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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Stonner habe Glück gehabt. Er sei der verdammt härteste Oberst im Schwarzen Heer, nichts könne einen Mann mit seinem Willen brechen, erst recht nicht ein Holzsplitter in seinem Kopf. Aber er hatte ihn gebrochen. Ausgehöhlt. Erst seinen Verstand. Er hatte seine eigenen Befehle vergessen, Truppen sinnlos umhergeschickt, bis man ihm das Kommando entzogen hatte. Kurz darauf hatte Bren ihn das erste Mal vor sich hin stieren sehen, der Sabber war ihm aus dem Mund gelaufen, auf den Teller mit seinem Braten getropft. Er hatte seine Würde verloren, und er hatte es gewusst, in seinen lichten Momenten. Fünf unerträgliche Jahre lang hatte Kern Stonner gewusst, dass er eine Posse seiner Selbst geworden war, ein schadenfroher Witz, der in den Lagern von Ohr zu Ohr flog. Bren hatte ihn nur noch selten besucht, als er, vor dem ganze Städte gezittert hatten, in einsamen Betten gelegen hatte. Dann war er den weichen Tod gestorben, sinnlos, unbeachtet, alt und krank.
    Bren würde nicht so sterben.
    Niemals.
    Er würde ein Krieger bleiben, sich unter keinen Umständen die Wehr aus der Hand nehmen lassen. Von niemandem.
    Er spürte die Angst. Sie durchdrang ihn ganz. Und danach kam die Sehnsucht. Nach einem Land, das er nicht kannte. Wo die Erde aus Licht war. So wie die Bäume. Überall waren Bäume. Die Stämme golden, die Blätter silbern, die Schatten in allen Farben des Regenbogens schillernd. Wasser wie Kristall. In jedem Windhauch ein schwereloses Lied. Die Sonne so milde wie die Sterne. Kein Mond am Himmel. Nichts hinderte den Fluss der Magie. Einer guten Magie, die erfüllte und vollendete, ganz machte und blühen ließ, formte, erschuf. Eine Gnade der Götter war, kein Frevel gegen sie.
    Und das Wissen, dass er dieses Land niemals erreichen würde. Andere, ja, aber nicht er. Nicht der Unwürdige. Nicht er und auch nicht seine Kameraden. Nicht die Zurückgewiesenen. Diejenigen, die gehofft, aber nicht vertraut hatten. Die Zweifler.
    Die Fayé des Seelennebels.
    Waren sie ihm nicht ähnlich?
    War er nicht einer von ihnen? Ein Zurückgewiesener?
    Konnte in seiner Lage nicht nur noch ein Narr hoffen?Das Leben hatte ihn erprobt, dreieinhalb Jahrzehnte lang, aberes hatte ihn für unwürdig befunden, ihn mitzunehmen indie Ewigkeit. Es hatte ihn zurückgelassen, auf dass der Todihn fände, gemeinsam mit seiner Kumpanin, der Krankheit. Niemand würde Bren in die Schatten führen, er war dem Alter ausgeliefert, jenem Mörder, den die Götter in die Welt gesandt hatten. Dieser Attentäter würde sich nicht abweisen lassen. Mochte Bren auch noch so schnell fliehen, er verfolgte ihn mit ruhigem Schritt, ohne Hast, und irgendwann würde er zuschlagen. Durch das Modern des Fleisches und das Brüchigwerden der Knochen. Jüngere würden das Wohlwollen der Schattenherren gewinnen, sie würden mit den frischeren Aspiranten spielen, wie sie es mit Bren getan hatten, und vielleicht würde einer von ihnen sie genug amüsieren, sodass sie seine Gesellschaft länger um sich haben wollten als die kurzen Jahre eines Menschenlebens. Ja, Bren hatte ihnen treu gedient, er hatte Städte und Reiche unter ihre Herrschaft gebracht, aber amüsant – nein, das war er niemals gewesen. Er war so unterhaltsam wie eine sorgfältig gepflegte Rüstung auf einem Gestell. Niemand schätzte seine Nähe, kein Mensch und auch kein Osadro. Er war nützlich. Das war alles.
    Vielleicht war dies schon sein Ende? Der Kampf mit der weißen Wesenheit, auf einem Schiff ohne Wiederkehr inmitten des Seelennebels, der niemals wieder herausgab, was er einmal genommen hatte?
    Der Schmerz wrang Brens Seele. Er wusste nicht, ob sein Herz noch schlug oder ob seine Lunge noch Atem schöpfte. Er fühlte nur noch Pein.
    Dann ein Schrei, so laut, dass er ihm die Ohren zerrissen hätte, wäre er wirklich gewesen. Das Weiß wirbelte davon. Vor ihm stand Gadior, groß und dunkel, aber nicht, was die Farben der greifbaren Welt anging, wo seine Haut und sein Haar hell waren wie immer. Sein Gesicht war Granit, und eine Erhabenheit umgab ihn, wie sie nur aus den Schatten kam. Finsternis. Die letzte Wahrheit. Hinter ihm zerfaserte die weiße Kugel im Nichts.
    Bren lag auf den Knien. Er wollte seinen Dank stammeln, aber seine Zunge verwehrte ihm den Dienst. Er konnte kein Wort formen.
    Langsam nur gelang es ihm, seine Umgebung wahrzunehmen. Die Mordkrake machte noch immer ruhige Fahrt, die Wellen unter ihr konnten kaum höher sein als in einem Gartenteich. Alenias stand unbewegt im Bug.
    Aber

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