Knochenbruch
zurück über das Stroh.
Ich band Buckram fest, der durch irgendein Wunder nicht durch die unverriegelte Tür ins Freie gestürmt und die ganze Nachbarschaft alarmiert hatte, und als ich vom Anbindering zurücktrat, hätte ich meinen Fuß um ein Haar direkt auf die am Boden liegende Spritze gesetzt. Sie lag unter der Krippe im Stroh und hatte die Rauferei unbeschadet überstanden.
Ich hob sie auf, warf sie wie eine Münze in die Luft und befand, daß man ein Geschenk der Götter nicht ungenutzt lassen durfte. Also rollte ich den Ärmel von Gummigesichts schwarzem Pullover auf, stieß die Nadel fest in seinen Arm und ließ ihm die Hälfte des Inhalts zukommen. Besonnenheit, nicht Mitleid war es, was mich davon abhielt, ihm die ganze Ladung zu verpassen. Möglicherweise war das, was die Spritze enthielt, ein Flachleger für ein Pferd, aber das endgültige Aus für einen Menschen, und ein Mord würde mir nicht weiterhelfen.
Ich zog Gummigesichts Gummigesicht runter. Darunter war Carlo. Überraschung, Überraschung.
Meine Kriegsbeute belief sich nun auf eine Gummimaske, eine halbleere Spritze und einen Knochenbrecherknüppel. Nach einer kurzen Gedenkpause wischte ich meine Fingerabdrücke von der Spritze, zog Carlo die Handschuhe aus und verteilte seine Fingerabdrücke überall auf dem Glas; von beiden Händen. Eine ähnlich großzügige Portion der gleichen Behandlung wurde dem Knüppel zuteil. Dann brachte ich die beiden belastenden Gegenstände ins Haus und versteckte sie vorübergehend in einem Lackkästchen, unter einem Schonbezug, in einem der zehn unbenutzten Schlafzimmer.
Auf meinem Weg nach unten hatte ich den Eindruck, durchs Treppenhausfenster eine große bleiche Kontur in der Einfahrt neben dem Tor zu sehen. Ich ging hinüber, um mich zu versichern. Kein Irrtum; der Mercedes.
Als ich wieder in Buckrams Box stand, stellte ich fest, daß Carlo friedlich schlief, total k. o. Ich fühlte seinen Puls, der langsam, aber regelmäßig ging, und sah auf meine Armbanduhr. Noch nicht mal halb vier. Unglaublich.
Carlo zum Wagen zu tragen schien mir zuviel verlangt, also holte ich den Wagen zu Carlo. Der Motor startete mit einem Klicken und einem Schnurren und machte auf dem Hof nicht einmal genug Lärm, um die Pferde zu stören. Also ließ ich den Motor laufen, öffnete beide Hintertüren und bugsierte Carlo rückwärts hinein. Ich hatte die Absicht gehabt, ihm die Höflichkeit des Rücksitzes zukommen zu lassen, da er dasselbe auch für mich getan hatte, aber er fiel schlaff auf den Boden. Ich knickte seine Knie ein, klappte ihn zusammen und schloß vorsichtig die Türen hinter ihm.
Soweit ich das sagen konnte, blieb unsere Ankunft im Forbury Inn unbemerkt. Ich parkte den Mercedes neben den anderen Wagen vor der Haustür, stellte Motor und Standlicht ab und ging leise von dannen.
Nachdem ich die knappe Meile bis nach Hause zurückgelegt, die Gummimaske aus Buckrams Box geholt, ihm das Halfter abgenommen, das elektronische Auge zerlegt und im Schrank verstaut hatte, war es zu spät, um sich noch die Mühe zu machen, ins Bett zu gehen. Ich schlief eine Stunde oder länger auf dem Sofa und wachte schließlich todmüde und ohne einen Funken Energie für den ersten Tag der Rennen auf.
Alessandro kam zu spät, zu Fuß und beunruhigt.
Ich beobachtete zuerst durch das Fenster im Büro und dann durch das im Besucherzimmer, wie er den Hof hinunterging. Einen Augenblick lang drückte er sich unentschlossen an Stallgasse vier herum, und nachdem seine Neugier offensichtlich die Vorsicht besiegt hatte, schob er sich im Krebsgang zu Buckrams Box hinüber. Er entriegelte die obere Hälfte der Tür, blickte hinein und schob den Riegel wieder vor. Da ich unfähig war, aus dieser Entfernung seine Reaktion zu beurteilen, ging ich aus dem Haus, so daß er mich sehen mußte, nahm scheinbar jedoch keine Notiz von ihm.
Er entfernte sich fix aus Stallgasse vier und tat so, als suche er in Stallgasse drei nach Etty, aber schließlich gewann seine Unsicherheit die Oberhand, und er drehte sich um, um mir entgegenzugehen.
»Wissen Sie, wo Carlo ist?« fragte er ohne Einleitung.
»Wo würden Sie ihn denn erwarten?« sagte ich.
Er blinzelte. »In seinem Zimmer … Ich klopfe an seine Tür, wenn ich fertig bin … Aber er war nicht da. Haben Sie … Haben Sie ihn gesehen?«
»Heute morgen um vier«, sagte ich beiläufig, »lag er hinten in Ihrem Wagen und hat fest geschlafen. Ich nehme an, er ist immer noch dort.«
Er wandte den
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