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Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Titel: Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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schweigt einen Moment, bringt dann hervor: »Ich habe meiner Regine nichts getan! Es geht um etwas anderes. Ich muss es sagen. Aber nur dir. Damit du deine Zeit nicht mit mir verschwendest und den richtigen Mörder findest. So, jetzt ist es raus.«
    Was nur?, frage ich mich.
    »Allez« , sagt Marcel und lässt das Kaffeekochen sein. »Zieh deine Schuhe an, Hermann. Oder das, was Linus von ihnen übrig gelassen hat.«
    Ich bleibe ratlos zurück.
    Wenn im Wein, oder wie in diesem Fall, im Whisky, die Wahrheit liegt, hätte Marcel sie doch sicherlich in der Nacht aus dem trunkenen Hermann herausholen können. Wieso bietet sie der verkaterte Mann erst jetzt an? Weil er ernüchtert erwacht ist. Er hat plötzlich begriffen, dass er sich beim Whisky keinem Freund, sondern einem Polizeiinspektor der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens anvertraut hat. Was ihm in der Nacht bestimmt noch nicht klar war. Mit dem Morgengrauen kam womöglich der Schreck, sich verraten zu haben. Ich weiß ja, dass mich Marcel verdächtigt . Ja, Marcel kann sehr einfühlsam sein. Vor allem bei gedämpftem Licht in der Nähe einer Whiskyflasche.
    Ich kann es nicht fassen. Das vollständige Personal hat sich zu dieser frühen Stunde in der Küche der Einkehr versammelt. Alle Überlebenden, denke ich und blicke auf die Überreste eines toten Tieres auf der blitzblanken Edelstahlanrichte.
    »Was sollte ich machen?«, fragt Jupp und ringt die riesigen Hände. »Der Jagdpächter hat es mir förmlich aufgedrängt.«
    »Wieso?«, frage ich misstrauisch.
    »Ist eine Geschichte unter uns«, weicht er aus. »Jedenfalls hat er uns diese zwei Rehkeulen geschenkt.«
    »Weil du sie übergefahren hast?«, fragt David.
    »Überfahren«, verbessert Gudrun.
    »Dann hätten wir auch den Rücken«, bemerkt Hein. »Und die Innereien.«
    »Das Restaurant ist geschlossen«, sage ich.
    »Dann frieren wir die Keulen eben ein«, erklärt Gudrun. »Jetzt, wo die Hühnersuppe endlich weg ist, haben wir ja wieder Platz.«
    »Das Restaurant bleibt geschlossen«, sage ich.
    »Für wie lang?«, fragt Hein vorsichtig.
    Ich sehe sie alle an. Gudrun, David, Hein und Jupp. Vier Menschen, mit denen ich ein gutes Stück Weges gegangen bin. Der aber jetzt sein Ende erreicht hat. Das schulde ich meinen Freunden und der einstmals so friedlichen Eifel, die mir ein Zuhause gegeben hat. Nur vorübergehend. Denn jetzt muss ich sie verlassen.
    Hier weiterhin leben zu bleiben könnte bedeuten, dass noch mehr Menschen sterben müssen. Ich bin offensichtlich der Auslöser für all das Böse, das uns in den vergangenen Jahren heimgesucht hat. Wie sollte es denn anders zu erklären sein, dass eine Tragödie der nächsten folgt, seitdem ich mich auf die Suche nach meinen Eifeler Wurzeln begeben habe? Und jetzt hat das Schicksal sogar in unseren eigenen Reihen zugeschlagen. In meinem eigenen Haus. In meinem Freundeskreis. Grund genug, das Restaurant zu schließen und sich die Eifel von mir erholen zu lassen.
    »Für immer«, sage ich. »Ich ziehe fort.«
    Langes Schweigen. Das irgendwann durch das Kreischen einer Motorsäge in der Ferne unterbrochen wird. Und dann reden Hein, Jupp und Gudrun plötzlich durcheinander. Nur David sagt nichts.
    »Kannst du nicht machen!«
    »Verstehe, Katja, all diese furchtbaren Geschichten. Da muss man drüber nachdenken. Aber wo willst du nur hin?«
    »Ja, ja, ist alles sehr scheußlich. Bloß nicht drüber nachdenken. Wird schon wieder.«
    »Nichts wird wieder«, entgegne ich Gudrun. »Wie sollte es denn? Regine ist tot. Es ist vorbei. Alles.«
    Sie streichelt ihren Bauch, in dem gerade etwas anfängt, und sagt mit kleiner Stimme: »Aber was wird dann aus uns?«
    »Und aus denen da?«, fragt Jupp und nickt zu den Rehkeulen hin.
    Jede mindestens drei Kilo. An ihnen könnte ich das Niedrigtemperaturgaren ausprobieren. Sollte es wirklich möglich sein, bei nur siebzig Grad das Fleisch in etwa fünfzehn Stunden gar zu kriegen? Wie es Regines Internetmann vorgeschlagen hatte, der Mann, den sie eigentlich gar nicht hatte sehen wollen, mit dem sie, Gudrun und David aber dennoch einen fröhlichen Abend verbracht hatten. Dieser Internetmann hatte behauptet, nichts mache Fleisch zarter, als wenn man es unendlich lange unendlich niedriger Temperatur aussetze. Der Internetmann, den Gudrun für Regine geordert hatte. Die jetzt tot ist. Die davor mit diesem Mann so nett übers Kochen und das Leben auf dem Land geplaudert haben soll. Regine sei nicht sein Typ gewesen, hatten

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