Knochen zu Asche
dabei die Hose am Hintern zerriss. Als sich ein Verhafteter im Fond seines Wagens erleichterte.
Die Unterhaltung war anregend und freundlich. Und verdammt brüderlich. Kein Wort über die Vergangenheit oder die Zukunft. Kein Körperkontakt. Der Einzige, der über Sex redete, war Charlie.
Um halb elf stand Ryan auf. Ich brachte ihn zur Tür, und in meinem Hirn schrie jede Zelle, dass das, was ich mir gerade überlegte, eine verdammt schlechte Idee sei. Männer hassen es, gefragt zu werden, was sie fühlen. Ich hasse es ebenfalls.
Nicht zum ersten Mal ignorierte ich den Rat meines Instinkts.
»Rede mit mir, Ryan.« Ich legte ihm die Hand auf den Arm.
»Im Augenblick ist Lily …«
»Nein«, unterbrach ich ihn, »es geht um mehr als nur um Lily.«
Die kornblumenblauen Augen wichen meinem Blick aus. Ein Herzschlag verging. Dann: »Ich glaube nicht, dass du über deinen Mann schon hinweggekommen bist.«
»Pete und ich sind seit Jahren getrennt.«
Schließlich schaute Ryan mir in die Augen. Ich spürte, wie mein Magen sich verkrampfte.
»Wesentliches Wort«, sagte er. »Getrennt.«
»Ich hasse Anwälte und Papierkram.«
»Du warst ein ganz anderer Mensch, als du mit ihm zusammen warst.«
»Der Mann war angeschossen worden.«
Ryan erwiderte nichts.
»Mein Familienstand hat dir nie etwas ausgemacht.«
»Nein. Hat er nicht.«
»Warum jetzt?«
»Ich habe euch beide zusammen gesehen.«
»Und da du es jetzt gesehen hast?«
»Sehe ich, wie viel dir an ihm noch liegt.« Bevor ich antworten konnte, fügte Ryan hinzu: »Und wie viel es mir ausmacht. «
Das verblüffte mich. Im ersten Augenblick wusste ich nicht, was ich sagen sollte.
»Und jetzt?«
»Ich versuche, darüber hinwegzukommen.«
»Wie läuft’s?«
»Nicht gut.«
Und damit war er verschwunden.
Als ich im Bett lag, stritten in mir die Gefühle.Verärgerung über das Gefühl, dass Ryan mich übertölpelt hatte. Die ganze Fragerei. Und dann das verkrampfte Bemühen, alles unbeschwert zu halten.
Wut darüber, dass Ryan den beleidigten Cowboy spielte, dem man Unrecht getan hatte.
Aber ein stichhaltiges Argument hatte Ryan. Warum ließ ich mich nicht von Pete scheiden?
Es dauert sehr lange, bis ich mich verletzt fühle, Beleidigungen kann ich bis in alle Ewigkeit abspeichern. Ryan ist das genaue Gegenteil, er ist schnell beleidigt, kann aber ebenso schnell wieder verzeihen. Wir beide verstehen die Signale des anderen sehr gut.
Ryan war Lichtjahre darüber hinaus, nur gekränkt oder verstimmt zu sein. Seine Signale waren unmissverständlich.
Deshalb empfand ich vorwiegend Traurigkeit. Ryan löste sich von mir.
Eine Träne quoll mir aus dem Augenwinkel.
»Okay, Cowboy«, sagte ich laut in meinem einsamen Bett. »Adiós.«
7
Harry lebt in Texas, seit sie die Highschool in der Abschlussklasse verließ. Lange Geschichte. Kurze Ehe. Was sie sich unter telefonischer Etikette vorstellt, sieht ungefähr so aus: Ich bin wach. Ich will reden. Ruf zurück.
Die Welt im Fenster färbte sich eben grau, als mein Handy klingelte.
»Bist du wach?«
Ich schaute auf die Uhr. Viertel nach sechs. Wie ein Pilotwal braucht Harry ungefähr fünf Stunden Schlaf pro Nacht.
»Jetzt schon.«
Meine Schwester ließ sich einmal ein Motto auf ein T-Shirt drucken: »Nie beschweren, nie erklären.« Während sie den ersten Teil nicht ganz so ernst nimmt, ist sie Weltklasse beim zweiten, sie folgt nur ihren Launen und entschuldigt sich nie für das Ergebnis.
Das tat sie auch jetzt nicht.
»Ich fahre auf die Canyon Ranch.« Harry ist blond und langbeinig und gibt sich alle Mühe, wie dreißig auszusehen. Und obwohl sie diese Grenze schon vor einem Jahrzehnt überschritten hat, gelingt ihr das, in den richtigen Klamotten und im richtigen Licht, sogar.
»Das ist das wievielte Wellnesscenter in diesem Jahr?«
»Der Hintern ist schlaff, und die Titten hängen. Muss Sprossen essen und Eisen stemmen. Komm mit.«
»Ich kann nicht.«
»Ich verkaufe das Haus.«
Der abrupte Themenwechsel überrumpelte mich. »Oh.«
»Arschgesicht war ein unverzeihlicher Fehler.«
Ich nahm an, dass Arschgesicht Ehemann Nummer fünf war. Oder sechs? Ich suchte nach einem Namen. Donald? Harold? Ich gab es wieder auf.
»Ich glaube, ich habe schon mal angedeutet, dass der Mann nicht gerade ein wahr gewordener Mädchentraum ist.«
»Du hast angedeutet, dass er blöd ist,Tempe. Arnoldo ist nicht blöd. Das Problem ist, er hat nur eine Saite auf seiner Fiedel.«
Harry liebt Sex. Harry ist
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