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Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Titel: Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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bleibe ich wach. Bin dem Horror des Geschehenen gnadenlos ausgesetzt. Auch wenn ich die Welt, inklusive Marcel, nur wie durch eine Milchglasscheibe wahrnehme.
    »Ich war in Cochem«, wiederhole ich müde. »Habe … diese schreckliche … Sache … die Schuhe … entdeckt, als ich vorhin zurückkam.«
    »Die Schuhe?«
    »Ja … warum nur habe ich keine längere Decke gekauft? Dann hätte ich …«
    »Was hättest du dann?«
    »Dann hätte ich nicht gleich gewusst, wer da liegt«, flüstere ich.
    »Und das wäre dann nicht so schlimm gewesen?«
    Ich kann nicht antworten. Meine Kehle ist schon wieder zugeschnürt, und mir läuft ein Schauer über den Rücken.
    Marcel wechselt das Thema: »Du hast doch ein Hotelzimmer in Cochem gebucht, Katja. Wieso bist du dann nicht dageblieben?«
    »Nicht ohne dich«, krächze ich.
    »Warum hast du das Waffeleisen angepackt?«
    »Weil es da war. Ich hatte Angst.«
    »Vor David?«
    »Ich dachte, er war es.«
    »Er denkt, du warst es. Für ihn war die Situation ganz eindeutig.«
    »Für mich auch«, flüstere ich. »Der Mörder kommt zurück, um die Leiche wegzuschaffen. Und mich gleich mit. Die Stimme, die klang so bedrohlich …«
    »Wessen Stimme?«
    »Davids …«
    »Deshalb hast du ihn mit der Tatwaffe bedroht? Wegen seiner Stimme?«
    Ich breche in Tränen aus.
    » Doucement «, sagt Marcel. »Atme tief durch. Und dann erzählst du mir alles. Lass alles so raus, wie es dir gerade durch den Kopf geht.«
    Genau diesen Satz habe ich schon einmal gehört. Vor langer Zeit, während meines Zeitungsvolontariats, als ich einem Scharlatan von Psychologen auf die Spur hatte kommen wollen. Der hatte junge Frauen in Abhängigkeit und Hörigkeit getrieben, und dies hatte in einem Fall mit Selbstmord geendet. Überzeugt, gegen seine Methode immun zu sein, hatte ich mich auf seine Couch gelegt, während er auf einem Stuhl außerhalb meines Blickfeldes saß und diesen Satz absonderte. Ich weiß bis heute nicht, wie er es damit geschafft hat, mir sehr viel mehr zu entlocken, als ich in meiner Undercover-Tätigkeit bereit war zu enthüllen. Aber zumindest habe ich daraus gelernt, dass elementar bedeutsame Gespräche auf Augenhöhe zu führen sind.
    Außerdem muss ich sehr schnell herausfinden, in welche der vier offiziellen Vernehmungskategorien mich der belgische Polizeiinspektor eingeordnet hat: Opfer/Zeuge; verdächtig; schwer verdächtig mit eventueller Festnahme; überführt und sofortige Festnahme.
    Ich rappele mich hoch und stecke mir das Kissen in den Rücken. Ungeduldig wische ich die Tränen fort, die mir immer noch aus den Augen stürzen. Und dann sage ich zu meiner eigenen Überraschung tatsächlich, was mir gerade durch den Kopf geht: »Die arme Regine! Das ist alles so furchtbar. Wer tut so etwas? Und warum? Sie hatte doch keine Feinde! Wie sagen wir es Daniel? Was passiert jetzt mit Nicolina?«
    »Nicolina?«
    »Regine hat sich doch immer um sie gekümmert.«
    »Ach so, du meinst eure Grenzgans.«
    Ich habe es geschafft, ihn aus dem Konzept zu bringen. Eilig beteure ich: »Bitte glaub mir, Marcel. Ich war es wirklich nicht!«
    Er verlässt den Hocker, setzt sich auf den Bettrand und nimmt mich in die Arme.
    »Das weiß ich doch, Katja. Du gehörst in die Kategorie eins, Opfer/Zeuge. Ich verdächtige dich doch nicht.«
    »Nein?«, frage ich unsicher. »Und David?«
    »Erst mal auch Kategorie eins. Er war den ganzen Tag und Abend im Restaurant. Die Gudrun auch.«
    »Sie geben sich gegenseitig ein Alibi?«
    »Es waren fast immer Gäste da, sagen sie. Wir werden das natürlich nachprüfen. Außerdem sind beide völlig durcheinander.«
    »Wäre ich auch, wenn ich jemanden umgebracht hätte.«
    Marcel weicht zurück und erhebt sich.
    »Das ist nicht dein Ernst, Katja. Du verdächtigst deine besten Freunde?«
    »Nein«, sage ich hilflos. »Natürlich nicht. Das geht doch gar nicht …« Ich spitze die Ohren, als eine laute Stimme im Flur verlangt, Polizeiinspektor Langer zu sprechen. »Ist das nicht Hein?«
    »Ja«, sagt Marcel. »Und Jupp ist auch da. Meine Kollegen befragen die beiden gerade.«
    »Sie sind also zurück.«
    »Schon am Mittag gekommen. Und haben auch nur ihr gegenseitiges Alibi.«
    »Du verdächtigst deine Freunde?«
    »Wir müssen allem nachgehen«, antwortet er seufzend.
    »Klar doch«, sage ich. »Jupp und Hein tauchen vermutlich ziemlich übernächtigt nach einer langen Reise aus Griechenland auf der Kehr auf und ermorden als erstes Regine?«
    »Ach, Katja. Eher nicht.

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