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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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hinabzusteigen, aber immerhin zweifelte er keinen Augenblick daran, dass die Piraten seinem Anliegen zustimmen würden. Was hätten sie schon zu verlieren? Die Ratten, die aus allen Winkeln fiepten, wenn sich der Fackelschein näherte, waren ihnen bestimmt nicht so sehr ans Herz gewachsen, dass Abschiedsschmerz aufkäme. Noch nicht einmal Sutor interessierte sich für sie. Der schwarze Hund trottete neben Bren her und ließ dabei die Zunge ein Stück weit aus den Lefzen hängen.
    Die Frau, die ihnen mit verschränkten Armen entgegensah, war von einem anderen Schlag als die abgestumpften Gefangenen in den Zellen, die sie passiert hatten. Ondrien war ein Vielvölkerstaat, seine Bewohner hatten ihre Wurzeln in unterschiedlichen Traditionen, die im Laufe der Jahrtausende indie Schatten gefallen waren. So kam es, dass einige, wenn auch nicht viele Kriegerinnen in Brens Heeren Dienst getan hatten. Er hatte sie zu respektieren gelernt, gerade weil sie oft unterschätzt wurden. Sie brachten weniger Körperkraft ein als ihre männlichen Kameraden, aber sie konnten zäh sein, sowohl bei Anstrengungen als auch bei Verwundungen. Das Blitzen in den blauen Augen, die ihm jetzt entgegensahen, verriet Bren, dass die Rothaarige zu dieser Sorte gehörte. Ihr Blick war eine einzige Herausforderung, obwohl sie es war, die mit ihrenGefährten hinter Gittern saß. Sie trug ein weißes Kopftuch, das ihrer Mähne nicht Herr wurde, und ein ebenso helles und überraschend sauberes bauschiges Hemd. Die Lederweste war offen, die Beine der dunklen Hose verschwanden in Stiefeln, die wegen der umgekrempelten Schäfte zu groß wirkten.
    »Besuch, ihr Wasserratten!«, rief Brens Führer. Einige der etwa ein Dutzend Gestalten rührten sich protestierend und musterten ihn mit mehr oder minder großem Interesse. Keiner von ihnen machte einen Hehl aus seiner Profession. Jeder Einzelne hatte ein Gesicht, das allein jedem Richter zu der Überzeugung verhelfen musste, dass der Hals darunter in einer Schlinge am besten aufgehoben wäre. Auf die Schnelle erkannte Bren nur zwei ohne Narben.
    »Verspürt Ihr Lust, einen Kurs anzulegen, auf dem wir etwas von den Küsten im Osten zu sehen bekommen, Kiretta?«, fragte Bren.
    »Ihr kennt meinen Namen?«
    »Man rühmt die Navigatorin der Mordkrake .Bei all dem Dreck und der sparsamen Beleuchtung mag ich mich täuschen, aber außer Euch habe ich noch keine Frau in dieser Zelle entdeckt.«
    Sie zuckte mit den Schultern. Schon diese Bewegung verriet, dass ihre Muskeln gut geübt waren und sie größere Lasten zu tragen gewohnt war als das Gewicht eines ausladenden Ballkleids. »Wir waren drei Frauen. Aber Ejina und Fille haben es nicht geschafft.«
    »Die eine habe ich gestern rausgeholt«, ergänzte der Führer diensteifrig. »Ist am Morgen verreckt. Sollte die anderen nicht anstecken.«
    »Was ist nun mit Eurer Navigationskunst?«, fragte Bren. »Habt Ihr dieses Domizil ausreichend vermessen, oder braucht Ihr noch ein paar Jahre?«
    »Ich glaube«, sagte ein Mann, auf dessen Stirn ein Hai tätowiert war und der sich nun zwischen Bren und Kiretta schob, »Ihr sprecht mit dem Falschen.«
    »Dann seid Ihr wohl Ulrik.«
    »Kapitän Ulrik«, präzisierte der Mann. »Die Mordkrake ist mein Schiff.« Seine Jacke hatte bessere Zeiten gesehen. Samt eignete sich nicht für feuchte Kerker. Außerdem war sie etwas zu groß. Bren wunderte sich darüber, dass man ihm in dieser Umgebung die Goldketten gelassen hatte, die dutzendweise über seiner Brust lagen.
    Bren streckte eine Hand durch das Gitter. Ulrik grinste, als er sie nahm. Das schuf interessante Linien in dem von schwarzen Bartstoppeln geprägten Gesicht. Sein Händedruck war fest.
    »Mein Name ist Bren Stonner.«
    »Ihr seid kein Kapitän.«
    »Ich fühle mich in einem Sattel wohler als auf Planken.«
    »Aber dorthin, wohin Ihr jetzt wollt, kann man nicht reiten, nehme ich an.«
    »Und Ihr befindet Euch dort, wo Ihr ganz sicher niemals sein wolltet. Da können wir uns gegenseitig behilflich sein.«
    »Cherron schickt Euch?«
    »Das wäre etwas viel gesagt. Als ich ihn das letzte Mal sah, hat er mit den Goldmünzen in der Kiste gespielt, die wir ihm auf den Tisch gestellt haben, und meinte, ich würde keine davon wiedersehen, egal, ob Ihr und ich Freunde würden oder nicht.«
    Ulrik lachte. »Das hört sich nach ihm an!«
    Kiretta kam an das Gitter. Mit noch immer verschränkten Armen sah sie den Wächter an. »Stimmt es, dass du uns rauslassen darfst, wenn er es sagt,

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