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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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näherte sich ihm auf allen vieren über das Bett, kletterte dabei über ihre wimmernde Herrin. »Meister«, flüsterte sie. Die Narben zogen sich hell über ihren Rücken. »Erbarmt Euch meiner!«
    Gadior seufzte, legte ihr die flache Hand auf die Wange. Sein Blut war noch an seinen Fingern. Dennoch lächelte Tinaji selig.
    »Verehrung«, murmelte Gadior. »So gut wie jedes andere Gefühl.«
    Tinaji schrie, als werde sie abgestochen, während er dieEssenz aus ihrer Brust riss. Bren konnte den Blick nicht abwenden, als sich die Falten in ihren Körper gruben. So hätte es ausgesehen, wenn eine Dattel in der Sonne vertrocknet wäre – innerhalb von wenigen Herzschlägen. Das Alter schlug gnadenlos zu, raubte alle Frische aus ihrem Körper, um sie Gadior zuzuführen. Während er den dunklen Schaum einatmete, schloss sich seine Wunde. Er wischte das Blut darüber ab. Erst konnte man noch einen roten Fleck erkennen, wie eine Narbe, der sich aber rasch glättete und schließlich von der umgebenden Haut nicht mehr zu unterscheiden war.
    Mit weit aufgerissenem Mund, geöffneten Augen und steif, als hätte die Leichenstarre bereits eingesetzt, kippte Tinajizur Seite. Die blutigen Tränen auf ihren Wangen waren die einzige Bewegung. Birra schrie so schrill, dass es in den Ohren schmerzte.
    Gadior bat mit dem Finger an den Lippen um Ruhe. »Wunden sind so hässlich«, flüsterte er. Er ging in die Hocke, sah Birra an. »Ich hoffe, irgendwo in diesem Haus wird sich angemessene Kleidung für mich finden lassen? Wir werden erwartet. Ich könnte mir niemals verzeihen, die Würde des Augenblicks zu stören, wenn ich dich durch die Stadt begleite.«

    Der Ostwind, der über die Hügel fiel, fachte das Feuer in der Stadt an. Die Kapitulation der Festungen hatte nicht ausgereicht, die Seeräuber von ihren Gewohnheiten abzubringen. Bürger, die ihre Häuser löschten, standen den Plünderern nicht im Weg.
    »Du scheinst betrübt«, stellte Velon mit Blick auf Nerate fest. »Ich nehme an, du hast dir den Verlauf der Nacht anders erhofft?«
    »Ihr versteht es, in das Herz einer Frau zu sehen, Schattenherr«, gab sie tonlos zurück.
    Bren saß auf dem Fenstersims. Er spürte die Wärme der Flammen in seinem Rücken. Zwischen Bren und Kiretta war genug Platz, damit Nerate einen guten Blick auf das Feuer hatte, das Ejabon verzehrte. Stygron stand hoch am Himmel, er war beinahe vollständig rund. Diejenigen, die meinten, sein rotes Licht schiene mit Vorliebe auf Blutvergießen, fanden sich in dieser Nacht bestätigt.
    »Ich begreife noch immer nicht, was meine Steuerfrau hier macht«, murrte Ulrik.
    »Kiretta hat uns gut gedient«, erwiderte Bren ruhig. »Sie hat uns an Land gebracht und bringt oft kluge Gedanken vor. Ich will sie dabeihaben.«
    »Ich bin der Kapitän.«
    Kiretta verschränkte die Arme so, dass der Haken außen zu liegen kam. Diese Nacht hatte sie verändert. Sie würde nicht mehr zu Boden sehen, wenn Ulrik sie anstarrte.
    »Ihr seid der Kapitän«, erwiderte Bren ruhig, »und ich bin der General, der diese Expedition befehligt. Ich sage: Sie bleibt. Wenn die Sonne aufgeht, will ich jemanden um mich haben, der gehört hat, was jetzt gesprochen wird.«
    »Ihr habt mich!«
    Bren setzte zu einer Entgegnung an, aber Velon unterbrach ihn. »Bitte! Wir sollten uns keinesfalls zu Unhöflichkeiten hinreißen lassen. Es ist mir schon beinahe unangenehm, diese Stadt zu zerstören. Vielleicht können wir das Schlimmste verhindern, aber dazu dürfen wir nicht trödeln. Kapitän Ulrik hier«, er nickte zu dem Seeräuber, »glaubt, dass seine Freunde von der Stadt ablassen werden, wenn ihr ein angemessenes Lösegeld zahlt. Das würde weiteren Ärger ersparen.«
    In Nerates Augen glomm Hoffnung unter dem Widerschein des Feuers.
    »Aber bevor wir das besprechen können, gibt es Wichtigeres. Ich möchte von dir wissen, wohin sich Lisanne gewandt hat.«
    »Und wenn ich es nicht wüsste?«, fragte sie müde.
    »Das wäre sehr bedauerlich«, meinte Gadior. »Dann würdet ihr alle drei sterben. Ansonsten können zwei von euch überleben.«
    »Nur zwei?«
    Bedauernd zuckte Velon mit den Schultern. »Du musstverstehen, dass ihr unsere Geduld über Gebühr beanspruchthabt. Wir werden euch nacheinander befragen, damit ihr euch nicht abstimmen könnt. Diejenige, die bei den Antworten am wenigsten zuvorkommend ist … nun, ab und zu braucht die Gilde eine neue Meisterin, oder?«
    »Ich verstehe.«
    Er ging zu ihrem Sessel, stützte die Hände auf die

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