Knigge fuer Individualisten
welches Bild sie im Kopf haben, und werden Ihre
Frage nicht als Unsicherheit, sondern als Zeichen Ihres Respekts
interpretieren. Weil immer weniger Menschen selbst im gleichen
Sprachraum die Wörter gleich interpretieren, werden die Dresscodes bei
Kreuzfahrten erläutert und sind nicht mehr ganz so eng gefasst wie
noch vor wenigen Jahren.
Wie das Mitte des 19. Jahrhunderts Albert Eduard, der
spätere König Eduard VII. tat: Weil ihm der Frack zum Dinner zu unbequem
war, ließ er sich das erste Dinner
Jacket der Geschichte schneidern – dem bequemem Smoking Jacket nachempfunden, das
ein Herr damals im Rauchsalon trug. Thronfolger müsste man sein, zumindest
in dieser Hinsicht.
Informell, doch nicht
formlos: (fast) freie Wahl
Da Sie im Privatleben Ihr Erscheinungsbild frei
gestalten können, folgen Sie bestimmt praktischen Erwägungen und starten zum
Mountainbiken schon zu Hause im Biker-Outfit. Außerdem folgen Sie Ihren
Vorlieben. Sind Sie sicher, dass Sie da nur Ihr Geschmack leitet? Oder
ziehen Sie nicht doch, wenn Sie bei der Bank Ihre Kreditkonditionen neu
verhandeln wollen, eher Kostüm mit Bluse als Flatterrock mit
Spaghettiträger-Top an? Weil Sie selbst wissen: Ein aufreizendes Outfit
bringt einer Frau vielleicht interessierte Blicke ein, doch sicherlich wenig
Respekt? Und was steckt dahinter, wenn es bei Erstklässlern unbedingt die Jeans oder der Sneaker sein muss? Da ist eher
Gruppendruck am Werk als ästhetisches Empfinden. So »Eindruck zu schinden«
mag in den Augen moralisch geprägter Personen kein hehres Ziel sein. Doch
sind Sie es sich nicht selbst wert, ein ansprechendes Äußeres an den Tag zu
legen? Jederzeit, selbst wenn es nicht »drauf ankommt«?
In der Stadt unterwegs:
Typsache, Zwecksache
Bis in die 1960er-Jahre umfasste die übliche
Straßenkleidung Mantel, Handschuhe und Hut; das ist vorbei. Herrschaften der
alten Schule freuen sich aber über deren – zaghaftes – Comeback und zeigen
sich nie in Anzug oder Kleid auf der Straße, nicht einmal im Sommer. Die
anderen Stilvertreter sehen das entspannt und tragen unterwegs nur das
Nötige. Wenn sie zwischen Büro und Biergarten das Jackett dabei haben,
werfen sie es über die Schulter. Was sonst?
IM AUSLAND ON
TOUR
Geschäftsreisende und Touristen sind gut beraten,
sich vor dem Kofferpacken über die landesübliche Kleiderordnung zu
informieren. Es wäre schade, wenn man Ihnen wegen Ihres im Zielland
als zu lässig oder offenherzig betrachteten Erscheinungsbilds den
Zugang zu Räumen (Kirchen, Moscheen, Museen) verwehren oder in
Entscheidungsgremien die Kompetenz absprechen würde.
Praktische und Lässige tragen auch auf dem Weg zur
Arbeit Freizeitkleidung wie Parka, Anorak und Friesennerz. Traditionelle und
Dynamische wählen eher einen legeren Kurzmantel. Auf jeden Fall lohnt sich
ein Blick in den Spiegel: Lugt unter dem Anorak der Saum des Sakkos hervor,
ist eines von beiden falsch. Da das Bündchen das Sakko zerknittert, ist das
in der Regel der Anorak.
Damen tragen Handtaschen, Herren nicht. Damenhandtaschen
werden – außer von Traditionellen – als Transportmittel betrachtet und daher
– außer bei Traditionellen – nicht mehr auf die Kleidung abgestimmt.
Rucksack oder Diplomatenkoffer? Für umfangreiche Transporte wird nach Ziel
und Zweck entschieden.
Zwanglose Anlässe
Fehlen in Einladungen klare Angaben zum Dresscode,
sind Ihrer Freiheit kaum Grenzen gesetzt. Wünscht sich ein Gastgeber alle
Gäste in Weiß oder Rot, Matrosenlook oder Clownskostüm, gilt: Tun Sie sich
und ihm den Gefallen, spielen Sie mit.
Casual, Smart
Casual, Business Casual: Diese Hinweise spiegeln von Land zu
Land, von Unternehmen zu Unternehmen, von Freundeskreis zu Freundeskreis
verschiedene Vorstellungen wider. Oft weiß nur der Einladende, was gemeint
ist, und manchmal nicht einmal er so ganz genau. Die Toleranzbreite ist
groß, aber endlich. Um auf Nummer sicher zu gehen, tragen Sie der
Einfachheit halber bei den Vermerken
Casual (wörtlich: »leger, lässig«) und Smart Casual (»chic lässig«)
Rock/Hose mit Bluse/Shirt/Hemd und Jackett oder Pullover, als Herr
Loafers oder braune Schnürschuhe, als Dame bequemes Schuhwerk; können
Sie das Umfeld nicht einschätzen, verzichten Sie auf
Jeans.
Business
Casual (»geschäftsmäßig leger«) Geschäftskleidung, als
Herr ohne Krawatte, als Dame mit bequemen Schuhen oder
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