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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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Krimineller und kam daher in den Genuss einer sehr persönlichen Betreuung durch die großen Jungs in blauer Uniform. Hier konnte ich zurzeit nichts außer Schaden anrichten, also machte ich mich auf den Heimweg nach Köln.
    Ich suchte Martin und Birgit, fand sie aber nicht. Keinen von beiden. Martin reagierte auch auf meine Rufe nicht, seine Abschottung war perfekt. Ich hatte keine Ahnung, wo die beiden stecken konnten, machte mir aber auch keine Sorgen um sie. Im Zweifelsfall waren sie zum tausendsten Mal bei der Frauenärztin und schauten einen verwackelten Schwarz-Weiß-Film von ihrem am Daumen nuckelnden Nachwuchs an. Ekelig. Ich gab die Suche nach ihnen auf. Aber was sollte ich stattdessen tun? Ich hing eine Weile unentschlossen herum und schaltete mich dann zum Karpi Diem . Die Nacht war warm, die Mucke dort war okay, und ich konnte mich in den Mief der zappelnden Leiber hängen, unter das eine oder andere T-Shirt schlüpfen und meine Denkschüssel von den wummernden Beats leer blasen lassen. Dachte ich. Bis ich im Gewühl jemanden erblickte, den ich hier nicht erwartet hätte.
    Die Tussi sah gut aus, aber sie war kein Model oder so was. Sie fiel üblicherweise nicht wegen ihrer überirdischen Schönheit auf, sondern weil sie ein gutes Aussehen mit einer wahnsinnigen Ausstrahlung kombinierte. Diese Ausstrahlung sendete mehrere Informationen in Dauerschleife. ›Ich weiß, wie gut ich aussehe‹ und ›Verpiss dich, du Wichser‹ sind die beiden wichtigsten. Niemand, der auch nur halbwegs zurechnungsfähig ist, erlaubte sich einen blöden Spaß mit diesem Perlhuhn. Niemand laberte sie an, wenn er nicht mindestens sein Testament gemacht hatte. Und kein noch so bekiffter Idiot käme je auf die Idee, sie begrabschen, beklauen oder entführen zu wollen. Genau deswegen fiel Katrin mir inmitten der hoppelnden Discohäschen auf, obwohl ihre langen, dunklen Haare jetzt kurz und blond waren. Ebenfalls dank ihrer Ausstrahlung hielt keiner der großen, breiten, glatzköpfigen Gorillas im Karpi Diem sie auf, als sie dem Aufzug zustrebte.
    Vielleicht kannten die Torwächter sie auch.
    Vermutlich war sie sogar angemeldet, denn ohne zu zögern betrat sie den Aufzug und fuhr nach unten.
    Und dann war ich mir auf einmal sicher, einen tiefen Zug einer bewusstseinsverändernden Droge genommen zu haben, denn ich sah, wie Katrin im Flur von einem aufrecht stehenden Karpi umarmt wurde. Ich schwör!
    Dann gingen die beiden durch eine der Türen in die Hackerhöhle. Ganz selbstverständlich flog ich hinterher, um sie zu begleiten, wollte mich dann aber doch nicht einsperren lassen, und blieb daher im Flur zurück. Allein und vollkommen verwirrt und leider unfähig, mir die Birne zuzulöten. Elende Existenzform.

NEUNUNDZWANZIG
    10. Juli, Tag 13 nach Gregors Festnahme
    Den Samstag verbrachte Jenny damit, alle weiteren bürokratischen und sonstigen Dinge zu erledigen, die sie im Fall der verwechselten Toten verbockt hatte. Offermann, der nach seiner Ballerei vom Dienst befreit war und deshalb auch keinen Samstagsdienst schieben musste, gammelte bis mittags in seiner Wohnung herum, ging joggen, zog sich ein paar Filme auf DVD rein und tat nichts, was mir verraten hätte, ob er sich grämte, weil Krämpel tot war, oder sich freute, dass Yuri noch lebte.
    Martin machte Überstunden im Turbotempo, da die Schlitzer ohne Katrin völlig überlastet waren.
    Katrin war nicht wieder aufgetaucht, obwohl ich in der vergangenen Nacht mehrfach im Karpi Diem und in ihrer Wohnung nach ihr gesucht hatte. Ohne jeden Erfolg. Birgit verbrachte den Tag mit Malerarbeiten. Sie hatte eine Schablone gekauft, mit deren Hilfe sie lustige Figuren an die Kinderzimmertapete sprühte. Wobei sprühen das falsche Wort ist. Sie schrabbelte die Farbe mit einer Zahnbürste über ein umgedrehtes Teesieb. Die Farbe war so dermaßen öko und bio und kindgerecht und kompostierbar und zeozweifrei, dass sie sie auch hätte trinken können. Stattdessen hockte sie also mit einem Töpfchenfrisch angerührter Farbe, dem Sieb in der linken und der Zahnbürste in der rechten Hand vor der Wand und applizierte Seepferdchen, Fische und schielende Kraken auf den hellgelbrosablauen Hintergrund. Ich betrachtete das Schauspiel eine ganze Weile, aber dann hielt ich es nicht mehr aus. Ich versuchte, Birgit eine SMS zu schicken, aber ihr Handy war aus.
    Damit war auch ich irgendwie kaltgestellt. Einen ganzen Tag lang, während die Welt sich weiter drehte, Gregor im Knast vor sich hin

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