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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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werden, da es nur in außergewöhnlichen Fällen möglich war, es zu heilen. Pferde konnte man nicht ins Bett stecken. Sie legten sich kaum jemals hin. Um das Gewicht eines Pferdes von einem Bein herunterzunehmen, mußte man es in Schlingen aufhängen. Wenn man es aber so viele Wochen in Schlingen festhielt, wie es dauerte, bis ein tragender Knochen zusammenwuchs, brachte das immer Schwäche und Darmprobleme mit sich. Rennpferde, von Natur aus sehr empfindliche Geschöpfe, konnten an Inaktivität sterben, und wenn sie überlebten, waren sie nachher nie mehr so gut wie vorher; nur im Falle wertvoller Deckhengste und Zuchtstuten wurde für gewöhnlich überhaupt ein Versuch gemacht, sie am Leben zu erhalten.
    Wenn Enzo Rivera einem Pferd das Bein brach, ruinierte er es. Wenn er genug Beine brach, würden die Besitzer ihre überlebenden Tiere abtransportieren, und der Stall selbst würde zerstört sein.
    Alessandro hatte gesagt, sein Vater habe ihm die Dose als ein Versprechen dessen geschickt, was er tun könne.
    Wenn er Pferdebeine brechen konnte, konnte er den Stall tatsächlich zerstören.
    Aber ganz so einfach war es nicht, einem Pferd das Bein zu brechen.
    Tatsache oder Bluff.
    Ich betastete das kleine, verstümmelte Pferd. Ich wußte nicht und konnte auch nicht entscheiden, für welche von beiden Möglichkeiten es stand. Aber ich beschloß zumindest, ein wenig von meinem eigenen Bluff in Tatsachen umzusetzen.
    Ich verfaßte einen vollen Bericht von der Entführung, ausgeschmückt mit jedem Detail, an das ich mich erinnern konnte. Dann packte ich das kleine Holzpferd wieder in seine Dose und schrieb eine kurze Erklärung über seine mögliche Bedeutung nieder. Daraufhin steckte ich alles in einen kräftigen braunen Umschlag, schrieb die altehrwürdigen Worte: »Zu öffnen im Falle meines Todes«, steckte ihn dann zusammen mit einem Begleitschreiben in einen größeren Umschlag und schickte das Ganze von der Hauptpost in Newmarket an meinen Londoner Rechtsanwalt.
     
    »Du hast was getan?« rief mein Vater.
    »Einen neuen Lehrling angenommen.«
    Er warf einen zornigen Blick auf das ganze Gerümpel, das ihn an sein Bett fesselte. Nur die Tatsache, daß er angebunden war, hinderte ihn daran, buchstäblich an die Decke zu gehen.
    »Es ist nicht deine Sache, neue Lehrlinge anzunehmen. Du sollst das nicht tun. Hörst du?«
    Ich wiederholte mein Lügenmärchen von Enzo, der gut für Alessandros Privileg bezahle. Die Botschaft brach den Widerstand meines Vaters und nahm ihm merklich den Wind aus den Segeln. Eine nachdenkliche Miene gewann die Oberhand und schließlich ein widerwilliges Nicken.
    Er weiß es, dachte ich. Er weiß, daß der Stall bald Liquiditätsprobleme bekommen wird.
    Ich fragte mich, ob es ihm gut genug ging, um die Sache zu besprechen, oder ob er, selbst wenn es ihm gut genug ging, überhaupt fähig sei, mit mir darüber zu reden. Wir hatten in unserem Leben noch nie etwas diskutiert: Er hatte mir gesagt, was ich tun sollte, und ich hatte es entweder getan oder gelassen. Das Gottesgnadentum der Könige war nichts gegen seine Art, mit der er auch die meisten Besitzer behandelte. Sie empfanden alle – in verschiedenen Abstufungen – Ehrfurcht vor ihm, und einige hatten regelrecht Angst; aber sie ließen ihre Pferde in seinem Stall, weil er Jahr um Jahr die Pokale, die zählten, nach Hause holte.
    Er fragte, wie die Pferde arbeiteten. Ich gab ihm einen ausführlichen Bericht, und er hörte mit einem skeptischen Zug um Mund und Augenbrauen zu, um mir zu zeigen, daß er den Wert einiger oder aller meiner Einschätzungen bezweifelte. Ich erzählte ihm ohne Verbitterung alles, was für ihn von Interesse war, und am Ende sagte er: »Sag Etty, daß ich eine Liste von der Arbeit will, die jedes Pferd tut, und von seinen Fortschritten.«
    »Mach’ ich«, stimmte ich bereitwillig zu. Er forschte in meinem Gesicht nach Anzeichen von Ärger und schien eine Spur enttäuscht zu sein, als er nichts dergleichen fand. Feindseligkeit eines alternden, gebrechlichen Vaters seinem erwachsenen, gesunden Sohn gegenüber ist eine ziemlich verbreitete Erscheinung in der Natur, und es machte mich nicht nervös, daß er mir diese Gefühle zeigte. Trotzdem sollte er nicht die Befriedigung bekommen, mich besiegt zu glauben; und er hatte keine Ahnung, wie geübt ich darin war, hochmütige Sieger nach unverdienten Triumphen wieder auf den Teppich zu holen.
    Ich sagte nur: »Soll ich die Liste mit den Nennungen mitnehmen, damit Etty

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