Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)
Wäre gut für die Soße.«
Niemand widerspricht.
Ich staune, wie schnell alles plötzlich wieder in geordneten Bahnen zu fließen scheint. Und mühe mich, meinen Argwohn und Marcels bösen Satz zu verdrängen: Das schränkt den Kreis der Tatverdächtigen doch immens ein .
In meiner Restaurantküche wird wieder geschimpft, geflucht, sich gegenseitig im Weg gestanden und gemeinsam geschnippelt, gebrutzelt und sogar gelegentlich gelacht. Auf einmal herrscht wieder eine Normalität, die ich seit Wochen nicht mehr für möglich gehalten hätte. Wir sind endlich wieder ein Team. Und wir kochen für uns.
Dennoch muss ich ständig an Hermann denken. Der Marcel gerade etwas Wichtiges erzählt, was er ihm in der Nacht und mir am Morgen verschwiegen hat. Schlimm, dass ich einem verkaterten übernächtigten Mann, dem ich in meinem eigenen Haus relativ freundlich zugewandt gewesen war, dieses Geheimnis nicht habe entlocken können. Ich lasse nach. Warum nur besteht er auf einer offiziellen Aussage? Er hat Regine nicht umgebracht, sagt er, aber irgendeine sachdienliche Information zur Tat hat er offenbar zurückgehalten.
Nur welche? Wenn er sich wirklich die ganze Zeit in Meerfeld aufgehalten hat, kann er nichts über den Mord wissen. Wer steht ihm nahe? Wen könnte er schützen wollen? Vielleicht seine Schwester? Ist die puppengesichtige Frieda doch nicht die patente alte Dame, als die ich sie erlebt habe, sondern eine ganz kühl berechnende Frau? Die ihren kleinen Bruder nicht loslassen kann und darum die Konkurrenz um dessen Zuwendung erschlagen hat? Könnte Geschwisterliebe wirklich so weit gehen? Als Einzelkind kann ich mir dazu kein Urteil erlauben.
Nur wie hätte Frieda Regine ermorden können, wenn sie zum Zeitpunkt der Tat in ihrem Haus von der Leiter gefallen und kurz darauf nachweislich im Prümer Krankenhaus aufgenommen worden ist?
»Mensch, Katja, pass doch auf«, schimpft Gudrun, als ich gedankenlos das heiße Ofenblech anfasse, auf das sie gerade Kartoffelschnitze mit Rosmarin verteilt hat. »Wo bist du nur mit deinen Gedanken!«
»Bei Marcel«, sage ich, weil sie das bestimmt verstehen wird.
»Der gerade was macht?«, erkundigt sich Hein.
»Er vernimmt Hermann.« Dann berichte ich von meinem Morgen und meinen Zweifeln.
»Nein«, sagt Jupp, als ich geendet habe. »Ich kenne Hermann kaum, aber ich bin ganz sicher, dass er Regine nicht umgebracht hat.«
»Es war die Schwester«, beißt sich Gudrun wieder an ihrer Lieblingstäterin fest, »die war eifersüchtig auf Regine.«
»Vielleicht war sie eifersüchtig«, sage ich, »aber sie hat Regine nicht ermordet.«
»Genau«, stimmt David zu. »Eine clever lady , sieht man schon an den Augen, immer wachsam. Die hat andere Methoden, ein Liebchen vom Bruder loszuwerden, als mit Waffeleisen, sure .«
»Vor allem hat die Frau ein unschlagbares Alibi«, füge ich hinzu. »Sie kann schlecht gleichzeitig in einem Haus von der Leiter fallen und in einem anderen Regine erschlagen.«
»Wieso Leiter?«, fragt Gudrun misstrauisch.
»Weil sie die Gardinen zum Waschen abhängen wollte. Plumps, lag sie auf dem Boden und konnte sich nicht mehr rühren. Ist zum Glück von Herrn Meissner direkt ins Krankenhaus gebracht worden.« Ich sehe Gudrun eindringlich an. »Und zwar ungefähr zu der Zeit, als Regine in meinem Haus ermordet wurde.«
Gudrun schüttelt den Kopf. »Wer wäscht schon im Winter Gardinen?«
Und dann fahren alle Köpfe hoch. Die Tür der Einkehr ist zugeschlagen.
»Ich bin wieder da!«, ruft Jakob Perings.
Nicht allein. Er ist mit Petronella Schröder tatsächlich den ganzen Weg von Krewinkel auf die Kehr hinaufgestapft. Die beiden haben zwar rote Gesichter, wirken aber nicht sonderlich erschöpft. Ganz schön zäh, die alten Herrschaften.
»Wir müssen über eure Gans reden«, sagt Perings so eindringlich, als hätten wir keine anderen Sorgen.
Die Gans. Mir läuft es heiß und kalt über den Rücken. Ich habe das Viech weder gestern noch heute gefüttert, es sozusagen gänslich vergessen. Wahrscheinlich hätte ich das schneeweiße Tier in der winterlichen Landschaft nicht einmal sehen können, wenn es vor meinem Fenster verzweifelt auf und ab paradiert wäre. Ich habe es auch nicht schnattern hören. Vielleicht ist es sogar schon tot? Erstarrt vor Kälte und Lieblosigkeit?
Wenigstens diese Sorge nimmt mir Jakob Perings.
»Wir haben die Gans eben besucht und ihr Apfelschnitze mitgebracht.«
»Ich sollte sie den Winter über wohl ins Haus nehmen«,
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