Knecht – Die Schattenherren II
aus.
Das Geschöpf verursachte Bren Abscheu, aber er hatte keine Angst. In einem Kampf hatte er nie Angst. Als beobachte er einen anderen, dem er Ratschläge erteilte, wich er dem schnaubenden Angriff aus.
Die Hörner schlugen gegen die Wand. Sie mussten sehr hart sein, denn sie hielten der Wucht des Aufpralls stand. Die Frau wirbelte zu ihm herum und richtete sich dabei auf.
Damit bot sie ihm ihren ungeschützten Bauch dar.
Bren stieß zu. Die Mondsilberklinge wurde dunkler, als sie in den Körper drang. Natürlich. Magie muss dieses Wesen geschaffen haben.
Die Stierfrau brach in die Knie.
Bren zögerte, das Schwert in eine Brust zu stoßen, die ihn ansah, aber der Nacken war so dick und kräftig, dass er fürchtete, die Klinge könne stecken bleiben. Also schützte er sich mit dem Schild, während er die Gegnerin umkreiste. Er stieß das Schwert seitlich durch ihren Brustkorb.
Leblos sackte sie zusammen. Der Dampf eines letzten, heißen Atemzugs verließ das Maul.
»Interessante Haustiere haben sie hier«, sagte er.
»Traum und Albtraum, Herr«, meinte ein Rebell.
Bren sah zu Ribunns schlaffem Körper hinüber. »Lebt er noch?«
Der Mann, der neben ihm kniete, schüttelte den Kopf. Vielleicht war es besser so. Das Wundfieber war niemals freundlich zu denen, die es besuchte. Selbst wenn er es überlebt hätte, wäre er ein Krüppel geblieben.
Aber das alles war jetzt unwichtig. Bren hatte noch immer einen Befehl zu erfüllen. Die Hoffnung, dass ihm das gelingen würde, stieg, als das Mondsilberschwert, das nach dem Tod der Stierfrau wieder vom Rot ins Orange gewechselt war, auf der nächsten Treppe zu leuchten begann. Seine Helligkeit nahm mit jeder Stufe zu. Das heilige Metall der Mondmutter lag im Widerstreit mit dem Wesen und der Magie der Osadroi. Die Paladine aus Ilyjia verstärkten auch ihre Rüstungen damit, um sich vor der Macht der Schattenherren zu schützen.
Sie fanden Elutan in misslicher Lage. Ein Quader hatte sich bei den Beben aus der Wand gelöst und war auf ihn gestürzt. Er lag eingeklemmt unter der Last, die zehn kräftige Männer nur mit Mühe hätten bewegen können. Ein Mensch wäre sofort tot gewesen, denn die Kante des Blocks hatte ihn knapp oberhalb der Hüfte getroffen und zweifellos seine Organe zerquetscht und sein Rückgrat splittern lassen. Aber das war nicht seine einzige Verletzung. Ein Chaque, vor Wahnsinn zitternd, hackte mit zwei Säbeln auf ihn ein. Er schlug fürchterliche Wunden in Arme, Oberkörper und Kopf. Dann hüpfte er durch den Raum wie ein Huhn mit abgeschlagenem Haupt. Der ächzende Elutan heilte seine Wunden, zumindest die schwersten. Irgendwann gelangte der Chaque wieder bei ihm an und hackte erneut los.
Bren vermutete, dass sich der Osadro unter anderen Umständen hätte befreien können. Der Quader mochte die Grenze seiner Körperkräfte aufzeigen, aber mit der Macht der Schatten hätte er sich bestimmt zerschmelzen lassen. Doch die Angriffe des Chaque lenkten ihn ab. Zudem mochte er unter den Beben gelitten haben, die offenbar jene am stärksten quälten, die am tiefsten mit Lisannes Traumwelt verbunden waren.
»Wir sollten ihn dort lassen«, meinte ein Rebell. »Er hat es verdient.«
»Früher oder später würde er entkommen.«
»Wir könnten Wachen aufstellen. Und noch ein paar Chaque einfangen und hierherbringen.«
Bren sah ihn an. »Wer wird die Chaque einfangen? Du? Und wie viele wirst du fangen, bevor dich einer in Stücke haut? Ich glaube nicht, dass du so schnell heilst wie ein Unsterblicher.«
Der Mann runzelte die Stirn. »Trotzdem. Es gefällt mir, ihn so zu sehen.«
»Wir sind nicht gekommen, um dir einen schönen Anblick zu bieten. Du und ihr drei, geht nach links! Die anderen nach rechts! Wir werden den Chaque töten.«
»Aber Herr …«
»Du kannst dir aussuchen, ob ich erst dich töte, bevor es an den Chaque geht! Ich dulde keinen Widerspruch!«
Sie machten es, wie Bren befohlen hatte.
»Was …« Elutan spuckte Blut, als Bren neben ihn trat. »Was habt Ihr da, General?«
»Mondsilber. Ihr könnt es spüren, nicht wahr? Schmerzt es?«
Elutan lachte. »In der letzten Stunde habe ich mehr Schmerzen gelitten als in meinem gesamten früheren Leben.«
»Ich bin hier, um Euch zu erlösen, Majestät.«
Elutan lächelte erst. Dann begriff er, was Bren meinte. Er sah auf die Klinge, die jetzt dunkelrot glänzte. Die Mondmutter weinte blutige Tränen vor Zorn über den Frevel, den die Schattenherren darstellten, sagten manche.
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