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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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»Warum sind Sie so an Anna interessiert?«
    »Das bin ich eigentlich gar nicht. Ich bin hier, um ein paar Bücher abzuholen, die Dr. Jeannotte für mich herausgesucht hat. Aber ich bin eine Freundin von Annas Tante, und ich weiß, daß ihre Familie sich Sorgen macht, weil sie seit Mittwoch nicht mehr gesehen wurde.«
    Sie schüttelte den Kopf und griff nach der nächsten Zeitschrift. »Sie tun gut daran, sich Sorgen um Anna zu machen. Sie ist ein komisches Mädchen.«
    »Komisch?«
    Sie stellte die Zeitschrift ins Regal und drehte sich zu mir um. Sie sah mich lange und prüfend an.
    »Sie sind eine Freundin der Familie?«
    »Ja.« In gewisser Weise.
    »Sie sind keine Ermittlerin oder Reporterin oder sonst was?«
    »Ich bin Anthropologin.« Wahr, aber nicht ganz präzise. Ich dachte mir nur, daß ein Vergleich mit Margaret Mead oder Jane Goodall vielleicht vertrauenerweckender wirken würde. »Ich frage nur, weil Annas Tante mich heute vormittag angerufen hat. Und als sich dann herausstellte, daß wir beide über dieselbe Person sprechen…«
    Sandy ging durchs Büro, schaute kurz in den Korridor und lehnte sich dann neben der Tür an die Wand. Es war offensichtlich, daß ihre Größe sie keineswegs verlegen machte. Sie hielt den Kopf hoch erhoben und bewegte sich mit langen, trägen Bewegungen.
    »Ich will nichts sagen, was Anna den Job kosten könnte. Oder mich den meinen. Bitte sagen Sie niemandem, woher Sie das haben, vor allem Dr. Jeannotte nicht. Sie hätte es bestimmt nicht gern, wenn ich über ihre Studentinnen rede.«
    »Sie haben mein Wort.«
    Sie atmete tief durch. »Ich glaube, daß Anna völlig durcheinander ist und Hilfe braucht. Und das sage ich nicht nur, weil ich dauernd für sie einspringen muß. Anna und ich waren befreundet, zumindest waren wir letztes Jahr ziemlich oft zusammen. Dann veränderte sie sich. Ist irgendwie durchgeknallt. Ich überlege mir schon eine ganze Weile, ob ich ihre Mutter anrufen soll. Irgend jemand sollte Bescheid wissen.«
    Sie schluckte und verlagerte das Gewicht auf den anderen Fuß. »Anna verbringt ihre halbe Zeit drüben im Beratungszentrum, weil sie so unglücklich ist. Tagelang läßt sie sich überhaupt nicht sehen, und wenn sie mal da ist, ist sie total verschlossen und hängt nur hier rum. Und sie wirkt immer wahnsinnig angespannt, als würde sie gleich von der Brücke springen.«
    Sie hielt inne und sah mir unverwandt in die Augen, als müßte sie eine Entscheidung treffen. Dann: »Ich habe wirklich keine Ahnung, ob es stimmt oder ob ich es überhaupt sagen sollte. Es ist absolut nicht meine Art zu tratschen, aber falls Anna Probleme hat, würde ich mir es nie verzeihen, wenn ich den Mund gehalten hätte.«
    Sie schluckte noch einmal und sah über die Schulter zur Tür hinaus.
    »Eine Freundin hat mir gesagt, daß Anna sich mit einem Satanskult eingelassen hat. Ich weiß nicht, ob…«
    Bei dem Geräusch knarzender Bodendielen ging Sandy sofort wieder ans andere Ende des Büros und nahm einige Zeitschriften in die Hand. Als Daisy Jeannotte eintrat, war sie schon wieder mit Einsortieren beschäftigt.

9
    »Bitte entschuldigen Sie«, sagte Daisy und lächelte herzlich. »Ich scheine Sie immer warten zu lassen. Haben Sie und Sandy sich schon bekannt gemacht?« Ihre Haare waren zum gleichen makellosen Knoten zusammengefaßt wie beim ersten Mal.
    »Ja, das haben wir. Wir haben uns über die Freuden des Einsortierens unterhalten.«
    »Ich verlange das wirklich häufig von ihnen. Kopieren und Einsortieren. Sehr langweilig, ich weiß. Aber Forschungsarbeit ist oft langweilig. Meine Studenten und Helfer sind sehr geduldig mit mir.«
    Sie lächelte Sandy an, die nun ebenfalls ein paar Worte über unsere Unterhaltung sagte und sich dann wieder den Zeitschriften zuwandte. Ich war verblüfft, wie anders Jeannotte sich gegenüber dieser Studentin verhielt, verglichen mit dem, was ich in bezug auf Anna gesehen hatte.
    »Nun, dann will ich Ihnen zeigen, was ich gefunden habe. Ich glaube, es wird Ihnen gefallen.« Sie deutete zum Sofa.
    Nachdem wir uns gesetzt hatten, nahm sie einen Stapel Material von einem kleinen Kupfertisch rechts von ihr und beugte sich über einen zweiseitigen Ausdruck. Ihr Scheitel war eine grellweiße Linie, die ihr Schädeldach in zwei Hälften teilte.
    »Das sind Titel von Büchern über Quebec im neunzehnten Jahrhundert. Ich bin mir sicher, daß Sie in vielen davon die Familie Nicolet erwähnt finden.«
    Sie gab mir die Liste, und ich sah sie an, aber

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