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Knochen zu Asche

Knochen zu Asche

Titel: Knochen zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Filmspule zu sehen und darunter eine Liste mit einem Dutzend titelloser Einträge. Ziffern gaben die Spieldauer der einzelnen Clips an. Die meisten waren zwischen fünf und zehn Minuten lang.
    »Der USB-Drive enthält Videodateien, einige kurz, andere mit einer Spieldauer von bis zu einer Stunde. Ich habe noch nichts aufgemacht, weil ich mir dachte, Sie wollen als Erste reinschauen. Außerdem dachte ich mir, dass Sie vielleicht mit den kürzeren Clips anfangen wollen.«
    »Legen Sie los.« In Ryans Stimme lag kein bisschen Humor mehr.
    »Das ist jungfräuliches Gelände, Leute.« Lesieur doppelklickte auf den ersten Eintrag.

    Die Bildqualität war schlecht, die Dauer sechs Minuten. Der Clip zeigte Dinge, die ich nie für möglich gehalten hätte.

31
    Das Video war mit einer einzigen Handkamera aufgenommen worden. Ton war nicht vorhanden.
    Ein Raum wie in einem billigen, kakerlakenverseuchten Motel. Ein Nachttisch aus Holzimitat. Auf dem Doppelbett eine karierte Steppdecke. Ein haardünner Schatten fällt von einem Nagel über dem Kopfbrett nach unten.
    Normalerweise hätte mein Hirn mit dieser Szenerie gespielt. Was war dort entfernt worden? Grässlicher Massenwarenkitsch? Biertrinkende Hunde, die Karten spielen? Irgendetwas, das einen Hinweis auf den Namen oder die Adresse des Motels gibt?
    Diesmal keine Spekulationen. Alle meine Sinne waren auf das Grauen konzentriert, das sich in der Bildmitte abspielte.
    Ein Mädchen liegt auf dem Bett. Sie ist blass und hat seidige, weizenblonde Haare. Große Schleifen halten das Ende ihrer Zöpfe.
    Mir stockte der Atem.
    Das Mädchen ist nackt. Sie kann nicht mehr als acht Jahre alt sein.
    Das Mädchen stützt sich auf die Ellbogen und wendet ihr Gesicht etwas zu, das sich neben oder hinter der Kamera befindet. Ihr Blick huscht am Objektiv vorbei. Die Pupillen sind Höhlen, der Blick leer.
    Das Mädchen spürt jemanden näher kommen und hebt das Kinn. Ein Schatten kriecht über ihren Körper.
    Das Mädchen schüttelt den Kopf und senkt die Lider. Eine Hand kommt ins Bild und legt sich auf seine Brust. Das Mädchen lässt sich zurücksinken und schließt die Augen. Der Schatten bewegt sich auf ihrem Körper nach unten.

    Widersprüchliche Reflexe schossen mir durch die Nerven.
    Schau weg!
    Bleib! Hilf dem kleinen Mädchen!
    Mein Blick blieb auf dem Monitor kleben.
    Ein Mann kommt ins Bild. Man sieht nur seinen nackten Rücken. Die Haare sind schwarz und im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst. Häßliche, rote Pickel sprenkeln seinen Hintern. Die Haut um sie herum hat die Farbe von Eiter.
    Meine Finger suchten sich, umklammerten sich fest. Mir wurde fast schwindlig, so sehr graute mir vor dem Albtraum, der sich gleich abspielen würde.
    Der Mann packt das Mädchen bei den Handgelenken und hebt ihre schwachen, kleinen Arme. Ihre Brustwarzen sind Punkte auf den geschwungenen Schatten, die sich auf ihrem Brustkorb abzeichnen.
    Ich schaute nach unten. Meine Nägel hatten Sicheln in die Handrücken gegraben. Ich atmete zwei Mal tief durch und schaute wieder auf den Monitor.
    Das Kind wurde umgedreht. Sie liegt jetzt auf dem Bauch, hilflos und stumm. Der Mann ist aufs Bett geklettert. Er kniet. Er steigt auf sie.
    Ich sprang hoch und stürzte aus dem Zimmer. Kein bewusster Gedanke. Ein limbischer Impuls direkt an die Neuronen der Muskeln.
    Hinter mir hörte ich Schritte. Ich drehte mich nicht um.
    Im Gang stand ich, die Arme um die Brust geschlungen, vor einem Fenster. Ich brauchte die Wirklichkeit als Orientierung. Die Silhouette der Stadt. Sonnenlicht. Beton.Verkehr.
    Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter.
    »Alles okay mit dir?«, fragte Ryan leise.
    Ich antwortete, ohne mich zu ihm umzudrehen. »Diese Schweinehunde. Diese perversen Schweinehunde.«
    Ryan erwiderte nichts.
    »Wozu? Für ihre eigene, perverse Befriedigung? Ein unschuldiges Kind so quälen, nur damit sie in Stimmung kommen?
Oder ist es in Wahrheit für die Befriedigung eines Publikums? Gibt es da draußen so viele Perverse, dass ein Markt für Videos von so abscheulicher Verderbtheit existiert?«
    »Wir kriegen sie.«
    »Diese Degenerierten verpesten die Welt. Sie haben es nicht verdient, auf diesem Planeten zu atmen.«
    »Wir kriegen sie.« Ryans Stimme merkte man den Abscheu an, den er empfand.
    Eine Träne sickerte durch meine Wimpern. Ich wischte sie mit dem Handrücken weg.
    »Wen kriegen, Ryan? Den Saukerl, der diesen Mist produziert hat? Die Pädophilen, die ihn kaufen, um ihn sich anzusehen, zu

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