommen bist.«
Nanu, seit wann waren die beiden Zicken denn im Krieg? Ich konnte mich noch gut daran erinnern, dass sie sich gegenseitig den Rücken gekrault und die Bäuche geknetet hatten.
»Ruhe, bitte«, summte die Nickitussi. »Jede hat ein Anrecht auf ihre eigenen Gefühle, auf ihre persönliche Meinung und ihr ganz individuelles Leben.«
»Mir war in den letzten Wochen schrecklich langweilig, aber jetzt …«
Ui, ui, ui, hoffentlich verplapperte sich Birgit jetzt nicht …
»… geht es mir besser.«
»Wir sollten uns freuen, dass wir noch ein paar ruhige Wochen haben, denn nach der Geburt wird es ja sicher anstrengend«, murmelte Martin.
»Aber ich kann kaum noch liegen, und wenn ich mich von der einen Seite auf die andere drehen will, dann ist es so schwer, den Bauch mitzunehmen«, sagte Birgit. Sie kicherte. »Ich habe den Eindruck, der gehört gar nicht zu mir und ich müsste eine riesige Schaufel oder so was haben, um ihn herumzutragen.«
»Ihr wisst ja, dass die Prostaglandine im Sperma wehenfördernd wirken, dass also Sex die Geburt beschleunigen kann. Wenn es euch also zu lange dauert …«
Birgit stieß Martin feixend an. Martin wurde rot. Esther knurrte wie ein Straßenköter.
»Keinen Neid, bitte«, stichelte Birgit in Esthers Richtung.
»Mein Gott, so verzweifelt bin ich nicht«, murmelte Esther.
Martin stand auf. »Es tut mir leid, aber ich fühle mich in dieser Gruppe nicht mehr wohl.«
Birgit kämpfte sich von ihrer Matte aus der Rückenlage erst mal auf alle viere und mit Martins Hilfe dann auf zwei Beine hoch. »Stimmt, irgendwie sind hier inzwischen alle total genervt. Kann ich verstehen. Habe ich aber keinen Bock drauf. Macht’s gut.«
Die beiden verließen Hand in Hand den Raum, in dem die anderen fünf gestrandeten Wale und die Nickitussi ihnen hinterherstarrten – sehnsüchtig, wie ich fand.
Nach dem vorzeitigen Abgang war es noch nicht einmal acht, als Martin und Birgit sich auf den Heimweg machten, und ich hielt es für eine gute Idee, kurz bei Katrin vorbeizuschauen. Ich wollte sehen, wie sie die Abfuhr von Gregor verkraftet hatte, und erwartete sie mit einer Familienpackung Eiscreme vor der Glotze. Aber weit gefehlt.
Katrin verließ gerade die Wohnung in einem Outfit, das mich sofort meine Schwellkörper vermissen ließ. Eine knallenge Jeans, ein tief ausgeschnittenes Shirt, aus dem die BH-Spitze herausschaute, Absätze bis unter die Arme, dunkel geschminkte Augen und ein knallroter Mund. Geil,
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