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Knochen zu Asche

Knochen zu Asche

Titel: Knochen zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Vegetation.

    Das Kind war in pink geblümten Jeans, einem pinkfarbenen Kapuzenshirt und pinkfarbenen Turnschuhen begraben worden. Karottenrote Ringelzöpfchen hingen noch an dem schmutzverkrusteten Totenschädel. Die Zähne waren in dem Stadium zwischen Kind und Erwachsenem.
    Wir alle hatten plötzlich diesen Schnappschuss wieder vor uns. Aus der Vermisstenanzeige, die Anne Girardins Mutter aufgegeben hatte.
    Niemand sagte etwas. Niemand musste etwas sagen.
    Wir wussten alle, dass wir Anne gefunden hatten.
     
    Ich bat Ryan, mich ins Institut zu fahren. Er meinte, das sei verrückt, meine Untersuchung könne auch bis Freitag warten. Daddy sei tot. Und Mommy zu finden, könnte einige Zeit dauern.
    Denkste. Keine Benachrichtigung der nächsten Verwandten ohne offizielle Identifikation. Als Mutter kannte ich die Angst, die Adelaide Girardins Tage beherrschte. Ich wollte vorbereitet sein.
    Hippo blieb am Fundort, um Chenevier und Pasteur bei der Untersuchung des Wohnwagens zu helfen. Ryan fuhr mich zum Wilfrid-Derome . Von unterwegs rief ich Lisa, die Autopsietechnikerin, an. Sie erklärte sich bereit, Überstunden zu machen. Ich bat sie herauszufinden, ob Anne Girardins Zahnbefunde in der Akte waren. Und Marc Bergeron anzurufen, den Odontologen des LSJML.
    Außerdem rief ich Harry an, berichtete ihr von den Ereignissen des Tages und sagte ihr, dass unsere kulinarischen Kapriolen warten müssten. Sie fragte mich, wann ich nach Hause kommen würde. Spät. Ich hasste es, sie so lange allein zu lassen. Was, wenn das Paar, das sich nach meiner Wohnung erkundigt hatte, mehr als nur die Immobilie im Sinn hatte? Was, wenn der anonyme Anruf wirklich eine Drohung gewesen war?
    Harry bot an, etwas zum Mitnehmen zu holen, wenn ich
so weit wäre. Ich dankte ihr und schärfte ihr ein, immer die Alarmanlage einzuschalten. Ich konnte mir dabei gut vorstellen, wie sie die Augen verdrehte.
    Das Mädchen war schon in der Leichenhalle, als ich ankam. Man hatte ihm die Fallnummer LSJML #57836-07 zugewiesen. Röntgenaufnahmen des Gebisses lagen bereits vor.
    Die Leute glauben, dass Ätzkalk die Verwesung beschleunigt. Sie irren sich. Kalziumoxid überdeckt nur den Fäulnisgestank. Und schreckt Aasfresser ab.
    Aber die Zeit nimmt sich das Fleisch vor. Obwohl an den Überresten keine Fraßspuren von Tieren zu erkennen waren, war die Skelettierung doch komplett. Absolut kein Bindegewebe mehr.
    Lisa fotografierte, während ich die verfaulten Kleidungsstücke entfernte und sie auf der Arbeitsfläche auslegte. Kapuzenshirt. Jeans. Sport-BH mit verstellbaren AAA-Körbchen. Baumwollschlüpfer mit Barbie-Muster.
    Ich war sehr gefasst gewesen. Trotz der Traurigkeit und der Erschöpfung. Aber die Unterwäsche traf mich hart. Barbie-Schlüpfer und BH. Klettergerüst und Lippenstift. Ein Mädchen an der Schwelle zur Frau. Der Anblick war herzzerreißend.
    »Gut, dass der Mistkerl tot ist, was?« Lisa warf mir einen Blick zu, der so schwer war wie ein Grabstein. Ich merkte, dass sie sich so elend fühlte wie ich.
    »Ja«, sagte ich.
    Konzentrier dich, dachte ich, während ich die Knochen auf dem Autopsietisch arrangierte.
    Lisa fotografierte, während ich meine Untersuchungen vornahm.
    Die Schädel- und Gesichtsmerkmale des Mädchens deuteten auf kaukasoide Abstammung hin.
    DieVerschmelzung der Sitz- und Schambeinäste des Beckens deutete auf ein Alter über acht hin. Das Fehlen eines winzigen runden Knochens an der Basis des Daumens, ein Sesambein,
deutete auf ein Alter vor der Pubertät hin. Die Entwicklung der Röhrenknochen deutete auf ein Alter zwischen neun und zehn Jahren hin.
    Die Geschlechtsbestimmung ist bei Kindern nicht präzise zu leisten. Obwohl Kleidung und Zöpfchen ein Mädchen vermuten ließen, übersprang ich diesen Teil des biologischen Profils.
    Bergeron rief an, als ich mir eben letzte Notizen machte. Er war oben und hatte Anne Girardins prämortale Zahnbefunde. Sie entsprachen den dentalen Röntgenaufnahmen der Überreste.
    Keine Überraschung.
     
    Es war schon fast zehn, als ich schließlich nach Hause kam. Nachdem ich geduscht hatte, aßen Harry und ich etwas Thailändisches aus dem Restaurant an der Ecke, und gleich danach entschuldigte ich mich. Sie verstand und bedrängte mich nicht.
    Auch in dieser Nacht widersetzte mein Hirn sich dem Schlaf. Als ich schließlich eindöste, stolperte ich durch eine Landschaft unzusammenhängender Träume. Anne Girardin. Évangéline. Das Skelett von Sheldrake Island, Hippos Mädchen. Pawleys

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