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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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Yuris Tür Wache hielt, verpisste sich bald darauf nach Hause und verbrachte den Abend allein.
    12. Juli, Tag 15 nach Gregors Festnahme
    Am Montagmorgen erwartete ich von Martin ein Geburtstagsständchen oder ein Jahresabo für Filmstreaming oder irgendeine andere Aufmerksamkeit, aber er hatte mich vollkommen vergessen. Mich und meinen sechsundzwanzigsten Geburtstag. Vorausgesetzt, dass man meine Lebensjahre weiterzählen konnte, obwohl ich tot war. Aber ganz tot war ich ja nicht.
    »Ich finde das sehr, sehr traurig«, eröffnete ich Martin beim Frühstück. »Seit Monaten redet ihr über den Geburtstag eures Sohnes, aber dass andere Leute auch Geburtstag haben und sich vielleicht über eine kleine Aufmerksamkeit freuen würden, das geht dir natürlich völlig am Arsch vorbei.«
    »Mäßige deine Ausdrucksweise«, rüffelte Martin.
    »Ich möchte meinen Geburtstag mit dir feiern«, forderte ich.
    »Keinesfalls«, wiegelte Martin ab. Er hatte die Feier vom letzten Jahr noch in ausreichend schlechter Erinnerung. Dabei waren die wirklich schlimmen Dinge erst danach passiert.
    »Dann wenigstens ein Geschenk.«
    »Ich denke darüber nach«, sagte er, dann ließ er die Jalousien runter, weil Birgit sich zu ihm an den Tisch setzte.
    »Ich platze«, jammerte sie. »Und immer noch eine Woche.«
    »Mindestens«, unkte Martin, woraufhin Birgit stöhnte. »Das Erste kommt ja gern auch ein paar Tage später.«
    Martin fuhr ins Institut und ich gondelte nach Düsseldorf zur Soko Sahne. Martins Mail hatte den Laden aufgemischt.
    »Warum haben wir das nicht selbst festgestellt?«, keifte Lili Leuchtfee, während Keller, Stein und der Schnöselan ihren Pappbechern mit verbranntem, saurem Kaffee saugten.
    »Ja, warum hast du denn nicht?«, ätzte Stein zurück.
    »Warum hat uns niemand darüber informiert, dass dieser Krämpel tot ist?«, brabbelte Keller. Hätte er vorher den Kaffee, den er im Mund hatte, geschluckt, wäre seinem Hemd nicht viel passiert.
    »Weil ihr zwei Rindviecher euch von Anfang an auf den Kollegen Kreidler eingeschossen habt«, krähte die Emanze. »Eure lächerliche Eifersucht auf einen Kollegen mit einem hervorragenden Ruf war von Anfang an euer größtes Problem.«
    »Weder auf dem Handy noch in ihrer Wohnung fand sich ein Hinweis auf irgendwelche seltsamen Vorgänge in dem Heim«, schnöselte der Gelkopf.
    »Genau«, erwiderte Lili Leuchtfee. »Es fand sich kein Hinweis, weil sich kein Laptop fand. Aber auch danach habt ihr nicht gesucht.«
    »Genauso wenig wie du«, erwiderte Stein.
    »Falsch«, erklärte die Leuchtfee. »Und ich habe nicht nur gesucht, sondern sogar gefunden.«
    Jetzt sackten alle Kauleisten runter. »Was hast du gefunden?«
    »Die Cloud, auf der Susanne Hauschild Sicherungskopien ihrer digitalen Dokumente gespeichert hat.«
    »Und, was hat sie dort gespeichert?«
    »Wir haben die Herausgabe der Daten beantragt, was allerdings über die bürokratischen Kanäle mehrere Tage dauern wird. Parallel dazu versuchen die Kollegen von der Technik, das Passwort zu knacken.«
    Okay, dann würden sie einfach das, was Martin ihnen geschickt hatte, noch mal in weniger wissenschaftlicher Form finden. Das half Gregor nicht weiter, daher verließ ich Düsseldorf und düste zurück nach Köln.
    Birgit zeigte deutliche Anzeichen von Ungeduld. Sie watschelte ziellos in der Wohnung auf und ab, nahm ein Buch, legte es wieder weg, schaltete das Radio an und wieder aus, kochte sich einen Kaffee, trank ihn aber nicht und biss schließlich in eine Möhre, als wolle sie sie für etwas bestrafen. Schließlich traf sie eine Entscheidung, quälte sich in ihre Schuhe, schnappte sich den Autoschlüssel und verließ die Wohnung.
    Ich folgte ihr zum Seniorenheim, wo sie zwei Stücke Kuchen auswählte, sah Lila Kaffee und Kuchen hin und her schleppen und beobachtete dann, wie sie sich zu Birgit setzte und anfing zu reden. Über einen erfolgreichen Vater, der nie da war, eine lebensfrohe Mutter, die der Mittelpunkt der kleinen Familie war, immer fröhlich und zufrieden, bis sie vor fünf Jahren an Krebs elend zugrunde ging. Über einen Onkel, der von einem Junkie umgebracht wurde, und darüber, dass ihr Vater seit diesem Zeitpunkt überhaupt nicht mehr gelacht hatte. Lila erzählte Birgit von ihren Rebellionen. Piercings, Gothic-Look, Punk … Die Kleine tat mir leid und Birgit war eine tolle Zuhörerin, aber dieses Hühnergegacker hatte mich schon immer ins Koma gesabbelt. Ich verlor den Faden und fischte stattdessen nach

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