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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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erkannt hatte. Der Dolch schien mit doppeltem Gewicht am Gürtel zu hängen. Bren drängte den Gedanken an seinen treuen Begleiter zurück. In einem Kampf konnte jede Ablenkung dazu führen, dass ein Mann seinem Gefährten ins Nebelland nachfolgte.
    Elutan eiferte Lisanne in ihrer Vorliebe für Kunstwerke nach. Das Beben hatte in den Innenräumen der Pyramide viel umgestürzt und durcheinandergeworfen, aber unübersehbar waren hier Bilder, Vasen und Statuetten so angeordnet gewesen, dass man immer einige von ihnen im Blick hatte, egal, wo man sich aufhielt. Eine Schnitzerei lag in einem Kohlebecken, das sie wohl effektvoll beleuchtet hatte, und brannte lichterloh. Ihre Flammen hatten einen Vorhang entzündet. Einige seiner Fäden waren aus Metall gezogen, sodass sie im verbrannten Bereich wie verrußte Gräten in der Luft hingen. Der Rauch biss in den Lungen. Bren schnitt Stoff von einer dünnen Decke, die über einem Berg Kissen lag, und tauchte ihn in das mit Duftöl versetzte Wasserbecken, das davorstand. Dann band er ihn vor Mund und Nase, um seine Lungen zu schützen, und riet den Rebellen, dasselbe zu tun. Seine Begleiter, bewaffnet mit Knüppeln, durch die sie Nägel geschlagen hatten, und gezackten Chaque-Säbeln, waren so beeindruckt von dem Reichtum, den sie um sich sahen, dass sie den Zweck ihres Hierseins beinahe vergaßen und sich gegenseitig zum Weitergehen ermahnen mussten. Immerhin kam keiner von ihnen auf die Idee, zu plündern. Wenn der Erste damit begönne, wäre es mit der Disziplin vorbei. Noch bestimmte die Faszination, im Herzen der Tyrannei zu sein, ihr Denken.
    Zwei Stockwerke tiefer hörte Bren den Traumlenker, bevor er ihn sah. Hier brannte nichts, erst der Flammenschild holte den Mann aus dem Dunkel, der wie ein verzweifeltes Kleinkind neben einem mannsgroßen Bernsteinblock kauerte. In dem halb durchsichtigen Material war eine junge Frau eingeschlossen, die die luftige Kleidung einer Tänzerin trug. Man hatte wohl versucht, ihrer Bewegung in der Erstarrung eine beschwingte Leichtigkeit zu geben. Es war misslungen. Die Glieder waren im Tod verkrampft und das Gesicht zeigte Qual und die Angst einer Sterbenden, die mit den letzten Gedanken die Schönheit des Lebens erkannte, das aufzugeben sie ein Lügner verführt hatte. Offenbar war dieses Kunstwerk nicht gut genug gewesen, um es Lisanne zu überbringen, und nicht so sehr missraten, dass Elutan es fortgeworfen hätte. Der Traumlenker schien irgendetwas damit zu verbinden, vielleicht hatte er das Mädchen gekannt. Als Brens Schild es beleuchtete, hafteten die verheulten Augen des Mannes an den Zügen, die beinahe noch die eines Kindes waren. Die polierten, schwarzen Steine in seinem Netzgewand klackten bei seinen tiefen Atemzügen.
    Bren brachte das Schwert in sein Blickfeld.
    Er reagierte nicht darauf.
    »Wo ist dein König?«, fragte er.
    Seine Lippen formten zunächst stumm ein Wort, bis Bren es schließlich zu verstehen glaubte. »Onita.« Ein Name?
    »Das ist einer von ihnen«, sagte Ribunn.
    »Wenn du etwas aus ihm herausbekommen kannst, dann frage ihn, wo wir Elutan finden.«
    Ribunn zuckte die Schultern, was wegen des fehlenden Arms merkwürdig aussah. Er ging zu dem Traumlenker und trat ihm so heftig ins Gesicht, dass er hintenüber auf den Boden schlug. Seine Stimme war dagegen paradox freundlich. »Wir sind Gäste auf der Suche nach deinem Herrn. Wo mag er sich wohl aufhalten?«
    Der Traumlenker kam wimmernd wieder in eine sitzende Position. »Der König wollte uns …«
    Diesmal kam Bren das Beben stärker vor als beim ersten Mal. Der Boden bäumte sich weniger auf, als dass er sich zur Seite bewegte, wie ein Teppich, den man jemandem unter den Füßen wegriss. Nur Brens Kampferfahrung hielt ihn auf den Beinen. Er nutzte die gleichen Schritte, die ein Kämpfer auch anwandte, wenn harte Schläge ihn ins Taumeln brachten. Die Tamioder um ihn herum schrien, am lautesten der Traumlenker. Er hörte sich an, als demonstriere ein Foltermeister seine Kunst an ihm. Der Stein ringsum knackte und krachte, Staub rieselte aus der Decke. Der zweite Stoß war schwächer, löste aber einige Brocken, die Bren mit dem Schild von seinem Kopf ablenkte. Die dritte Erschütterung war nur noch ein Zittern. Auch als der Boden schon einige Zeit ruhig lag und die Rebellen die Fackeln wieder aufnahmen, die sie aus Stoff und Holzbruchstücken improvisiert hatten, und ihre Schrammen versorgten, schrie der Traumlenker noch. Er war nur still, wenn er Luft

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