Knigge fuer Individualisten
besten Plätze beanspruchen, sich über
Zeitabsprachen hinweg setzen.
Distanzbedürfnisse ignorieren: zu
nahe treten, den Weg abschneiden, Ruhe, Entspannung und
Genuss stören
Als Privatperson können Sie – hoffentlich oft! – ganz
Sie selbst sein. Im Berufsleben jedoch tragen Sie mehr Verantwortung: Sie
stehen nicht nur für sich, sondern auch für Ihr Team, für Ihre Abteilung,
für Ihr Unternehmen, für Ihre Branche und im Ausland sogar für Ihr Land. Das
setzt Ihrer individuellen Handlungsweise Grenzen. Ein Beispiel: Nehmen Sie
den Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 unseres Grundgesetzes wörtlich? Dann
können Sie kaum akzeptieren, dass für den Vorstand Parkplätze reserviert
sind und der Kollege einem Kunden die Tür aufhält, die er Ihnen gerade vor
der Nase hat zuknallen lassen. Oder Sie fragen sich: Mit welchem Recht kann
Ihre Chefin verlangen, dass Sie einen Kunden mit »Dr.« anreden, bloß weil er
ein paar Semester länger an der Uni war?
Wo sind im Beruf Ihre Freiräume, wo Ihre Chancen, die
Gegeben- und Gepflogenheiten aktiv mitzugestalten? Darum geht es in diesem
Kapitel. Und darum, wie Sie Ihre Stärken ausbauen. Denn wenn Sie sich ab und
zu ein klein wenig anders verhalten als bisher, werden Sie noch lange kein
anderer Mensch. Wenn Sie eine Fremdsprache erlernen, bleiben Sie ja auch die
Person, die Sie sind.
KOMMT AUF LANGE SICHT
GUT AN: KLARTEXT MIT KOLLEGEN
Wenn Fairness oberstes Gebot ist und es Regeln gibt,
an die sich alle halten, herrschen am Arbeitsplatz paradiesische Zustände.
Selten aber ist eine Abteilung tatsächlich der Garten Eden; sichert sich
doch jedes Tierchen gern sein Revierchen. Zwischen Vorgesetzten und
Mitarbeitern sind die Claims (hoffentlich klar) abgesteckt – ja, auch in
Unternehmen mit »flachen« Hierarchien. Personen mit ähnlichem Status
hingegen müssen ihre Territorien aushandeln; das tun sie nicht immer offen,
dafür manchmal täglich neu.
Tür auf, Fenster
zu, Mikro aus: zusammenarbeiten im Alltag
Wer glücklich ist, leistet mehr: Diese Erkenntnis
nutzen gute Führungskräfte beim Führen ihrer Mitarbeiter. Sollte sich Ihr
Chef ausnahmsweise mal nicht für Ihr
persönliches Glück verantwortlich fühlen, nehmen Sie es am besten selbst in
die Hand.
My office is my castle: Grenzen setzen
und respektieren
Je enger Sie bei der Arbeit aufeinanderhocken, pardon:
nebeneinandersitzen, desto notwendiger sind Spielregeln. Anstatt sich diese
diktieren zu lassen, kann ein Team sich an einem Abend zusammensetzen – der
Pizzaservice ist dankbar, wenn Sie Ihre Bestellung noch vor Mitternacht
aufgeben – und sie im Rahmen des Möglichen selbst aufstellen. Aspekte für
die Agenda:
»Wie definieren wir ein ideales
Miteinander?« Sammeln Sie die Antworten auf einem Flipchart. Mit
Sicherheit stehen dort dann Begriffe wie z. B. »Unterstützung,
Offenheit, Respekt«.
»Wie erreichen wir dieses Ziel konkret?«
Da muss sich jeder Einzelne klarmachen: Wo erhoffe ich Verbesserungen
für mich? Auf welche Privilegien bin ich bereit zu verzichten? Von wem
erwarte ich was? Und mit welchem Recht?
Was Sie auch beschließen: Je genauer Sie es
definieren, desto leichter kommen die vermeintlichen Kleinigkeiten zur
Sprache, die das Zusammenarbeiten erleichtern bzw.
erschweren:
1. Kommunizieren: Dass jeder jeden grüßt, ist – hoffentlich
– klar ( > ). Weiter ist zu klären: Wer gibt
wem wann die Hand? Und: Bleiben wir in Anwesenheit von Kunden beim
gemeinschaftlichen Du oder sind Sie – der Firmenphilosophie zuliebe –
nach außen untereinander per Sie? Wer braucht welche Informationen
wann wozu? Wie gehen wir mit Verstößen gegen unser Regelwerk
um?
ANRÜCHIGES ANSPRECHEN
Man kann die Zimmertemperatur besprechen und regeln,
wann wer welches Fenster öffnet und welche Tür schließt. Doch was tun,
wenn ein Kollege riecht? Morgendliches Duschen für alle? Na ja, also
wenn, dann wenigstens gemeinsam. Hoho. Vielleicht stellen Sie zunächst
allgemeine Weisheiten in den Raum: »Man riecht’s halt, wenn eine Bluse
drei Tage nacheinander getragen wird.« Oder: »Es ist schon schlimm,
dass Schweißgeruch trotz einer normalen Reinigung in den Jacken hängen
bleibt. Ich lasse die Sachen immer mit Ozon behandeln. Hilft nicht
hundertprozentig, aber hilft.« Bessert sich die Geruchslage trotz
eines Winks mit dem Zaunpfahl nicht? Reden Sie Klartext ( E ab S. 46):
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