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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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zu. Die Opfer werden herangekarrt und in der Leichenhalle aufbewahrt, um am Montag obduziert zu werden.
    Dieser Montag war keine Ausnahme. Ich holte mir einen Kaffee und ging zur morgendlichen Besprechung in LaManches Büro. Natalie Ayers war bei einem Mordprozeß in Val d’Or, aber alle anderen Pathologen waren anwesend. Jean Pelletier war eben von einer Zeugenaussage in Kuujjuaq zurückgekehrt. Er zeigte Emily Santangelo und Marcel Morin seine Schnappschüsse. Ich stellte mich dazu.
    Kuujjuaq sah aus, als wäre es erst am Abend zuvor herangeschafft und zusammengebaut worden.
    »Was ist das?« fragte ich und deutete auf ein Fertigteilgebäude mit Kunststoffaußenhaut.
    »Das Aqua-Center.« Er zeigte auf ein sechseckiges Schild mit fremden Schriftzeichen oben und der Aufschrift Arrêt in fetten weißen Buchstaben darunter. »Alle Schilder sind in Französisch und Inuktituk.« Sein Akzent war so stark, daß er für meine Ohren ebensogut letzteres hätte sprechen können. Ich kannte ihn seit Jahren und hatte noch immer Probleme, sein Französisch zu verstehen.
    Pelletier deutete auf ein anderes Fertighaus. »Das ist das Gerichtsgebäude.«
    Es sah aus wie das Schwimmbad, nur ohne Kunststoff. Hinter der Stadt erstreckte sich grau und öde die Tundra, eine Serengeti aus Steinen und Moos. Ein ausgebleichtes Karibu-Skelett lag am Straßenrand.
    »Kommt das häufig vor?« fragte Emily und betrachtete das Karibu.
    »Nur wenn sie tot sind.«
    »Wir haben heute acht Autopsien«, sagte LaManche und verteilte den Dienstplan. Dann ging er einen Fall nach dem anderen durch. Ein Neunzehnjähriger war von einem Zug überrollt und zweigeteilt worden. Passiert war es an einer verbarrikadierten Eisenbahnbrücke, einem beliebten Treffpunkt von Teenagern.
    Ein Schneemobil war auf dem Lac Megantic durch die Eisdecke gebrochen. Zwei Leichen wurden geborgen. Verdacht auf Alkoholeinfluß.
    Ein Kleinkind war tot und verwest in seinem Bettchen aufgefunden worden. Mama, die unten fernsah, als die Polizei eintraf, sagte, daß Gott ihr vor zehn Tagen befohlen habe, das Baby nicht mehr zu füttern.
    Auf dem McGill-Campus war hinter einem Müllcontainer ein nicht identifizierter weißer Mann gefunden worden. Und drei Leichen waren nach einem Brand in einem Wohnhaus in St. Jovite geborgen worden.
    Pelletier erhielt das Kleinkind zugewiesen. Er ließ durchblicken, daß er möglicherweise eine anthropologische Konsultation benötigen werde. Die Identität des Babys stand zwar außer Frage, Ursache und Zeitpunkt des Todes konnten jedoch problematisch werden.
    Santangelo erhielt die Leichen aus dem Lac Megantic, Morin den Zug- und den Müllcontainerfall. LaManche würde die Autopsien an den Leichen aus dem Schlafzimmer in St. Jovite durchführen. Und ich sollte mich um die Knochen aus dem Keller kümmern.
    Nach der Besprechung ging ich in mein Büro und legte eine Akte an, indem ich die Informationen der Aufnahmekarte auf ein Fallformular der anthropologischen Abteilung übertrug. Name: Inconnu. Unbekannt. Geburtsdatum: leer. Laboratoire de Médecine Légale-Num mer: 31013. Leichenhalle-Nummer: 375. Polizei-Aktenzeichen: 89041. Pathologe: Pierre LaManche. Amtlicher Leichenbeschauer: Jean-Claude Hubert. Ermittler: Andrew Ryan und Jean Bertrand, Escouade de Crimes Contre La Personne, Sûrete du Québec.
    Ich fügte das Datum hinzu und heftete das Formular in einen Aktenordner. Jeder von uns benutzt eine andere Farbe. Pink ist Marc Bergeron, der Odontologe. Grün ist Martin Levesque, der Radiologe. LaManche benutzt rot. Ein leuchtend gelber Ordner bedeutet Anthropologie.
    Nachdem ich den Zugangscode eingetippt hatte, stieg ich in den Aufzug und fuhr in den Keller. Dort bat ich eine Autopsietechnikerin, LML 31013 in Saal 3 zu bringen, und ging mich umziehen.
    Die vier Autopsiesäle des Laboratoire du Médecine Légale grenzen an die Leichenhalle an. Das LML ist zuständig für erstere, das Bureau du Coroner für letztere. Der Autopsiesaal 2 ist der größte und enthält drei Tische. Die anderen haben jeweils einen. Nummer 4 ist mit einem speziellen Lüftungssystem ausgestattet. Ich arbeite oft dort, weil viele meiner Fälle alles andere als frisch sind. An diesem Tag überließ ich Nummer 4 Pelletier und dem Baby. Verkohlte Leichen riechen nicht besonders streng.
    Als ich Saal 3 betrat, lagen einen schwarzer Leichensack und vier Plastikbehälter auf einer Bahre. Ich zog den Deckel von einer der Dosen, entfernte das Polstermaterial und kontrollierte die

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