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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Andere meinten, dass das im Mondsilber gebundene Blut eines Paladins gegen den Feind aufbegehrte. Vielleicht traf beides zu.
    »Sagt ihr, dass es ein wundervoller Traum war«, bat Elutan.
    Bren nickte.
    Er nahm das königliche Haupt mitsamt der Krone an sich.

    Bren konnte nicht entscheiden, ob die Schreie die Geburt einer neuen Welt anzeigten oder ob sie den Tod eines Landes beklagten. Die Tausenden, die sich in Pein am Ufer wanden, hätten es auch nicht zu sagen vermocht. Zu sehr wurden sie von dem Schmerz beherrscht, der ihre Körper hin und her warf. Bren hatte sich mit harten Stößen den Weg durch die Masse bahnen müssen. Die Piraten, die ihn zur Mordkrake gerudert hatten, sahen aus, als hätten sie eine Woche lang selbst gebrannten Rum gezecht, was ja auch nicht weit von der Wirklichkeit entfernt war, nur dass edlere Tropfen den Weg ihre Kehlen hinuntergefunden hatten. Die meisten von ihnen wären sicher gern in Tamiod geblieben.
    Dem alten Tamiod, allerdings. Der Gestank der verrottenden Leuchtpflanzen war bestialisch, und die Gewalt in den schuttbedeckten Straßen war selbst für raue Gesellen kaum amüsant.
    Kiretta stand die Freude, Bren wiederzusehen, offen aufdem Gesicht. Die Stimmung auf Deck war eine merkwürdige Mischung aus der Geschäftigkeit, die dem Auslaufen vorausging, und der Ehrfurcht, die Lisannes Gegenwart erzwang. Kommandos wurden nur geflüstert. Die Matrosen waren bemüht, die Schattenherzogin auf ihren Wegen über das Deck nicht zu stören, und immer wieder fielen sie auf die Knie, wenn sie gerade keine Aufgabe zu verrichten hatten.
    Auch Bren ließ sich auf die Knie nieder, als er ihr die kleine Truhe entgegenstreckte, in der er Elutans Haupt und Krone verstaut hatte. Sie war das schönste Behältnis, das er auf die Schnelle hatte finden können. Das Holz war leicht und so gründlich geschmirgelt, dass es sich wie Samt anfühlte. Dünne Goldbeschläge verzierten die Kanten. Auf dem Deckel bildeten Perlen ein Blumenmuster.
    »Was bringst du mir, General?«
    Diese Stimme! O Macht der Schatten, diese Stimme! »Was Ihr verlangtet, Hoheit.«
    Lisanne beließ die Truhe in seinen Händen, als sie sie öffnete. Ein feines Lächeln bog ihre Lippen, während sie denInhalt betrachtete. »Er hat mir gut gedient in dieser merkwürdigen Zeit. Wie ein Sohn, manchmal unartig, aber im Herzen treu.«
    »Niemand könnte Euch untreu sein, Schattenherzogin.«
    Sie klappte die Truhe zu. »Bring das unter Deck, damit Velon es sieht, wenn er erwacht. Und hol mir meine Krone herauf. Du weißt, wo du sie findest.«
    »Ja, Hoheit!« Bren stand auf.
    »Ach, General.«
    »Herrin?«
    »Den Schild magst du behalten. Doch Helions Schwert …« Sie streckte den Arm aus. Ihre Finger entfalteten sich wie die Flügel eines Schmetterlings vor seinem ersten Flug.
    Bren gürtete die Waffe ab und legte sie hinein.
    Sie nahm sie mit einer Zärtlichkeit, wie Bren sie noch niemals beobachtet hatte. Die Klinge funkelte in tiefem Orange. Als sie mit den Kuppen über das Metall strich, richteten sich die Härchen an ihrem Handgelenk auf, als fröstelte sie.
    »Warum schmerzt Ihr Euch?«, wagte Bren zu fragen.
    »Manchmal brauchen wir Schmerzen, um uns daran zu erinnern, dass wir wirklich sind. Bring mir jetzt meine Krone.«
    »Jawohl, Schattenherzogin.«
    Die Kutsche war wieder unter Deck angebunden und verkeilt, die Schattenrosse hatten mehr Platz als auf der Herfahrt. Diejenigen aus der Besatzung, deren Verstand auf dem Weg hierher im Seelennebel geblieben war, saßen gefesselt an den Bordwänden, damit sie der Mannschaft nicht hinderlich wurden. Die Krieger, die hier wachten, nickten ihrem General zu. Sie schienen nicht überrascht, ihn unverletzt zu sehen, sie kannten ihn nur siegreich.
    Bren bewegte sich im Innern der Kutsche vorsichtig, um Velon und Gadior nicht versehentlich zu wecken. Die Wahrscheinlichkeit war gering, aber die Auswirkungen sehr gefährlich, auch für ihn. Er stellte die Truhe mit Elutans Kopf neben Helions Sarkophag und nahm die Elfenbeinkrone von dem schwarzen Samtkissen, auf dem sie ruhte. Sie fühlte sich warm und hart an. Vermutlich war sie viel härter, als ihre zerbrechlich wirkenden Formen vermuten ließen. Sie passte zu Lisanne.
    Bren ließ den Flammenschild zurück, als er an Deck ging. Der Einsatz in Nachtstein hatte ihn erschöpft, am liebsten hätte er auch den Schuppenpanzer abgelegt, aber Lisanne wünschte ihre Krone.
    Sie wartete vor der Kapitänskajüte, neben der Treppe, die zum

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