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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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unbeeindruckt war.
    »Ihr Vater hat Ihnen offensichtlich, im Gegensatz zu meinem, nicht alles gegeben, was Sie wollten.«
    »Nein«, gab ich ihm recht. »Ich wollte Freiheit.«
    Ich schätze, daß Freiheit das einzige war, was Enzo seinem Sohn nicht geben würde, wenn er darum bat: Die unmäßig Großzügigen sind oft auch sehr besitzergreifend. Es zeugte nicht gerade von Freiheit, daß Alessandro kein Geld bei sich hatte, daß er nicht fahren konnte und ständig Carlo um sich hatte, der ihn überwachte und über jeden seiner Schritte Bericht erstattete. Aber Freiheit schien wohl nicht besonders weit oben auf Alessandros Liste des Wünschenswerten zu stehen. Die Annehmlichkeiten der Sklaverei waren süß und machten süchtig.
     
    Den größten Teil des Nachmittags brachte ich damit zu, mit Leuten zu reden, die meinen Vater kannten, andere Trainer, Jockeys, Funktionäre und einige der Besitzer. Sie waren alle ohne Ausnahme hilfreich und informativ, so daß ich am Ende des Tages begriffen hatte, was man im Zusammenhang mit Pease Pudding und dem Lincoln von mir erwarten würde (und auch wußte, was man nicht erwartete).
    Tommy Hoylake faßte es mit breitem Grinsen in dürre Worte: »Das Pferd angeben, satteln, zusehen, daß es gewinnt, und in der Nähe bleiben, falls es Einwände gibt.«
    »Glauben Sie, wir haben eine Chance?«
    »Oh, unbedingt«, sagte er. »Es ist ein offenes Rennen; alle könnten gewinnen. In Gottes Hand, wissen Sie. In Gottes Hand.« Woraus ich entnahm, daß er sich immer noch nicht zu einer Meinung über den Probegalopp durchgerungen hatte, darüber, ob Lancat gut oder Pease Pudding schlecht war.
     
    Ich fuhr Alessandro zurück nach Newmarket und fragte ihn, wie er zurechtgekommen sei. Da sein Gesichtsausdruck, wann immer ich ihn am Nachmittag gesehen hatte, eine Mischung aus Neid und Stolz gewesen war, wußte ich auch ohne Worte, daß er erregt gewesen war, weil man ihn wegen seiner Figur als Jockey erkennen konnte, und erzürnt, weil eine Horde anderer die Saison ohne ihn begonnen hatte. Der Blick, mit dem er den Sieger des Lehrlingsrennens bedacht hatte, hätte selbst eine Klapperschlange das Fürchten gelehrt.
    »Ich kann nicht bis nächsten Mittwoch warten«, sagte er. »Ich wünsche, morgen zu beginnen.«
    »Wir haben keine Starter vor nächstem Mittwoch«, sagte ich gelassen.
    »Pease Pudding.« Er war grimmig entschlossen. »Am Samstag.«
    »Das haben wir doch alles schon durchgekaut.«
    »Ich wünsche, ihn zu reiten.«
    »Nein.«
    Er schäumte auf dem Beifahrersitz vor sich hin. Der konkrete Anblick, der Klang und der Duft der Rennen hatten ihn bis zu einem Punkt erregt, an dem er kaum noch stillsitzen konnte. Das bißchen Wirkung, das mein Appell an die Vernunft auf dem Hinweg gezeitigt hatte, war mit dem böigen Wind auf Doncasters Town-Moor verflogen, und die erste Hälfte der Rückreise war eine vollkommene Verschwendung, zumindest aus meiner Sicht. Schließlich jedoch fiel die extreme Anspannung von ihm ab, und er sank, mit einer Art Trübsinn, auf seinem Sitz zusammen.
    In diesem Stadium sagte ich: »Wie meinen Sie, würden Sie ein Rennen auf Pullitzer reiten?«
    Sein Rückgrat straffte sich augenblicklich, und er antwortete mit derselben Direktheit wie nach dem Probegalopp.
    »Ich habe die Rennberichte vom vergangenen Jahr studiert«, sagte er. »Pullitzer war beständig; meistens lief er als Dritter oder Vierter oder Sechster ins Ziel. Er war immer für den größten Teil des Rennens in der Nähe der Spitzengruppe, ließ dann jedoch auf den letzten zweihundert Metern nach. Die Distanz nächsten Mittwoch in Catterick beträgt vierzehnhundert Meter. In den Rennberichten steht, daß die niedrigen Startnummern die besten sind, also würde ich hoffen, bei der Verlosung eine von ihnen zu bekommen. Dann würde ich versuchen, am Start gut abzukommen und eine Position direkt an den Rails einzunehmen, höchstens mit einem einzigen Pferd weiter innen, und ich würde nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam gehen. Ich würde versuchen, nicht weiter als zweieinhalb Längen hinter dem Pferd an der Spitze zurückzubleiben, aber bis kurz vorm Ende würde ich nicht versuchen, selbst die Führung zu übernehmen. Erst auf den letzten sechzig Metern, denke ich. Und ich würde versuchen, erst fünfzehn Meter vor dem Zielpfosten an die Spitze zu gehen. Ich glaube, er gibt beim Rennen nicht sein Bestes, wenn er vorn liegt, also darf er nicht lange vorn sein.«
    Zu sagen, daß ich überrascht war,

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