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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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setzen. Colker gab mir die Nummer, und ich legte auf.
    »Allons-y«, sagte ich zu den anderen.
    »Allons-y«, wiederholte der Sheriff, griff nach seinem Hut und setzte ihn auf.
    Wir fuhren auf dem Highway 21 von Beaufort nach Lady’s Island, überquerten den Cowan’s Creek nach St. Helena und fuhren einige Kilometer geradeaus weiter. Bei der Eddings Point Road bogen wir links ab und fuhren an langen Reihen von verwitterten Holzhäusern und aufgebockten Wohnwagen vorbei. Plastikfolie war vor Fensteröffnungen gespannt, und Veranden hingen durch unter dem Gewicht mottenzerfressener Sessel und alter Gerätschaften. In den Höfen sah man Schrottautos und Ersatzteilstapel, provisorische Schuppen und verrostete Faulbehälter. Hier und dort boten handgeschriebene Schilder Kohl, Wachsbohnen oder Ziegen an.
    Bald darauf beschrieb die Asphaltstraße eine scharfe Linkskurve, und vor uns lagen zwei sandige Feldwege, der eine geradeaus, der andere nach rechts. Baker bog ab, und wir fuhren in einen langen, schattigen Tunnel. Virginia-Eichen mit moosbewachsenen Borken und Ästen, die sich wie die Kuppel einer grünen Kathedrale über uns wölbten, säumten die Straße. Links und rechts verliefen schmale Gräben mit algenbedecktem Wasser.
    Mit leise knirschenden Reifen fuhren wir vorbei an weiteren Wohnwagen und heruntergekommenen Häusern, einige mit Windrädchen aus Plastik oder Holz, andere mit Hühnern, die in den Höfen scharrten. Bis auf die Baujahre der zerbeulten Autos sah die ganze Gegend so aus, wie sie in den Dreißigern ausgesehen haben mußte. Und in den Vierzigern. Und den Fünfzigern.
    Nach fünfhundert Metern ging links die Adler Lyons ab. Baker bog ab und fuhr fast bis zum Ende. Auf der linken Straßenseite standen moosbewachsene Grabsteine im Schatten von Eichen und Magnolien. Hier und dort glänzte weiß ein Holzkreuz aus dem Halbdunkel.
    Rechts von uns standen zwei Gebäude, das größere ein zweigeschossiges Farmhaus mit dunkelgrüner Seitenwandung, das kleinere ein Bungalow, dessen früher weiße Tünche jetzt in grauen Schuppen abblätterte. Hinter den Häusern waren Wohnwagen und eine Schaukel zu sehen.
    Eine niedrige Mauer trennte das Grundstück von der Straße. Sie bestand aus auf die Seitenflächen gekippten und aufeinandergestapelten Schlackesteinen, deren Mittelöffnungen Reihen und Schichten kleiner Tunnels bildeten. Aus jeder dieser Öffnungen quollen Ranken und Kletterpflanzen, purpurfarbene Glyzinien wucherten die ganze Mauer entlang. Ein rostiges Metallschild an der Einfahrt verkündete in grell orangefarbenen Buchstaben »Privatbesitz«.
    Knapp fünfzig Meter hinter der Mauer endete die Straße an einem Streifen Marschgras. Hinter dem Gestrüpp lag Wasser von der Farbe stumpfen Zinns.
    »Das dürfte Nr. 435 sein«, sagte Sheriff Baker und deutete auf das größere Haus. »Es war vor Jahren mal ein Anglercamp.« Er nickte in Richtung des Wassers. »Das da ist Eddings Point Creek. Der mündet ein Stückchen weiter oben in den Sund. Ich habe das Grundstück völlig vergessen. Es war jahrelang unbewohnt.«
    Das Anwesen hatte wirklich schon bessere Zeiten gesehen. Die Seitenwandung des Farmhauses war fleckig und mit Schimmel überzogen. Die ehemals weißen Verzierungen blätterten ab und zeigten eine darunterliegende hellblaue Schicht. Eine vergitterte Veranda erstreckte sich über die gesamte Front, und die Gaubenfenster des Obergeschosses ahmten den Winkel des Dachgiebels in verkleinerter Form nach.
    Wir stiegen aus, gingen an der Mauer entlang zurück und traten in die Einfahrt. Dunst hing in der Luft wie Rauch. Ich roch Schlamm und verfaulendes Laub und von weit weg die Andeutung eines Feuers.
    Der Sheriff stieg die Verandastufen hoch, während Ryan und ich auf dem Rasen warteten. Die Innentür war offen, aber es war zu dunkel, um durch das Fliegengitter etwas zu sehen. Baker trat einen Schritt zur Seite und klopfte so heftig, daß die Tür im Rahmen klapperte. Über uns mischte sich Vogelgesang mit dem Rascheln von Palmwedeln. Drinnen glaubte ich ein Baby schreien zu hören.
    Baker klopfte noch einmal.
    Einen Augenblick später hörten wir Schritte, dann erschien ein junger Mann an der Tür. Er hatte Sommersprossen und rote, lockige Haare und trug eine blaue Latzhose und ein kariertes Hemd. Willkommen in Hillbilly Country.
    »Ja?« Er sprach durch das Fliegengitter, sein Blick huschte zwischen uns dreien hin und her.
    »Wie geht’s?« fragte Baker.
    »Gut.«
    »Schön. Ich bin Harley Baker.«

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