Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)
muskulöse nackte Brust und seinen Bauch. Nachdem ich ihn geweckt habe, tun wir, worauf wir Lust haben, ohne ein Wort zu wechseln.
Nach dem Höhepunkt duschen wir und fangen noch einmal von vorn an. Heißes Wasser prasselt auf uns herunter, und er ist hart, ja, beinahe zornig. Unsere Begierde ist so wie damals, als wir gelogen und betrogen und verzweifelt versucht haben, das zu befriedigen, was hinter unserer Fassade der Gelassenheit tobte, eine Erlösung, die nie von langer Dauer war. Früher konnten wir die Finger nicht voneinander lassen und nicht genug bekommen, und das will ich zurück.
»Wo warst du?«, frage ich, die Lippen an seine gelegt. Er schiebt mich an die nassen Fliesen. Das Wasser rauscht laut. Ich wiederhole die Frage.
Er sagt mir, dass er da ist, ohne es auszusprechen. Ich bin auch hier, und ich gehöre ihm, daran besteht kein Zweifel. Wir lieben uns wie in der Zeit, als es noch verboten war, weil er damals eine Frau hatte, mit der er sich unglücklich fühlte, und Töchter, die nichts mit ihm zu tun haben wollten. Und danach war er lange Zeit verschwunden.
Erst war er fort, dann wieder zurück, bei mir und doch nicht bei mir, und Marino hat es noch schlimmer gemacht. Die Berührungen fühlten sich danach anders an. Nichts war so wie früher, bis Verrat und Eifersucht uns wieder eingerenkt haben wie einen schlecht zusammengeheilten Knochen, der noch einmal gebrochen werden muss. Wir brauchten den Schmerz.
»Bleib diesmal«, sage ich, die Lippen an seinen, während dampfendes Wasser uns umspült. »Bleib diesmal, Benton.«
Während wir uns anziehen, fragt er mich, was ich geträumt habe.
»Wie kommst du darauf, dass ich etwas geträumt habe?« Als ich die Kostüme in meinem Schrank sichte, erinnert es mich an die Durchsuchung von Peggy Stantons Kleiderschrank.
»Nicht so wichtig.« Er steht vor dem bodenlangen Spiegel und bindet seine Krawatte.
»Wenn es nicht wichtig wäre, würdest du nicht fragen.«
»Träume sind Träume, solange nichts anderes daraus wird.« Er betrachtet mein Spiegelbild, als ich mich für eine wenig kleidsame Hose, einen Pulli und warme Stiefeletten entscheide.
Es wird ein langer Tag, hoffentlich nicht so lang wie gestern, aber zumindest werde ich es in Cordhose und Grobstrickpulli bequem haben. Außerdem ist es eiskalt, unter dem Gefrierpunkt.
An den kahlen Bäumen und den immergrünen Gewächsen hat sich eine Eisschicht gebildet, so dass sie aussehen wie lackiert oder mit Zuckerguss überzogen. Ich öffne das Rollo, um zu schauen, wie die Straßenverhältnisse sind. Benton geht über Parkett und Teppich, legt die Arme um mich und küsst mich auf den Nacken.
Seine Hände erkunden noch einmal, was ihm vor wenigen Minuten ganz und gar gehört hat, und schieben sich unter meine Kleiderschichten.
»Vergiss es nicht«, sagt er.
»Ich habe es nie vergessen.«
»In letzter Zeit schon. Gestern zum Beispiel.«
»Komm, sprich es aus.« Ich will, dass er mir sagt, was er gesehen hat. Er soll einfach nur den Mund aufmachen.
Seine Hände sind dort, wo sie seiner Ansicht nach hingehören.
»Hast du?«, sagt er.
»Ob ich was habe?« So leicht werde ich es ihm nicht machen. »Du musst mich schon fragen, was du wissen willst.«
»Hast du ihm geantwortet, dass du es willst? Oder ihm diesen Eindruck vermittelt?«
»Ich habe ihm erklärt, dass ich es nicht will.«
»Er hat dich angefasst«, erwidert Benton, während er mich seinerseits anfasst. »Er hat geglaubt, dass du mitmachst. Dass du einverstanden bist.«
»Ich habe abgelehnt, und damit basta«, entgegne ich. Er schiebt mich zurück zum Bett.
»Ist das wirklich alles? War da nicht mehr?«
»Da war nicht mehr.« Ich öffne seinen Gürtel.
»Denn wenn da mehr wäre, wäre es möglich, dass ich ihn umbringe. Ich würde es sogar tun, und ich würde ungestraft davonkommen.«
»Das wirst du nicht.« Ich ziehe seinen Reißverschluss auf. »Und ungestraft davonkommen würdest du auch nicht.«
»Ich wollte ihn schon in Wien umbringen, denn da wusste ich es bereits.«
»Es gibt nichts zu wissen. Du weißt alles, was es zu wissen gibt«, antworte ich, und dann frage ich nach ihr. »Du wirst dir dein Hemd zerknittern.« Ich erkundige mich nach Douglas Burke. »Ich werde es zerknittern. Ich werde es ruinieren.«
Weiße Baumwolle und dunkle Seide berühren sanft meine nackte Haut. Und dann sage ich gar nichts mehr, bis wir in der Küche sind und ich Hund und Katze füttere.
»Shaw hat sich offenbar gut eingelebt.« Ich
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