Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
Vom Netzwerk:
sein.«
    Der Wein, den wir tranken, war bescheidener als Gillies, aber besser als die meisten.
    »Ist dir eigentlich klar«, sagte Gillie, »daß eine zehnköpfige Familie eine Woche lang von dem leben könnte, was dieses Dinner kostet?«
    »Vielleicht hat ja der Kellner eine zehnköpfige Familie«, meinte ich. »Und wenn wir hier nicht essen würden, wovon würden sie dann leben?«
    »Oh … bla bla«, sagte Gillie, warf jedoch dem Mann, der ihr das Hühnchen brachte, einen abwägenden Blick zu.
    Sie fragte, wie es meinem Vater ginge. Ich sagte, besser, aber noch keineswegs gut.
    »Er meinte, er würde die Nennungen machen«, erklärte ich ihr, »aber er hat damit noch nicht einmal angefangen. Behauptet, das läge daran, daß man ihm nicht genug Zeit ließe, aber die Schwester sagt, er schlafe sehr viel. Sein Körper war wohl schrecklichen Erschütterungen ausgesetzt und hat sich noch nicht davon erholt.«
    »Was wirst du denn dann wegen der Nennungen unternehmen? Warten, bis es ihm bessergeht?«
    »Kann ich nicht. Das nächste Nennungsformular muß bis Mittwoch rausgehen.«
    »Was passiert, wenn es das nicht tut?«
    »Die Pferde werden uns weiter im Stall die Haare vom Kopf fressen, während sie eigentlich auf der Rennbahn versuchen sollten, ihren Unterhalt zu verdienen. Es ist höchste Zeit, wenn ich sie noch für einige Rennen in Chester und Ascot und für den Craven-Renntag in Newmarket nennen will.«
    »Du wirst es also selbst machen«, sagte sie nüchtern, »und sie werden alle gewinnen.«
    »Beinahe jede Nennung ist besser als gar keine Nennung«, seufzte ich. »Und nach der Wahrscheinlichkeitstheorie müssen einige von ihnen einfach richtig sein.«
    »Da hast du’s also. Alle Probleme gelöst.«
    Aber es gab durchaus noch Probleme, und zwar zwei. Zwei Probleme, die schlimmer waren als dieses und wie Klippen vor mir aufragten. Das finanzielle Problem, das ich lösen konnte, wenn es sein mußte, und das von Alessandro, von dem ich noch nicht wußte, wie ich es anpacken sollte.
     
    Am folgenden Morgen kam er zu spät. Die Pferde fürs erste Lot zockelten bereits über die Aschenbahn, und ich stand mit Etty, die gerade die Reiter wechselte, in der Mitte, als Alessandro durch das Tor vom Hof kam. Er wartete auf eine Lücke zwischen den vorbeitrabenden Pferden, überquerte dann die Aschenbahn und kam auf uns zu.
    Die Eleganz seiner Ausrüstung war auch nach einer Woche ungetrübt. Die Stiefel leuchteten noch genauso glänzend, die Lederhandschuhe waren noch genauso bleich und Skijacke und Reithosen nach wie vor makellos. Auf seinem Kopf trug er jedoch eine blau-weiß gestreifte Wollmütze mit einer Bommel, genau wie die anderen Pfleger: Aber bei Alessandro sah dieser mollige Schutz gegen den schneidenden Märzwind so unpassend aus wie eine elegante Melone am Strand.
    Ich lächelte nicht einmal. Die schwarzen Augen betrachteten mich mit ihrer gewohnten Kälte aus einem Gesicht, das eher abgezehrt als zart wirkte. Die kräftige Knochenstruktur war unter der gelblichen Haut deutlich zu sehen, und zwar noch deutlicher, so schien es mir, als vor einer Woche.
    »Was wiegen Sie?« fragte ich unvermittelt.
    Er zögerte ein wenig. »Ich werde mit 41,5 Kilo reiten können, wenn die Rennen beginnen. Ich werde alle Gewichtserlaubnisse bekommen.«
    »Aber jetzt? Was wiegen Sie jetzt?«
    »Ein paar Pfund mehr. Aber ich werde sie abnehmen.«
    Etty warf mir einen zornigen Blick zu, versagte es sich jedoch, ihn darauf hinzuweisen, daß er überhaupt keine Rennen bekommen würde, wenn er nicht gut genug war. Sie warf einen Blick auf ihre Liste, um festzustellen, welches Pferd sie für ihn vorgesehen hatte, öffnete den Mund, um es ihm zu sagen, schloß ihn dann wieder, und ich konnte buchstäblich sehen, wie ein Impuls Besitz von ihr ergriff.
    »Nimm Traffic«, sagte sie. »Du kannst auf Traffic aufsteigen.«
    Alessandro stand ganz still da.
    »Er muß nicht«, sagte ich zu Etty, und zu Alessandro: »Sie müssen Traffic nicht reiten. Nur wenn Sie möchten.«
    Er schluckte. Hob das Kinn, nahm seinen Schneid zusammen und sagte: »Ich möchte.«
    Mit einem entschlossenen Zug um den Mund winkte Etty Andy herbei, der bereits auf Traffic saß, und erklärte ihm die Veränderung.
    »Mit Vergnügen«, sagte Andy herzlich, saß ab und half Alessandro auf seinen unruhigen Platz. Traffic holte zu ein paar einleitenden Bocksprüngen aus, fand heraus, daß er einen weniger abgebrühten Burschen als gewöhnlich auf dem Rücken hatte, brach zur

Weitere Kostenlose Bücher