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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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vorstellen, was er bedeutete.

11
    Zwei Stunden später weckte mich Harry. Sie hatte gebadet, die Haare gefönt und was sonst noch zu den Ausbesserungsarbeiten gehörte. Wir zogen uns warm an und machten uns auf den Weg zur Rue Ste. Catherine. Es hatte aufgehört zu schneien, aber eine weiße Decke verhüllte alles und dämpfte ein wenig den Lärm der Stadt. Straßenschilder, Bäume, Briefkästen und geparkte Autos trugen flauschige weiße Hauben.
    Das Restaurant war nicht überfüllt, und wir bekamen sofort einen Tisch. Nachdem wir bestellt hatten, fragte ich Harry nach ihrem Workshop.
    »Es ist unglaublich. Ich habe völlig neue Denk- und Lebensweisen gelernt. Ich meine jetzt nicht irgendwelchen östlichen Mystikquatsch. Und ich rede nicht von Zaubertränken oder Kristallen oder dieser Astralleib-Scheiße. Ich meine, ich lerne, mein Leben in den Griff zu bekommen.«
    »Wie?«
    »Wie?«
    »Wie.«
    »Ich lerne Selbstidentität, ich erhalte Kraft durch spirituelle Erweckung. Ich gewinne inneren Frieden durch ganzheitliche Methoden der medizinischen Vorbeugung und Heilung.«
    »Spirituelle Erweckung?«
    »Versteh mich nicht falsch, Tempe. Das hat nichts mit Wiedergeburt zu tun, wie sie die verdammten Evangelisten zu Hause predigen. Bei uns gibt’s kein Bereuen, kein freudvolles Ansingen des Herrn, kein rechtschaffenes Laufen über glühende Kohlen und das alles.«
    »Inwiefern ist es anders?«
    »Das hat ja alles mit Verdammnis und Schuld zu tun, und daß man sein Los als Sünder akzeptiert und sich in die Hände des Herrn begibt, damit Er sich um einen kümmert. Ich habe das damals den Nonnen schon nicht abgekauft, und achtunddreißig Lebensjahre haben meine Meinung nicht geändert.«
    Harry und ich hatten unsere frühen Jahre in katholischen Schulen verbracht.
    »Es hat damit zu tun, daß ich mich um mich selbst kümmere.« Sie deutete mit manikürtem Finger auf ihre Brust.
    »Wie?«
    »Tempe, willst du mich verarschen?«
    »Nein. Ich will wissen, wie man das macht.«
    »Es geht darum, den eigenen Geist und den eigenen Körper zu verstehen und sich dann selbst zu läutern.«
    »Harry, das sind doch alles nur Schlagworte. Wie macht man das?«
    »Na ja, indem man richtig ißt und richtig atmet – ist dir aufgefallen, daß ich kein Bier bestellt habe? Das ist Teil der Läuterung.«
    »Hast du viel Geld für das Seminar bezahlt?«
    »Ich hab’s dir doch gesagt. Sie haben mir die Gebühren erlassen und mir das Flugticket einfach geschenkt.«
    »Und in Houston?«
    »Ja, natürlich habe ich ein paar Gebühren bezahlt. Ein bißchen was müssen sie ja verlangen. Das sind sehr prominente Leute.«
    In diesem Augenblick kam unser Essen. Ich hatte mir Lamm-Khorma bestellt. Harry aß Gemüsecurry und Reis.
    »Siehst du?« Sie deutete auf ihren Teller. »Für mich kein totes Fleisch mehr. Ich reinige mich.«
    »Wo hast du diesen Kurs entdeckt?«
    »Am North Harris Community College.«
    Das klang seriös.
    »Wann fängst du hier an?«
    »Morgen. Das Seminar dauert fünf Tage. Ich werde dir alles erzählen, wirklich. Ich komme jeden Abend heim und berichte dir ganz genau, was wir gemacht haben. Ist doch okay, daß ich bei dir übernachte, oder?«
    »Natürlich. Ich freue mich wirklich, dich zu sehen, Harry. Und ich bin sehr neugierig auf das, was du machst. Aber ich fliege am Montag nach Charlotte.« Ich suchte im hinteren Fach meiner Handtasche nach dem Reserveschlüssel, den ich dort aufbewahre, und gab ihn ihr. »Du bist herzlich eingeladen, so lange zu bleiben, wie du willst.«
    »Keine wilden Partys«, sagte sie, beugte sich vor und drohte mir mit dem Finger. »Ich habe eine Dame, die auf das Haus aufpaßt.«
    »Ja, Mom«, erwiderte ich. Die fiktive Hauswächterin war vermutlich unser ältester Familienwitz.
    Sie schenkte mir ein strahlendes Harry-Lächeln und steckte die Schlüssel in ihre Jeanstasche.
    »Danke. Aber jetzt genug von mir, ich will dir erzählen, was Kit sich in den Kopf gesetzt hat.«
    In der nächsten halben Stunde redeten wir über das jüngste Projekt meines Neffen. Christopher »Kit« Howard war das Resultat ihrer zweiten Ehe mit Howie Howard. Er war gerade achtzehn geworden und hatte von seinem Vater ein beträchtliches Vermögen geerbt. Kit hatte sich eine Sechzehn-Meter-Segeljacht gekauft, die er jetzt restaurierte. Harry wußte nicht so recht, wozu.
    »Erzähl mir doch noch einmal, wie Howie zu seinem Namen gekommen ist.«
    »Howies Mutter hat sich gleich nach seiner Geburt aus dem Staub gemacht und

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