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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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hätte nicht annähernd die seltsame Erregung ausgedrückt, die heftig und unerwartet in mir aufstieg. Ich hatte jahrelange Übung in der Unterscheidung des Echten vom Gefälschten, und was Alessandro da gesagt hatte, konnte man für bare Münze nehmen.
    »O. K.«, sagte ich beiläufig. »Das hört sich gut an. Reiten Sie ihn genau so. Und wie sieht es mit Buckram aus … Sie werden ihn im Lehrlingsrennen in Liverpool reiten, einen Tag nach Pullitzer. Außerdem können Sie zwei Tage später, am Samstag, Lancat in Teesside reiten.«
    »Ich werde ihre Rennberichte lesen und über sie nachdenken«, sagte er ernsthaft.
    »Was Lancat angeht, können Sie sich die Mühe sparen«, erinnerte ich ihn. »Er hat als Zweijähriger nicht viel gebracht. Gehen Sie von dem aus, was Sie beim Probegalopp gesehen haben.«
    »Ja«, sagte er. »Ich verstehe.«
    Sein Eifer war wieder da, aber zielgerichteter, kontrollierter. Bis zu einem gewissen Grad konnte ich seine Gier, endlich anzufangen, verstehen; für ihn war das Rennreiten, was für einen Verhungernden Brot war, und nichts konnte ihn aufhalten. Ich stellte jedoch fest, daß ich ihn gar nicht mehr zurückhalten wollte; daß mein Versprechen, ihm dabei zu helfen, ein guter Jockey zu werden, mehr Wahrheit enthielt, als mir zu dem Zeitpunkt, da ich es niederschrieb, bewußt gewesen war.
    Aus Enzos und Alessandros Sicht wurde ich von den beiden immer noch gegen meinen Willen gezwungen, ihm Chancen zu geben. Insgeheim und auf boshafte Weise begann es mich zu amüsieren, daß ich anfing, ihm Chancen zu geben, weil ich es wollte.
    Die Schlacht verlegte sich langsam auf ein anderes Feld. Ich dachte über Enzo nach. Über die Art, wie er seinen Sohn betrachtete … Und endlich wußte ich, wie ich ihn dazu bringen konnte, seine Drohungen zu widerrufen. Aber es erschien mir sehr wahrscheinlich, daß die Zukunft noch gefährlicher würde als die Vergangenheit.

11
     
    Während des Lincolns brachte ich jeden Abend der Woche Stunden am Telefon zu. Ein Besitzer nach dem anderen klingelte an, und jeder von ihnen wirkte niedergeschlagen. Und nachdem mir vier Leute hintereinander mit mehr oder weniger identischen Worten gesagt hatten, daß man »ja nicht viel erwarten kann, solange Ihr Herr Vater ans Bett gekettet ist«, war mir auch der Hintergrund klar: Der besagte Invalide hatte sich nämlich selbst eifrig an die Strippe gehängt.
    Er hatte sie alle angerufen, hatte sich für meine Gegenwart entschuldigt, ihnen geraten, nichts zu erwarten, und versprochen, daß alles wieder in normalen Bahnen laufen würde, sobald er zurück sei. Er hatte auch dem Mitbesitzer von Pease Pudding, einem Major Barnette, erklärt, daß seiner Meinung nach das Pferd nicht fit genug sei, um zu laufen; und es hatte mich eine halbe Stunde meiner allerbesten Überredungskünste gekostet, um den Major davon zu überzeugen, daß mein Vater, da er das Pferd sechs Wochen lang nicht gesehen hatte, nicht Bescheid wußte.
    Als ich mich dann mit seinen Aktivitäten etwas näher beschäftigte, fand ich heraus, daß er außerdem Etty jede Woche heimlich geschrieben hatte, daß er Berichte von ihr bekam und ihr aufgetragen hatte, mir nichts davon zu sagen. Diesen letzten Geniestreich meines Vaters holte ich am Morgen vor dem Lincoln praktisch mit Gewalt aus Etty heraus. Ich hatte lediglich erwähnt, daß mein Vater alle Besitzer davon in Kenntnis gesetzt habe, daß ihre Pferde nicht fit seien. Ein schuldbewußter Ausdruck in ihren Augen verriet sie sofort, aber sie wehrte meine Verbitterung mit der Feststellung ab, diese Einschätzung stamme nicht wirklich von ihr; es sei lediglich die Art, wie mein Vater die Dinge zu interpretieren geruhte.
    Ich ging ins Büro und fragte Margaret, ob mein Vater sie telefonisch oder schriftlich um heimliche Berichte gebeten habe. Sie sah mich verlegen an und bejahte.
    Als ich an diesem Freitag mit Tommy Hoylake über die Renntaktik sprach, sagte er, ich solle mir keine Sorgen machen, mein Vater habe ihn angerufen und ihm seine Anweisungen gegeben.
    »Und wie lauten die?« erkundigte ich mich mit erheblich mehr Zurückhaltung, als ich empfand.
    »Oh … ich soll einfach Anschluß zum Feld halten und mich nicht abhängen lassen, wenn ihm ein wenig die Puste ausgeht.«
    »Hm … Wenn mein Vater Sie nicht angerufen hätte, wie wären Sie dann geritten?« fragte ich.
    »Ich hätte ihn die ganze Zeit über mit dem Feld mitgaloppieren lassen«, sagte er prompt. »Wenn er fit ist, gehört er zu den

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