Knecht – Die Schattenherren II
überfrorener See. Manchen Seilen sah man nicht an, wie locker sie hingen, wie tief sie unter der Belastung nachgäben, von den sich ständig verändernden Maschen ganz zu schweigen.
In einem Sumpf suchte man festen Grund und bewegte sich dort nur noch fort, wenn man gezwungen war. Auf dem Eis blieb man eher in Bewegung, mit dem Ziel, den Gegner auf Stellen zu locken, an denen er einbrach. Da Ulrik bereits das erste Wurfmesser hervorzog, entschied Bren, dass das Abwarten keine kluge Strategie war. Er stieg über die Taue auf eine Stelle zu, wo sich viele Seile trafen und so einen vergleichsweise engmaschigen Bereich bildeten.
Den ersten Wurf konnte Ulrik kaum ernst meinen. Er war noch fünfzehn Schritt entfernt, bei dem schwankenden Untergrund und dem nicht gerade lauen Wind hier oben konnte kein Messer auf diese Distanz treffen. Nichtsdestotrotz stieg beifälliges Gejohle von den auf den Decks versammelten Mannschaften herauf.
»Einer vorbei«, grinste Ulrik, »bleiben mir nur noch neun.«
»Passt auf, dass Ihr Euch nicht daran schneidet. Ihr wollt doch nicht mit einem verletzten Daumen an den Ruderndieser Galeeren sitzen, die sich über den Meeresgrund schieben.«
»Pentor wird noch ein paar Jahre auf mich warten müssen!« Ulrik lachte, als er das nächste Messer zog.
Bren erreichte das dichte Geflecht und sah seinem Gegner entgegen. Ulrik verkürzte die Distanz auf zehn Schritt, bevor er das nächste Mal warf.
Bren duckte sich zur Seite, was das Messer fehlgehen ließ, aber das Netz in bedenkliche Schwingungen brachte. Er griff mit der linken Hand zu, um nicht zu fallen.
Er hatte nicht gesehen, dass Ulrik schon das nächste Messer hervorgefingert hatte. Das Blitzen auf der Klinge bemerkte er erst, als sie schon beinahe heran war. Brens Körper reagierte schneller als sein Verstand, als er die breite Klinge des Entermessers vor seinen Bauch riss. Mit hellem Klang prallte Ulriks Waffe dagegen, schnitt nur einen harmlosen Kratzer in die Haut seitlich an seinem Brustkorb. Das war knapp. Bren musste seine Taktik ändern. Wenn er hier stehen bliebe, träfe ihn das nächste oder übernächste Messer.
Ulrik dachte jedoch nicht daran, seinen Vorteil aufzugeben. Er schleuderte bereits die nächste Klinge.
Bren hatte sich noch nicht wieder vollständig aufgerichtet und musste sich schon zur nächsten Seite werfen. Mit einem Sprung gab er seine Position auf, ruderte mit den Armen, um nicht zu stürzen, und machte einen weiten Schritt auf das nächste Tau.
Ulrik schrie unartikuliert und kam entschlossen näher. Er schlug einen weiten Halbkreis mit seinem Säbel, dem Bren nur durch einen blinden Schritt rückwärts entkommen konnte. Zum Glück war das Netz hier noch eng genug, damit sein Fuß Halt fand.
Ulrik schleuderte ein weiteres Messer, und diesmal traf er in den Bauch, wenn auch nicht tief. Bren stieß die Luft aus. Er war dankbar dafür, dass der Kampfrausch ihm den Schmerz ersparte, auch wenn er wusste, dass er die Wunde stärker spüren würde, wenn die Aufregung erst aus seinem Blut gewichen wäre.
Ulrik setzte nach.
Bren fing den Säbelhieb mit dem Entermesser ab.
Der Widerstand brachte auch Ulrik ins Taumeln. In der Rückwärtsbewegung hackte er mit einem Spalthieb abwärts.
Bren sprang zur Seite, landete der Länge nach auf zwei Seilen und konnte sich gerade noch festhalten.
Ulriks Säbel schlug in ein anderes Tau, das er dadurch zertrennte. Damit ging auch einem Teilstück des Netzes Stabilität verloren, sodass es merklich nachgab.
Den Moment, den Ulrik brauchte, um wieder sicheren Stand zu gewinnen, nutzte Bren, um seinerseits in eine hockende Position zu kommen.
»Du bist lästig wie eine Laus in meinem Schamhaar!«, rief Ulrik und zog das nächste Messer. Nur noch vier steckten in seinem Gurt, aber ein einziger Volltreffer würde den Kampf entscheiden.
Bren drückte sich nach vorn ab. Das Seil unter seinen Füßen gab merklich nach, doch der Schwung reichte aus, um nahan Ulrik heranzukommen, der mit einem überraschten Schrei das Messer fallen ließ, um mit dem Säbel den Angriff des Entermessers beiseitezuprellen.
Bren achtete nicht auf sein Gleichgewicht und setzte sofort nach, mehr liegend als stehend. Er führte einen wuchtigen Stoß, den Ulrik aber auspendelte.
Bren zog den linken Fuß nach.
Ulrik holte mit dem abwärtsweisenden Säbel so weit aus, dass die Spitze neben seinem Ohr zitterte. Er stach zu.
Bren tauchte kopfüber zwischen den Seilen durch. Fünfzehn Schritt unter ihm
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