Knigge fuer Individualisten
formulieren,
ein Problem vom Standpunkt des Gegenübers
aus betrachten.
Wenn’s sein muss:
Meinungsverschiedenheiten austragen
Erfahrungsgemäß fällt es dem natürlichen Pragmatiker leicht,
diese Empfehlungen zu befolgen. Andere tun sich schwerer damit. Wer in Ruhe lassen und gelassen werden
möchte, spricht Probleme ungern konkret und mit emotionaler
Beteiligung an. Wer Harmonie braucht, spricht sie am liebsten gar nicht an. Und wer
ein Sachziel vor Augen hat, vermeidet es, seine Gefühle zu
thematisieren, und läuft Gefahr, andere zu tadeln.
Niemand muss sich verbiegen; wundern Sie sich nur nicht
über unerwünschte Reaktionen, wenn Konflikte eskalieren, weil Sie Ihren Stil
unflexibel und unüberlegt verfolgen. Können Sie nicht doch bei einer
Meinungsverschiedenheit Ihr Ziel definieren und einen oder zwei Kernsätze
vorbereiten, die den Grundregeln entsprechen? Nicht um des lieben Friedens
willen, sondern um Ihre Wirkung zu verbessern.
Ja, nein,
Entschuldigung: Sag’s nur, wenn du es meinst
Sagen Sie manchmal »ja«, nur um nicht »nein« sagen zu
müssen? Dann ist Ihr »Ja« auf Dauer nicht viel wert. Weil andere nicht
wissen, woran sie bei Ihnen sind. Aber man kann Klartext reden, ohne schroff
zu wirken.
Gesetzt den Fall, eine Freundin will sich von Ihnen Geld
leihen: Sie wissen: Geld und Freundschaft, das kann schief gehen, doch
kränken wollen Sie sie nicht. Ziehen Sie ganz bewusst Ihre bevorzugte
Stil-Karte. Treiben Sie die Dinge lieber
voran, als zu bremsen? Sagen Sie es: »Um dir das zu leihen,
brauche ich ein paar Informationen von dir.« Setzen Sie auf Empathie und Anstand? Sagen Sie es:
»Unsere Freundschaft liegt mir am Herzen, deshalb möchte ich das genauer mit
dir besprechen.« Sind Sie ein ausgesprochen höflicher Mensch? Auch als Traditioneller dürfen Sie für sich
sorgen: »Es ist mir ein Anliegen, deine Bitte zu erfüllen. Bitte erläutere
mir etwas genauer, wie das vonstatten gehen soll.« Und wenn Sie auf Harmonie bedacht sind? Sprechen Sie
auch da Ihrer Natur gemäß: »Lass uns doch mal bei einer Tasse Kaffee
zusammensetzen und das genauer bekakeln.«
Haben Sie sich einen
Fauxpas geleistet, z. B. einen Termin verschwitzt? Dann brauchen Sie noch
lange nicht ins Büßergewand zu schlüpfen. Wobei
theologisch betrachtet Gnade nur bei echter Reue gewährt wird. Ein flott
hingeworfenes »Sorry« reicht im Beichtstuhl nicht und auch gegenüber
Menschen nicht, zumal diese manchmal strenger urteilen als der liebe Gott.
Unumwunden »um Entschuldigung bitten«, gönnen Sie das den Be- und
Getroffenen – und auch sich selbst. Ist Ihnen diese Formulierung zu
förmlich? Suchen Sie Inspirationen für charmante Alternativen im Internet.
Ein Beispiel: »ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ. Aus diesen Buchstaben will ich
dir in tausend verschiedenen Worten sagen: Verzeih mir!« Also wer da nicht
dahinschmilzt!
DRAUSSEN VOR DER TÜR: UNTERWEGS
Die Medien berichten, was Stars zu Weihnachten essen,
an der Kasse sehen wir die Einkäufe des Chefs, im Zug werden wir Zeugen der
Ehekrisen wildfremder Leute: Privates und Öffentliches mischen sich. Wir
wirken also überall und immer.
Allein außer Haus – und doch nicht
allein
Viele Menschen legen täglich weite Entfernungen zurück
und sehen unterwegs kein bekanntes Gesicht. Genauso wenig bleiben wir in
unserer Small World an fernen Orten
garantiert anonym. Beide Vorstellungen sind schön und schrecklich
zugleich.
Schöner gehen: auf der Straße
Halten Sie Abstand. Stören Sie den Verkehrsfluss
nicht. Drängeln Sie nicht. Lassen Sie Schwächeren den Vortritt. Das sagt die
Straßenverkehrsordnung. Befolgen Sie sie, verhindern Sie Staus und Unfälle.
Ihr Gestaltungsspielraum liegt im Detail. Vertreter des natürlichen Anstands und der alten
Schule praktizieren die Regeln von selbst. Wer schnell ein Ziel erreichen will oder als
lässiger Typ alles nicht so eng sieht, verstößt eher dagegen.
Das Wort »Pardon« und ein Lächeln kosten aber keine Zeit. Helfen Sie gern?
Gut! Aber fragen Sie vorher. Nicht jeder Rollstuhlfahrer möchte
Hilfe.
Essen und trinken Sie nicht im Gehen, raten die Ärzte,
damit Sie sich nicht verschlucken oder auf die Zunge beißen. Und es wirkt
souveräner, wenn Sie sich einen Platz am Stehtisch vor der Imbissbude
suchen. Oder wollen Sie nach der Mittagspause mit Fettflecken auf der Bluse
im Büro erscheinen? Nein? Also
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