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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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eigenes Schiff nahm. Eine ilyjische Barke …« Cherron lächelte bei der Erinnerung, was wegen der unbewegten Kristallaugen verstörend aussah.
    »Diesen Gefallen tun wir dir doch gern«, lächelte Gadior, »wenn wir wissen, dass wir wirklich ein Schiff brauchen.«
    Unwillig nickte Cherron. »Ich zeige Euch etwas.«
    Er entzündete eine Kerze, steckte sie in einen der vielen Leuchter, die kreuz und quer herumlagen – dabei wählte er einen aus, der mit vielen protzigen, bunten Steinen besetzt war, vermutlich farbigem Glas –, und ging voran. »Es ist schon einige Zeit her. Admiral Elljas war Ratsmeister. Ein ziemlicher Haudegen, vorher.«
    »Bevor was geschah?«, fragte Bren.
    »Bevor diese Lisanne kam. Ich habe sie ja nie gesehen, aber sie muss wohl Titten gehabt haben wie die eskadische Göttin der Wollust und einen Arsch, von dem man die Hände gar nicht mehr lassen wollte.«
    »Diese Beschreibung trifft es nicht ganz«, näselte Gadior.
    »Jaja, sie war wunderschön, ein ätherisches Wesen, ihre Füße waren eine Liebkosung für den Boden, über den sie schwebte. So verbrämen es die Spielleute. Jedenfalls hat dieser heiße Feger Flutatem ganz schön aufgemischt, als er hier durchgerauscht ist. Elljas war hinterher ein echter Schöngeist, das hat ihn auch den Hals gekostet. Die Kapitäne dulden keinen Schwächling an der Spitze des Rates.«
    Er führte sie eine Treppe hinauf. Den Läufer, der über die Stufen gelegt war, hatte man aus Flaggen zusammengenäht. Einige davon waren nicht unbeschädigt in den Besitz der Seeräuber gelangt, wiesen Risse und Brandspuren auf.
    Bren überlegte, warum Admiral Cherron ihn an einen Fayé erinnerte. Weder war seine Gestalt androgyn, noch hatte sein Gang das Schwerelose des Waldvolks. Er war zwar arrogant, aber nicht auf die feingeistige Art, die den Fayé zu eigen war. Seine verschlissene Kleidung war sicher einmal nobel gewesen, hatte aber keine Ähnlichkeit zu den merkwürdigen blaugrünen Blättern, die Alenias’ Körper umgaben. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr fand Bren, dass es kaum einen Menschen gab, der dem Volk des Nachtschattenwalds so unähnlich war wie Cherron. Dennoch fühlte er sich an die Fayé erinnert. War es etwas in seiner Stimme? Oder entwickelte Bren nun doch so etwas wie ein Magiegespür und fühlte die Zauber, die möglicherweise den Körper vor ihm durchdrangen? Dann hätte sich Cherron dämonischem Wirken anvertraut haben müssen. So viel wusste selbst Bren: Die Fayé wirkten ihre Zauber nicht direkt, sie beschworen Wesenheiten aus dem Nebelland und zwangen diese dazu, die Wirklichkeit zu vergewaltigen. Bren schob den Gedanken beiseite. Er würde schon noch erfahren, was es mit Cherron auf sich hatte.
    Das Zimmer, das sie nun betraten, überraschte Bren mit seiner Sauberkeit. Die Bohlen, aus denen der Boden gefügt war, waren kürzlich gewischt worden, die Truhen und Tische wiesen eine klare Ordnung auf. Ein Fernrohr stand auf einem Stativ neben dem Fenster, durch das man ostwärts dem Lauf des Conato Richtung Meer folgen konnte. Es stand offen, mit dem Seewind kam ein schwaches Rauschen herein.
    »Wir haben beinahe Niedrigwasser«, erklärte Cherron. »Der Conato fällt tief aus seiner Mündung. Das Donnern warnt den unerfahrenen Seemann, ihr fernzubleiben. Wenn die Mündung befahrbar ist, verstummt es.«
    »Dann können Schiffe nicht kommen und gehen, wie es ihnen beliebt?«
    Cherron lachte schallend. »Was glaubt Ihr, warum ist dieser Hafen so wertvoll? Die Mündung des Conato liegt in einer trichterförmig zulaufenden Bucht. Die Flut drückt auf einer Breite von drei Meilen herein, dann wird sie auf knapp hundert Schritt zusammengepresst. Das gibt einen Tidenhub von fünfzehn Schritt zwischen Hoch- und Niedrigwasser. Beim höchsten Stand strömt das Wasser entgegen seiner gewöhnlichen Fließrichtung. Das Salzwasser kommt nicht bis Flutatem, aber an ausgesetzten Schiffchen aus Kork könnt Ihr die Umkehrung erkennen. Und wenn die Monde in Neumondposition oder im Vollmond stehen oder auch bei stürmischem Ostwind säuft die Unterstadt ab. Um Eure Frage zu beantworten: Wenn die Monde nicht gerade Reigen tanzen, ist die Mündung zweimal täglich passierbar.«
    »In Verbindung mit den Steilhängen ergibt das eine natürliche Festung«, erkannte Bren.
    An den Wänden hingen Karten. Bren vermutete, dass es sich bei den zusammengerollten Pergamenten, die auf den Truhen abgelegt waren, ebenfalls um solche handelte. Auf dem Tisch lagen

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