Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
weg von all den gewöhnlichen Menschen wie ihnen selbst, die gewöhnliche Leben führten. Hinter jeder hochaufragenden Hecke und jedem geschlossenen Tor vermutete sie eine Berühmtheit, einen Studioboss oder irgendeinen anderen Manager.
Je höher sie kamen, umso weniger Häuser gab es und umso weiter standen sie auseinander. Meistens konnte man nicht mehr erkennen als eine Giebelspitze, ein Stück vom Dachfirst oder hier und da den hinteren Zaun eines Tennisplatzes.
»Al-Kallis Haus müsste genau auf der Bergkuppe liegen«, sagte Beth und ließ den Stadtplan sinken. Schon seit mehreren Blocks wirkte die Straße eher wie ein Privatweg, und direkt vor ihnen konnten sie jetzt ein beleuchtetes Torhaus erkennen. Als sie anhielten, überprüfte ein stämmiger Asiat in blauer Uniform ihre Namen auf der Besucherliste und sagte ihnen, sie sollten der Auffahrt folgen, aber langsam. »Die Pfauen stehen manchmal direkt auf dem Weg«, sagte er.
»Pfauen?«, sagte Carter zu Beth, als sie langsam auf das Grundstück rollten.
Und tatsächlich, da waren sie, eine ganze Schar davon. Die Schwanzfedern zu wunderschönen Rädern aus Blau und Gold aufgefächert, stolzierten sie um den Rand eines sprudelnden Springbrunnens herum.
»Eine ausgezeichnete Nachbildung des Trevi-Brunnens«, sagte Carter mit Blick auf den mit Skulpturen überladenen Brunnen.
»Was macht dich so sicher, dass es eine Nachbildung ist?«, sagte Beth, und Carter lachte.
»Du könntest recht haben«, sagte er. »Und was kommt als Nächstes? Der Eiffelturm?«
Am Ende der gewundenen Auffahrt, vor einem riesigen Herrenhaus aus Stein und Holz, trat ein Diener in roter Jacke auf den Weg und bedeutete ihnen anzuhalten. Ein weiterer Diener materialisierte sich aus der Dunkelheit und hielt Beth die Tür auf. Carter sah ein Dutzend anderer Wagen ordentlich vor dem Flügel mit den Garagen aufgereiht, alles Bentleys, Jaguars oder BMWS. Ein staubiger grüner Mustang ganz am Ende bildete die einzige Ausnahme in dieser edlen Reihe. Beth und Carter wurden die Vordertreppe hinaufgeleitet und betraten ein geräumiges Foyer mit Marmorfußboden. Auf beiden Seiten führten breite, geschwungene Treppen nach oben. Direkt vor ihnen ertönte Musik, und ein Dienstmädchen in weißer Schürze und Häubchen führte sie hinaus in den Garten hinter dem Haus. Unter einem Jacarandabaum spielte ein Streichquartett in Abendkleidung ein Stück von Brahms.
Al-Kalli entdeckte sie, entschuldigte sich bei einer kleinen Gruppe Gäste und kam mit ausgestreckten Händen auf sie zu. »Ich hatte schon Angst, Sie würden es nicht schaffen«, sagte er, und Carter entschuldigte sich für die Verspätung.
Ein Kellner mit einem Silbertablett mit gefüllten Champagnerflöten tauchte auf, und al-Kalli reichte jedem von ihnen ein Glas. Seine Manschettenknöpfe aus Rubinen glänzten im gedämpften Schimmer der Stehlampen, die hier und da im Garten aufgestellt worden waren.
»Ihr Haus ist wunderschön«, sagte Beth, und al-Kalli blickte hinauf zu den längs unterteilten Fenstern und den grauen Steinmauern, als sähe er sie zum ersten Mal. »Zu schade, dass Sie unseren Palast im Irak nicht sehen können.«
Carter fragte sich, ob der wohl noch stand.
»Aber kommen Sie, ich möchte Sie den anderen Gästen vorstellen«, sagte al-Kalli. »Wir gehen bald zum Essen hinein.«
Beth hatte bereits verschiedene bekannte Gesichter entdeckt, darunter die wohlhabenden Mäzene des Museums, die Critchleys, sowie ihre eigene Chefin, Berenice Cabot. Die anderen Gäste, eine interessant wirkende Mischung aller Rassen und Ethnien, schienen nur eines gemeinsam zu haben – Geld. Mit jeder Faser strahlten sie Weltläufigkeit und Stil aus, vom Haarschnitt bis zu der Art und Weise, wie sie sich bewegten. Als sie sich ihnen näherten, hörten sie seichtes Geplauder in verschiedenen Akzenten, hier ein paar Worte Italienisch, dort die Erwähnung der Biennale in Venedig. Beth und Carter wurden jedermann vorgestellt, als gehörten sie ebenfalls zu diesem erlauchten Kreis. Beth erkannte ein Vorstandsmitglied des Courtauld-Institutes, an dem sie in London promoviert hatte, und begann, sich an der allgemeinen Unterhaltung zu beteiligen. Sie registrierte, dass al-Kalli Carter beiseitenahm, um ihn einem Mann vorzustellen, der hier irgendwie nicht herzupassen schien. Er trug einen schlecht sitzenden Anzug, und mit seinem linken Bein schien etwas nicht in Ordnung zu sein. Doch dann brachte Mrs Critchley die Sprache auf einen Mantegna, der
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