Knochenfunde
einmal seine Leibwache vom Secret Service. Wie war es Hebert bloß gelungen, ihn zu töten?
Sie ging ins Wohnzimmer zum Fernseher und schaltete CNN ein.
Franklin Copelands Konterfei erschien auf dem Bildschirm. Sie brachten gerade einen Nachruf auf ihn, und Eve ließ sich auf das Sofa sinken, um sich die Sendung anzusehen. Seine Frau Lily lebte noch, und sie zeigten sie am Krankenbett ihres Mannes wenige Wochen zuvor. Sie war eine schmale, elegante Frau von Anfang siebzig.
Dass die beiden sich sehr nahe standen, war nicht zu übersehen. Am Ende der Sendung wurden Copelands umfangreiche Verdienste auf dem Gebiet der Wohlfahrt aufgezählt. Eine eindrucksvolle Liste. Eve hatte gar nicht gewusst, dass Copeland sich für die Gesellschaft
›Habitat for the Humanity‹ eingesetzt hatte. Sie hatte der Laufbahn des Mannes keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
Aber seinem Tod würde sie verdammt große Aufmerksamkeit
zukommen lassen.
Wenige Minuten später kamen Nathan und Joe ins Haus. Joe ließ sich neben Eve aufs Sofa fallen. »Irgendwelche Neuigkeiten?«
»Der Trauergottesdienst findet übermorgen in der St.-
Catherine’s-Kathedrale statt.«
»Am neunundzwanzigsten Oktober«, sagte Joe.
»Genau nach Plan.« Mit einer Kopfbewegung deutete sie auf den Bildschirm, wo gerade zu sehen war, wie Kim Basinger in Los Angeles in ein Flugzeug stieg. »Sie ist mit Copeland für die UNESCO
in Afrika gewesen. Sie ist auf dem Weg zur Beerdigung.«
»Ich bezweifle, dass sie zum Cabal gehört«, bemerkte Nathan
trocken.
»Eben haben sie James Tarrant, den britischen Medienmogul ge-
zeigt, wie er von einer Besprechung in London zum Flughafen geeilt ist. Er sagte, die Welt habe einen großen Mann verloren und er wolle ihm die letzte Ehre erweisen.«
»Rührend«, sagte Joe.
Nathan nickte. »Es wird schwer werden, die Spreu vom Weizen
zu trennen. Aber Melton könnte unsere Schlüsselfigur sein.« Er wandte sich zum Gehen. »Ich fahre zum örtlichen Zeitungsbüro und sehe mal, ob ich in Erfahrung bringen kann, wann Melton hier aufkreuzt. Ich melde mich, sobald ich etwas Neues weiß.«
»Wir brauchen ein paar Fotos von Simmons. Können Sie uns
welche besorgen?«
»Ah, der Schattenmann.«
Das war die passende Bezeichnung, dachte Eve. Simmons hatte
die ganze Zeit im Hintergrund gelauert, überschattet von der Gefahr, die von Hebert drohte. »Dieser ›Schattenmann‹ hat versucht, mich zu töten, und offenbar hat er mindestens drei Cabalmitglieder auf dem Gewissen. Ich würde ihn gern erkennen, wenn ich ihn sehe.«
»Ich bin Ihnen einen Schritt voraus. Als ich hier angekommen
bin, habe ich im Internet die Homepage des California Institute of Technology aufgerufen und ein Foto von der Belegschaft gefunden, das in der Collegezeitung veröffentlicht worden war. Ich mache für Sie und Quinn ein paar Kopien davon.«
»Wie hieß noch Copelands Secret-Service-Mann, mit dem Sie
gesprochen haben? Wilson?«, fragte Joe. »Es ist zwar vielleicht noch ein bisschen verfrüht, aber ich würde mal gern nachfragen, ob sie schon die Ergebnisse der Autopsie haben.«
»Ja, Pete Wilson.« Nathan verzog das Gesicht. »Ich hoffe, Sie haben mehr Glück bei dem als ich.« Dann schloss er die Tür hinter sich.
Eve schaute Joe an. »Und jetzt?«
»Wir brauchen einen Wagen. Und wir brauchen ein Überwa-
chungsgerät. Außerdem brauchen wir Informationen. Wenn wir
Glück haben, werden wir die von Nathan bekommen. Um den Rest
werde ich mich jetzt kümmern.«
»Warte noch.« Sie zögerte. »Lass uns Galen anrufen.« Sie hob
eine Hand, als er protestieren wollte. »Unter anderem ist Galen verdammt gut darin, Dinge zu organisieren. Er hat überall Kontakte. Ich wette, er braucht nur den Telefonhörer abzunehmen, und er könnte uns alles von einem Raumanzug bis zu einer Atombombe besorgen.
Wir brauchen ihn, Joe.«
»Wir sind nicht auf ihn angewiesen.« Er zögerte, dann lachte er grimmig. »Aber wir könnten ihn gebrauchen.«
Ihre Augen weiteten sich vor Staunen.
»Ich kann mit ihm zusammenarbeiten. Er hat mich in Baton
Rouge in alles eingeweiht, weil unsere persönlichen Differenzen ihm scheißegal waren, solange es um deine Sicherheit ging. Deswegen müssen sie mir auch scheißegal sein. Willst du ihn anrufen, oder soll ich das tun?«
»Ich mache das.«
»Gut.« Er ging in Richtung Küche. »Ich setze Kaffee auf, dann rufe ich Wilson an, und anschließend telefoniere ich mit Carol auf dem Revier, um zu hören, ob sie schon die
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