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Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Titel: Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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den Korb zu legen.«
    Ich treibe im bewegten Wasser. Der Taucheranzug klebt an meinem Körper. Ich spüre, wie kalt das Wasser ist.
    »Das Problem ist das Seil um ihre Knöchel«, erkläre ich. »Ich will verhindern, dass das Ding, also die Muschelreuse oder was es sonst ist, verschwindet, das daran hängt.«
    Ich will sie unbedingt bergen. Auf gar keinen Fall werde ich zulassen, dass sie auf Nimmerwiedersehen in den Tiefen der Bucht versinkt. Nein, in diesem Fall werde ich jede verdammte Kleinigkeit sicherstellen, sei es nun ein Kreuzfußkrebs, eine Reuse, ein Käfig, ein Behälter oder Betonsteine. Meine Frage, wie tief das Wasser hier ist, beantwortet Labella mit »Zwölf Meter«. Immer noch schwebt der Hubschrauber über uns. Jemand beobachtet jede unserer Bewegungen und filmt sie vermutlich auch. Mist.
    »Also ist das Seil, an dem die Muschelreuse hängt, wahrscheinlich gar nicht so lang.« Ich spucke Wasser aus. Wellen schwappen mir über Hals und Kinn. »Die zieht sie nach unten, während ein anderes Seil sie nach oben zieht.«
    »Was für ein anderes Seil?«, ruft Marino. »Es ist doch nur eines, oder?«
    »Es sind zwei, die in entgegengesetzte Richtungen ziehen«, erwidere ich. »Das am Fender ist das zweite.«
    »Heißt das, sie hat sich gleich in zwei Seile verheddert?«, wundert sich Kletty.
    »Nein. Sie wurde mit zwei Seilen festgebunden«, entgegne ich laut und betont. »Das um den Hals hängt am Fender, das um die Knöchel führt nach unten zu dem Gegenstand, mit dem sie beschwert worden ist. Eine Muschelreuse oder so.« Beim Sprechen spucke ich Wasser aus.
    Dank der Schwimmweste tanze ich wie ein Korken auf den Wellen. Allerdings wird die See schwerer, und der Wind weht in heftigen Böen. Ich muss gegen die Strömung ankämpfen, um nicht vom Boot weggedrückt zu werden.
    »Und wenn man zu fest daran ruckt, reißt man ihr der Kopf ab«, merkt Marino, feinfühlig wie immer, an.
    »Wenn wir nicht sehr, sehr vorsichtig sind, zerfällt sie«, bestätige ich. Inzwischen bin ich ziemlich sicher, dass der Mensch, der die Leiche hier beseitigt hat, uns eine Falle stellen will.
    Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass eine bestimmte Absicht dahintersteckt. Der Täter wollte, dass sie gefunden wird und dass jemand wie ich ein grausiges Erlebnis hat, wenn die Leiche auseinandergezogen wird wie ein Gabelbein. Einen anderen Grund, sie so anzubinden, kann ich mir nicht denken. Ich stelle mir vor, wie jemand kräftig am Seil zerrt, was Marino ja ursprünglich vorhatte, und sie dabei versehentlich enthauptet. In diesem Fall hätten wir nur den Kopf oder vielleicht gar nichts geborgen.
    Wir wären gezwungen gewesen, Profitaucher einzusetzen oder uns selbst mit Sauerstoffflaschen auf den Weg zum Meeresgrund zu machen, um noch möglichst viel sicherzustellen. Vielleicht vergeblich, was heißt, dass wir hätten warten müssen, bis die Überreste irgendwann von selbst auftauchen oder an Land angespült werden. Tatsache ist, dass sie womöglich nie wieder aufgefunden worden wäre. Wie so ein grausiges Szenario vor Gericht gewirkt hätte, wage ich mir kaum auszumalen. Insbesondere dann, wenn ein Kamerateam vom Fernsehen in einem Hubschrauber über uns schwebt und alles filmt. So etwas darf auf gar keinen Fall passieren.
    Die Geschworenen hätten angeekelt reagiert und das Fiasko als Folge von Achtlosigkeit, mangelnder Sorgfalt oder völliger Überforderung unsererseits eingestuft. Vermutlich hätte nie jemand verstanden, dass es einem diabolischen Menschen beinahe gelungen wäre, die Bergung der Toten – intakt oder überhaupt – zu verhindern. Ein Mörder wollte uns sein Werk aus nächster Nähe vorführen, bevor es sich vor unseren Augen in Luft auflöst. Vielleicht sollten wir ja nie erfahren, wer die Frau ist, was durchaus noch geschehen könnte, sollte es uns nicht gelingen, ihre Leiche in einem Stück aus dem Wasser zu holen.
    Was soll ich tun? Mir gehen die verschiedensten Möglichkeiten durch den Kopf. Aber eigentlich gibt es nur eine praktikable Lösung. Eine hundertprozentig sichere Methode existiert nicht. Wir müssen geduldig und vorsichtig sein, und selbst dann brauchen wir noch eine Portion Glück.
    »Was, wenn wir das Seil um ihren Hals durchschneiden?«, schlägt Kletty vor. Ich stelle fest, dass alle inzwischen weiße Tyvek-Overalls tragen, was aus der Luft sicher seltsam aussieht. »Wenn wir sie vom Fender losmachen, lastet kein Druck mehr auf ihrem Hals«, fügt er hinzu.
    »Das geht nicht«,

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