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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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haben Sie sie identifiziert?« Er betonte jedes Wort einzeln und es war offensichtlich, dass der Druck in seinen Blutgefäßen es mit jedem Feuerwehrschlauch hätte aufnehmen können.
    Jenny sammelte sich. »Entschuldigung, das ist doch jetzt egal. Im Fall Jürgen Gernot …«
    »Der Fall Paulina Pleve, Jürgen Gernot und alles, was damit zusammenhängt, ist Ihnen gerade entzogen worden, Frau Gerstenmüller.«
    Jenny riss die Augen auf.
    »Offermann übernimmt die Sache. Also noch mal: Lila Weiz.«
    Irritiert schüttelte Jenny den Kopf und strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. »Das Mädchen hatte ein Portemonnaie mit Schülerausweis, Schülerticket …«
    »Das weiß ich. Weiter.«
    »Ich habe den Vater aufgesucht und ihn um eine DNA-Probe von seiner Tochter gebeten, aber er hat sich geweigert. Er wollte seine Tochter sehen und sie selbst identifizieren.«
    »Und Sie haben sich darauf eingelassen.«
    Eine Antwort war nicht mehr nötig. Der Chef knallte eine Akte auf den Tisch, die auf der ersten Seite aufgeschlagen war. Das oberste Blatt war eine Vermisstenanzeige. Das Mädchen auf dem Foto war eindeutig das, welches Bastian Weiz als seine Tochter Lila identifiziert hatte. Allerdings stand ein anderer Name darunter: Maureen Micaela Kerkenbosch, vermisst seit dem siebenundzwanzigsten Mai.
    Jenny stand noch immer unter Schock, als sie die Akte in ihrem Büro auf den Schreibtisch warf und sich in ihren Stuhl sinken ließ.
    »Hey, der Chef hat mir die Suche nach Jürgen Gernot übertragen.«
    Sie hatte Offermann nicht kommen gehört und zuckte zusammen. Tränen glitzerten in ihren Wimpern. Sie wischte sich über die Augen.
    »Kannst du mich schnell auf den neuesten Stand bringen?«
    Offermann sah nach einer durchwachten Nacht aus, ungekämmt und verknittert, aber einigermaßen wach. Er betrat Jennys Büro, beugte sich über den Schreibtisch und küsste sie auf den Mund.
    Jenny wurde rot und gab eine holprige Zusammenfassung von dem Telefonat mit Gernots Mutter und dem Anruf in der Klinik.
    »Das ist nicht viel«, sagte Offermann.
    »Mehr haben wir bisher nicht.«
    »Okay, lass dir deswegen keine grauen Haare wachsen, ab sofort ist die Sache bei mir in guten Händen.«
    Keine Ahnung, ob es so herablassend gemeint war, wie es für mich klang. Jennymaus schien sich jedenfalls an der Formulierung nicht zu stören. Offermann strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn und holte Luft, wurde aber vom Chef unterbrochen, der im Türrahmen erschien.
    »Wenn Sie fertig geturtelt haben, könnten Sie sich vielleicht wieder Ihrer Arbeit zuwenden?«
    Jenny sah aus, als wollte sie sich am liebsten entmaterialisieren. Ich hätte ihr sagen können, dass das auf Dauer auch scheiße war.
    »Offermann, in mein Büro. Dieser Fall wird jetzt erledigt, und zwar ein für alle Mal.«
    Ich befand mich in einem Zwiespalt. Sowohl bei Jenny als auch bei Offermann versprachen die nächsten Stunden interessant zu werden. Die Entscheidung, welchem von beiden ich mich anschließen sollte, nahm mir Jenny ab. Sie war einfach schneller, packte ihre Handtasche und verließ beinahe fluchtartig das Büro. Ich folgte ihr.
    Es war fast Mittag, als Jenny bei Weiz Pharma AG ankam. Der Chefdrache begrüßte sie wie eine alte, aber unbeliebte Bekannte und erklärte, der Chef sei nicht da.
    »Wo ist er?«
    »Es ist eine private Angelegenheit.«
    »Da täuschen Sie sich«, entgegnete Jenny kalt.
    »Wie bitte?«, stammelte der Drache ehrlich empört. »Ich muss doch wohl bitten.«
    »Bitten Sie, so viel Sie wollen, aber wenn Ihr Chef die Polizei anlügt, dass sich die Balken biegen, dann ist das nicht privat, sondern strafbar.«
    So hatte ich Jenny noch nie erlebt. Sie klang wie ein echter Bulle – nur eine Tonlage höher.
    Der Chefdrache wurde erst rot, dann weiß und murmelte: »Er ist auf der Beerdigung seiner Tochter.«
    »Das wird ja immer besser!« Jenny lachte kurz und sarkastisch auf, ließ sich dann ungeduldig die Details nennen und fuhr zum Melatenfriedhof.
    »Asche zu Asche, Staub zu Staub«, sabbelte der schwarze Kleiderständer mit der Häkeldecke über der Kutte, und warf ein Schäufelchen Erde auf den Sarg. Dessen weißer Schleiflack leuchtete vom Grund der Grube hoch, die Papa Weiz für sein Töchterlein hatte ausheben lassen. Oder für wen auch immer.
    Mir kam kurz der Gedanke, dass er das Mädchen tatsächlich verwechselt hatte, aber so richtig glauben konnteich es nicht. Selbst wenn er ein schlechter Vater war und zu wenig Zeit mit seinem

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