Knecht – Die Schattenherren II
Sprechen nahm er ihn fort.
»Mein Name ist Gerriar, meine Worte gelten für Goran von Blutstein. Mit wem habe ich die Ehre?«
»Ich bin Bren, General der westlichen Dunkelheit. Ondrien schickt mich.«
Die Erwähnung des mächtigsten Reichs der bekannten Welt rief keinerlei Reaktion in Gerriars Gesicht hervor. »Nun, Bren, verstehe ich Euch recht, dass Ihr keinen Anteil an dieser Rebellion habt?«
»So ist es.«
»Was tut Ihr dann hier?«
»Wir suchen jemanden.«
»Wen?«
Bren überlegte. »Vielleicht ist das etwas, das unsere Herren miteinander besprechen sollten.«
»Ein ausgezeichneter Vorschlag. Mir kam gerade selbst der Gedanke, dass Ihr unbedingt Blutstein besuchen solltet.«
Bren nickte. Das schien die beherrschende Macht dieses Landes zu sein, also würden sie dort die wirkungsvollste Unterstützung finden.
Bren hörte Hammerschläge. Allmählich lichtete sich der Rauch, weil die Feuer erloschen. Er sah weit genug, um schemenhaft zu erkennen, dass die Chaque Leichen an die Trümmer nagelten.
Gerriar lächelte. »Eine Mahnung für jene, die mit dem Gedanken der Rebellion spielen. Zu ihrem eigenen Wohl müssen ihnen die Folgen vorgeführt werden.«
Die Chaque schienen davon recht drastische Vorstellungen zu haben. Wenn ein toter Körper vollständig befestigt war, zerrissen sie ihn mit ihren gezackten Klingen. Nur den Kopf trennten sie vorher ab und bargen ihn in einem Beutel.
»Wir werden unsere Herren an Land holen«, kündigte Bren an. »Und ihre Wache.«
Gerriars Lächeln gefror. »Wie stark ist diese Wache?«
»Drei Dutzend.«
Er nickte. »Angemessen für hohe Gäste, scheint mir.«
»Ich bin nicht sicher, ob wir schnell genug sein werden, um vor dem Morgengrauen aufbrechen zu können.«
Gerriar grinste breit. »Da seid ganz beruhigt. Ich habe noch niemals einen Morgen grauen sehen, und es würde mich sehr erstaunen, wenn das einmal anders würde.«
Die Pyramide bot einigen Verteidigungswert. Sie war aus massiven, roten Steinblöcken gefügt, ihre Flanken waren so steil, dass Brens Waden beim Aufstieg brannten und der Zweck der Öffnungen, durch die sich Geröll kippen oder siedendes Öl gießen ließe, war für das Auge des Feldherrn nicht zu übersehen, auch wenn sie mit bronzenen Ranken verziert waren.
Auf jeder Stufe traten sie auf frisch gestreute Blumen. »Man scheint sich über unsere Ankunft zu freuen«, sagte Kiretta. Auch ihr war die Anstrengung anzuhören.
Gerriar wandte sich um. »König Goran hat mich angewiesen, Euch an dieser Flanke hinaufzuführen.« Er lächelte servil.
»Sehen die anderen nicht so aus?«, fragte Bren. Er nutzte die Pause, um zurückzublicken. Einhundertfünfzig Stufen zählte der gesamte Aufstieg, zwei Drittel hatten sie geschafft. Allmählich wurde ihm der Schild schwer. Am Fuß der Pyramide waren die drei Schattenrosse deutlich an den aus ihren Augen lodernden Flammen auszumachen. Bren hatte seine Leute angewiesen, niemandem zu verraten, dass sich die Osadroi inder Kutsche befanden. Fünfzehn Krieger bewachten sie. Dazu noch zwanzig Seeräuber, aber ihnen traute Bren nicht. Nur ein Viertel gehörte zur ursprünglichen Besatzung der Mordkrake , die anderen hatten sich aus Abenteuerlust oder Goldgier angeschlossen. Es war nicht leicht, zu entscheiden, ob man die größten Halsabschneider besser mitnahm, um sie unter direkter Kontrolle zu halten, oder an Bord ließ, wo sie den Bug vielleicht in eine Richtung drehten, die ihnen aus irgendeinem Grund einträglich erschiene. Von Brens Leuten war noch eine Handvoll an Bord, der er zutraute, das Schiff zu kontrollieren, und eine ebenso große Zahl, deren Verstand noch nicht wieder aus dem Seelennebel aufgetaucht war. Ein Schicksal, das sie mit nicht wenigen Piraten teilten. Vielleicht half die Disziplin dabei, den Griff der weißen Wesenheiten abzuwehren.
»Keine Seite der Pyramide ist wie die andere«, erklärte Gerriar. »Dies ist die für willkommene Gäste. Der Süden ist der Unterwerfung geweiht, der Norden der Züchtigung.«
»Und der Osten?«, fragte Kiretta.
»Den Sehnsüchten und den Nachtmahren.«
»Wir sollten unseren Gastgeber nicht warten lassen«, meinte Alenias. Der Fayé hatte sich nicht nur körperlich verjüngt, er war auch sonst gewandelt. Zuvor hatte sich ein erstickender Geist nach dem Seelennebel gesehnt, immer wieder den Drang dorthin verspürt, weiter nach Osten. Jetzt war sein Leben wiedererwacht, die Lethargie hatte er abgeschüttelt. Aber seinInteresse galt nicht mehr der
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