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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Armlehnen und beugte sich so weit vor, dass sein Gesicht dicht vor ihres kam. Er trug ein schwarzes Seidengewand, wie es in manchen Ländern Priester kleiden mochte. Die Roben des Kults waren ähnlich geschnitten, aber aus wärmerem Stoff gefertigt. »Wo ist Lisanne?« Er betonte jede Silbe.
    Freudlos lächelnd sah sie ihn an. »Sie fuhr in den Seelennebel.«
    Es war, als ob die Zeit erstarrte.
    Ulrik fand zuerst die Sprache wieder. »Dann ist sie tot.«
    Das Schweigen kehrte in den Raum zurück, so gründlich, als seien Ulriks Worte eine Illusion gewesen, eine Unmöglichkeit. Nur von außen drangen Geräusche herein. Rufe, aber entfernt. Das Prasseln des Feuers, Wellenschlag, der Wind, der fauchte, wenn er in die Flammen fuhr. Das Knarren der Takelung der Schiffe, die vor der Stadt lagen wie hungrige Wölfe.
    »Sie ist nicht tot«, flüsterte Gadior schließlich. »Ihr Herz schlägt.«
    »Das kann ich bezeugen«, sagte Velon.
    »Nichts lebt im Seelennebel?« So, wie Ulrik es sagte, klang es wie eine Frage.
    »Lisanne lebt nicht«, erinnerte Bren. »Sie ist untot.«
    »Was Ihr nicht sagt! Aber ich lebe. Und niemand, der lebt, kann den Seelennebel befahren.«
    Kiretta drückte die Lippen gegen ihren Haken, als wolle sie ihn küssen, bevor sie sprach. »Vielleicht hat es einfach nur noch niemand gewagt.«
    Ulrik wirbelte zu ihr herum. »Du widersprichst mir?«
    »Sie bringt ihre Gedanken ein«, sagte Bren scharf.
    »Wir wären die Ersten, die es hinein- und wieder herausschaffen«, sagte sie. »Die Ersten …« Ihr Blick nahm einen verträumten Ausdruck an.
    »Und wie soll uns gelingen, was niemandem vor uns gelungen ist?« Ulriks Stimme schnappte über, was zu einem unwürdigen Kiekser führte.
    »Heute haben wir eine Stadt genommen, die niemand vor uns geplündert hat.« Sie sah zu den Osadroi.
    »Wir könnten einen Zauber versuchen«, flüsterte Gadior. »Aber das wurde noch nie getan. Auch auf unseren Karten markiert der Seelennebel das Ende der Welt.«
    »Wenigstens wird Euer Freund Alenias gern von unserem neuen Kurs hören«, sagte Bren.
    »Neuer Kurs?«, rief Ulrik. »Wieso neuer Kurs? Ich sagte doch: Es ist nicht zu machen! Wir können nicht weiter!«
    »Falsch«, sagte Velon. »Wir können nicht mehr zurück. Der SCHATTENKÖNIG hat es befohlen.«
    »Das ist Euer Problem, nicht meines! Nochmals, es ist nicht zu machen!«
    Bren nickte zu Kiretta. »Sie ist anderer Meinung.«
    Wütend funkelte Ulrik seine Navigatorin an.
    »Nerate, denk jetzt genau nach«, sagte Velon. »Was weißt du über Lisannes Kurs?«
    »Gerade nach Osten. Nicht ein Grad Abweichung.«
    »Wie hat sie die Mannschaft überzeugt, dorthin zu fahren?«, wollte Bren wissen.
    Gadior lächelte milde. »Man merkt, dass du sie nie getroffen hast, General. Sie hat ihre Wege, Loyalität in der Brust eines jeden zu entflammen, der ihren Weg kreuzt.«
    »Die Gildenmeisterinnen wollten ihr Silberschwert als Preis, aber sie handelte so weit, dass sie die Krone an seiner statt annahmen.«
    »Was für ein Silberschwert?«, fragte Velon. Er sah ehrlich überrascht aus.
    Bren war sicher, dass sein eigenes Gesicht keinen anderen Ausdruck zeigte. »Sie wird doch sicher keine Silberklinge mit sich geführt haben?«
    Kraftlos zuckten Nerates Schultern im Schein des Feuers, das immer weitere Gebäude ergriff. »Ich war damals noch nicht geboren, aber so wurde es mir berichtet. Sie zahlte mit ihrer Krone, behielt das Schwert und segelte in den Seelennebel, genau nach Osten.«
    Gadior trat nah an Bren heran. »Wir werden die anderen beiden befragen, aber dir ist klar, was es bedeutet, wenn sie uns die gleiche Geschichte erzählen. Im Seelennebel werden wir kaum überleben.«
    »Und wenn wir ihn nicht befahren«, vollendete Bren den Gedanken, »werden wir ganz sicher sterben.«
    Gadior nickte. »Solche Schmerzen, wie ELIEN VITAN für unser Versagen bereithält, können im Seelennebel gar nicht auf uns warten.«

    Bren hatte schon die Stiefel ausgezogen und sich auf seine Koje gelegt, als er draußen den Tumult hörte. Erst dachte er, die Anteile aus der Lösegeldzahlung für die Stadt würden verteilt. Birra und Nerate hatten eine stattliche Summe geboten, Barea hatte man aufgrund ihres gewaltsamen Ablebens kurz zuvor nicht mehr befragen können. Aber der Lärm steigerte sichzu einem Johlen, vermischt mit Anfeuerungsrufen. Aus dem durch den Wellengang leicht schwankenden Fenster sah Bren das erste Sonnenlicht auf den Wellen. Weiter im Osten lag noch der Schatten der

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