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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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weiß, auf welche Rennen sie die Pferde vorbereiten soll?«
    Seine Augen wurden schmal, und sein Mund war plötzlich verkniffen, während er mir erklärte, daß es ihm unmöglich gewesen sei, die Nennungen zu machen: Röntgenaufnahmen und medizinische Behandlungen hätten seine Zeit zu sehr in Anspruch genommen, und man ließe ihn nie lange genug allein, um sich zu konzentrieren.
    »Sollen Etty und ich es zusammen einmal versuchen?«
    »Ganz bestimmt nicht. Ich werde die Nennungen machen … Wenn ich mehr Zeit habe.«
    »In Ordnung«, sagte ich friedfertig. »Wie geht’s dem Bein? Du scheinst ja langsam wieder zu dir zu kommen …«
    »Es ist nicht mehr so schlimm«, gab er zu. Er glättete die ohnehin faltenlose Decke, die über seinem Bauch lag, Ausdruck seiner unwandelbaren Angewohnheit, seine Umgebung genauso ordentlich, genauso würdig, genauso steif wie seine Seele zu gestalten.
    Ich fragte, ob ich ihm irgend etwas mitbringen könne. »Ein Buch?« schlug ich vor. »Obst? Oder Champagner?« Wie die meisten Rennpferdtrainer betrachtete er Champagner als eine Art bessere Coca-Cola, vorzugsweise am Morgen zu trinken, wenn überhaupt, und er wußte, daß Champagner als Muntermacher für Kranke kaum seinesgleichen hatte.
    Er legte den Kopf schief und dachte nach. »Es sind noch ein paar halbe Flaschen im Keller von Rowley Lodge.«
    »Ich bringe welche mit«, sagte ich.
    Er nickte. Er würde niemals – was ich auch tat – danke sagen. Ich lächelte innerlich. Der Tag, an dem mein Vater mir dankte, würde der Tag sein, an dem seine Persönlichkeit auseinanderbrach.
     
    Über das Krankenhaustelefon erkundete ich, ob ich in Hampstead willkommen war, und nachdem ich eine herzerwärmende Bestätigung erhalten hatte, lenkte ich den Jensen weitere acht Meilen nach Süden.
    Gillie war mit dem Streichen des Schlafzimmers fertig, aber die Möbel stapelten sich immer noch im Flur.
    »Warten auf den Teppich«, erklärte sie. »Wie auf Godot.«
    »Godot ist nie gekommen«, bemerkte ich.
    »Das«, pflichtete sie mir mit übertriebener Geduld bei, »ist es, was ich meine.«
    »Dann schick Signalraketen hoch.«
    »Seit Dienstag geht ein Knallkörper nach dem anderen unter irgendwelchen Kehrseiten hoch.«
    »Mach dir nichts draus«, sagte ich besänftigend. »Laß uns zum Abendessen ausgehen.«
    »Ich habe meinen Grapefruittag«, wandte sie ein.
    »Na, ich nicht. Ganz bestimmt nicht. Ich hatte keinen Lunch, und ich habe Hunger.«
    »Ich habe ein wirklich furchtbar tolles Grapefruitrezept. Die Hälften werden mit reichlich Süßstoff und einer Spur Kirsch übergossen und heiß gegessen …«
    »Nein«, sagte ich kategorisch, »Ich gehe ins Empress.«
    Das warf das Grapefruitprogramm über den Haufen. Das Empress liebte sie über alles.
    »Hm, na ja … Es wäre doch sehr langweilig für dich, allein zu essen«, sagte sie. »Eine Sekunde; ich zieh’ mir mein schäbiges Schwarzes an.«
    Ihr schäbiges Schwarzes war ein langärmliges Kleid von Yves Saint Laurent, das ihre Kurven geschickt kaschierte. Es war absolut nichts Schäbiges daran, ganz im Gegenteil, und ihre Beschreibung war ein gewaltiges Understatement, als könnte sie, wenn sie seine Klasse herunterspielte, ihre Schuldgefühle wegen des Preises vergessen. Sie hatte in jüngster Zeit einige vage sozialistische Ansichten entwickelt, und sie begann sich ein ganz klein wenig Gedanken darüber zu machen, daß man mit dem, was sie für ein einziges Kleid bezahlte, eine zwölfköpfige Familie die ganze Fastenzeit hindurch hätte ernähren können.
    Das Dinner im Empress war wie immer zwanglos, üppig und vorzüglich. Gillie bestellte Garnelen in Curry, gefolgt von Hühnchen in Brandy-Sahne-Sauce und lachte, als sie meinen ironischen Blick auffing.
    »Zurück zur Grapefruit«, erklärte sie. »Aber erst morgen.«
    »Wie geht’s den notleidenden Waisen?« fragte ich. Sie arbeitete drei Tage die Woche für eine Adoptionsvermittlung, der wegen der Pille und bequemer Abtreibungsmöglichkeiten langsam der Rohstoff ausging.
    »Du willst nicht zufällig zweijährige Zwillinge haben, afro-asiatische Jungen, von denen einer schielt?« erkundigte sie sich.
    »Nicht unbedingt, nein.«
    »Arme kleine Geschöpfe.« Geistesabwesend aß sie ein recht großzügig mit Butter bestrichenes Brötchen. »Die werden wir nie unterbringen. Sie sind nicht einmal durchschnittlich hübsch …«
    »Gegen das Schielen kann man etwas tun«, sagte ich.
    »Dazu muß es aber erst einmal jemandem wichtig genug

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