Knecht – Die Schattenherren II
lernen, sich zu fügen«, quetschte der Kapitän zwischen den Zähnen hervor. »Oder sie wird ein Fraß für dieFische.«
»Das ist Euer letztes Wort?«
»So wahr ich hier stehe.«
Kiretta hatte wirklich nirgendwo Freunde. Nirgendwo außer auf der Mordkrake . Bren schmetterte seine Faust so fest unter Ulriks Kinn, dass er ihn von den Füßen hob. In einem spitzen Bogen flog der Kapitän nach hinten, bis sein Rücken auf die Planken krachte.
»Jetzt steht Ihr nicht mehr«, stellte er fest.
Ulrik fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. »Macht ihn fertig!«, befahl er, als er sich aufrappelte.
Ein Mann mit einem Enterbeil stürzte auf Bren zu.
Den Dolch zu ziehen, die Hüfte zu senken, den Arm wie eine Peitsche zu schwingen und die Klinge bis zum Heft indie Brust des Angreifers zu stoßen war eine einzige, fließende Bewegung. Warm quoll das Blut aus der Wunde über Brens Hand. Er bekam die Waffe nicht sofort frei, also ließ er sie los, als sein Gegner zusammenbrach. »Genug der Kindereien«, sagte Bren.
Ulrik stand inzwischen wieder. Brens Männer hatten ihre Schwerter gezogen und näherten sich ihm, ebenso wie Ulriks Mannschaft.
»Das werdet Ihr büßen«, versprach der Kapitän. »Niemand meutert ungestraft auf meinem Schiff.«
»Es ist keine Meuterei, denn ich habe Euch nie Gefolgschaft geschworen.«
Ulrik spie aus. »Das ist ohne Bedeutung.«
»Und es ist nicht mehr Euer Schiff. Ich fordere die Mordkrake für mich.«
Verdutzt sah Ulrik ihn an. »Auf jedem Schiff gibt es nur einen Kapitän.«
»Und der bin ich.«
»Macht Euch nicht lächerlich!«
»Sind das nicht Eure Regeln?« Er stieg über seinen toten Gegner und sah den Piraten in die Augen. »Jeder kann denKapitän herausfordern. Ich beanspruche dieses Recht fürmich. Überlegt es euch. Wenn ihr es mir nicht gewährt, werdet ihr gegen meine Männer stehen. Drei auf Deck, dreißig darunter. Vielleicht nehmt ihr einige von ihnen mit, aberdie anderen werden euch in Stücke hauen. Keiner von ihnen wird sich ergeben, mit den Schattenherren in eurem Laderaum.«
Zustimmendes Gemurmel erhob sich. Die Säbel blieben in den Scheiden.
Wieder spie Ulrik aus. »Also gut. Nach unseren Regeln. Vor Gateia, auf den Tauen.«
Bren nickte. »Vor Gateia, auf den Tauen.« Was immer das bedeuten mag.
Vor Gateia ankerten die Schiffe so eng, dass sie aneinanderstießen. Die Matrosen polsterten die Rümpfe mit Stoffballen, um Schäden zu vermeiden, während sie die Schiffe mit Seilen vertäuten, die sie von einem Deck zum nächsten warfen. Die von den Segeln entblößten Masten waren wie ein Wald. An ihnen kletterten die Seeleute herum, meist mit freiem Oberkörper, und woben aus Tauwerk das Netz, das der Boden für das Duell um die Herrschaft über die Mordkrake werden würde.
»Was sollen wir den Schattenherren sagen, wenn …?« Kiretta brachte die Frage nicht zu Ende. Sie stand aufrecht gefesselt am Hauptmast.
»… wenn ich mit zerbrochenen Knochen auf dem Meeresgrund liegen sollte?« Bren grinste. »Dass die Truppe einen neuen Befehlshaber braucht. Und dass dieser seine ganze Überzeugungskraft wird aufbringen müssen, damit meine Leute nicht auf diesem Eiland zurückgelassen werden.«
Gateia war dicht bewaldet, aber klein, kaum eine Meile an der breitesten Stelle. Es wurde anscheinend angelaufen, um Wasser aufzunehmen und Holz zu schlagen.
Bren zog den Schleifstein über das Entermesser, das man ihm zugestanden hatte. Ulrik durfte seine Waffen frei wählen, weil er ein Kapitän war. In den Gurten, die sich über seiner Brust kreuzten, steckten zehn Wurfmesser. Ansonsten schien er ein passabler Säbelfechter zu sein. Zwei der gebogenen Klingen hingen an seinem Gürtel, die kürzere davon doppelt so lang wie Brens Entermesser.
Kiretta schüttelte den Kopf. »Ist eine Frau das wert?« Sie sah schon wieder recht erholt aus. Mit einer Nacht Ruhe wäre sie wieder einsatzbereit.
»Ihr glaubt, das sei meine Schwäche, nicht wahr?« Der Schleifstein ratschte über die Schneide. »Frauen?«
Kiretta antwortete nicht, lächelte aber ein wenig.
»Das sagen viele«, meinte Bren. »Weil ich meine Krieger manchmal zurückgehalten habe, wenn andere Offiziere es nicht taten. Aber ich muss Euch enttäuschen. Hier liegen die Dinge anders. Wir müssen in den Seelennebel, oder wir werden alle sterben, vielleicht sogar Velon und Gadior. Der SCHATTENKÖNIG , die Welt erzittere vor SEINEM Namen, wird nicht dulden, dass wir SEINEN Auftrag verraten.« Er hielt die
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