Knecht – Die Schattenherren II
holte.
Bren hockte sich vor ihn. Sein Gesicht blutete, Ribunns Tritt hatte die linke Wange aufgerissen, aber das konnte nicht der Grund für die Schmerzen sein, die er litt. Die Augen waren schreckgeweitet, die Hände wrang er mit solchen Krämpfen, dass er sich bald die Finger bräche.
»Wo ist dein König?«, fragte Bren nochmals.
Der Traumlenker reagierte nicht. Er schrie in einem fort.
Gerade noch parierte Bren einen Keulenschlag, der auf den Kopf des Mannes gezielt war.
Die Waffe entfiel Ribunns Faust. Der Einarmige starrte ihn an. »Er sagt uns ja doch nichts!«
»Er ist auch keine Gefahr.«
»Er hat uns lange genug unterdrückt. Er und seinesgleichen. Jetzt ist die Stunde unserer Rache!«
»Warum willst du ihn töten?«
Ribunn presste die Zähne aufeinander, bevor er antwortete. »Dies ist nicht Euer Land, General, und nicht Euer Krieg. Es waren unsere Kinder, die man entführt und getötet hat. Ich habe Euch geholfen. Nun stellt Euch nicht zwischen mich und meinen Zorn.«
Bren atmete tief. Dann wandte er sich ab. Der König war vermutlich noch weiter unten in der Pyramide, überlegte er, als er hinter sich dumpfe Schläge, ein Knacken und ein Spritzen hörte. Die Schreie des Traumlenkers verstummten.
Kurz darauf war Ribunn wieder bei ihm. Er sah Bren an, schwieg aber.
Im nächsten Stockwerk war Bren froh, das nasse Tuch vor Mund und Nase zu haben. Der Flammenschild beleuchtete dicke Schwaden, die grün, purpurn und golden in der Luft hingen. Auf dem Boden lagen Scherben von buntem Glas und Tonkrügen. Bren trat auf eine zerbrochene Pfeife. Er konnte nicht weit sehen, nicht nur die Schwaden trübten die Sicht, sondern auch Tuche, die von der Decke hingen und den Raum in kleine Bereiche unterteilte, wie in der Waschküche eines großen Schlosses. Einige brannten und illuminierten so die farbige Luft.
Die Scherben knirschten unter den Sohlen der Rebellen. Die diffusen Lichter warfen ihre Schatten vergrößert in den Nebel, durch die Bewegung der Schlieren teils so verzerrt, als hätten sie drei Arme oder zwei Köpfe.
Auf dem Boden lagen zwei Chaque, deren Panzer aufgebrochen war. Bren erkannte sofort, dass diese Wunden nicht von den Säbeln geschlagen worden waren, die nun einige Rebellen aufnahmen. Auch Ribunn tauschte die Keule, an deren verbogenen Nägeln zähflüssige graue Masse klebte.
Bren legte sein Schwert ab und betastete die Hautpanzer. Eines der Löcher war beinahe handtellergroß und kreisrund. Er wälzte den Chaque herum. Die Waffe hatte ihn durchschlagen, war am Rücken wieder ausgetreten, wo das Loch aber kleiner war. Eine Reiterlanze, wie milirische Ritter sie verwendeten, konnte solche Spuren hinterlassen, oder auch das Geschoss einer Ballista. Keine der beiden Waffen war für den Einsatz in dieser Umgebung geeignet.
Der Rumpf des anderen Chaque war von der absurd dünnen Taille bis zum Hals gespalten. Auch hier war der Ausgangspunkt eine runde Eintrittswunde, etwa dort, wo man bei einem Menschen den Bauchnabel erwartet hätte.
»Herr!« Einer der Rebellen hielt ihm ein Metallstück hin. Es war ein zu einem Halbkreis gebogenes Band mit einem Scharnier, in dem ein gebrochener Bolzen steckte.
»Eine gesprengte Fessel?«, fragte Bren. Er nahm das Schwert auf.
An der Wand fanden sie Eisenketten. Das Bruchstück passte in die Handschelle. Hier war keine Lustsklavin gefesselt gewesen. Die Gelenke, die man damit gebunden hatte, waren dicker als Brens.
Ein Schnauben ließ ihn herumwirbeln. Der Flammenschild beleuchtete Ribunns Tod. Er zappelte auf den armlangen Hörnern einer Schimäre. Ein Stierkopf saß auf dem Körper einer Frau, die aus Bron hätte stammen können, denn Bren reichte ihr gerade einmal bis zu den Schultern. Mit einem Ruck des kräftigen Nackens schleuderte sie Ribunn davon. Eine Perlenkette roter Blutstropfen verband die Hörner mit dem schlaffen Körper, der gegen die Wand prallte.
Die Rebellen wichen zurück, als sich die Stierfrau Bren zuwandte.
»Welcher Albtraum hat hier Gestalt angenommen?«, murmelte er.
Das Haupt hatte keine Augen, und die spitzen Reißzähne hätte man nicht an einem Stier vermutet. Geifer troff von den Fängen, die Hörner glänzten dunkel, Blut rann von ihnen über die Stirn. Der Frauenkörper war nackt. Kleine Schnitte zogen sich über Rumpf und Arme. Die schweren Brüste starrten Bren hasserfüllt an. Wo die Warzen hätten sein sollen, öffneten sich blutunterlaufene Augen. Die Frau beugte sich vor, richtete die Hörner auf Bren
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