Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
öffentlich einen Eid ablegen, dass sie nie wieder die Sache Christi und unseren Pilgerzug verraten würden.
Beth wusste, dass der Bericht des Schreibers der Wahrheit entsprach. Sie hatte die maßgebenden historischen Quellen überprüft, und Petrus’ Desertion war in den Annalen des Ersten Kreuzzugs gut belegt. Ebenso wie der Bericht des Schreibers von der Belagerung Antiochias, die umgehend folgte.
Obgleich die Mauern Antiochias durchbrochen worden waren, hielten die Zitadelle und ihre Verteidiger immer noch stand, und wir fanden uns unsererseits belagert von einer mächtigen Armee, angeführt von Kerboga, dem Prinzen Mosuls, und achtundzwanzig türkischen Emiren. Es boten sich uns nur zwei Wege, Sklaverei oder Tod, und dergestalt schritten wir unter dem Banner des Himmels voran und dem Feind entgegen. Bereits in den ersten Stunden der Schlacht geriet ich in Gefangenschaft, und während meine Begleiter unter den Krummsäbeln der Sarazenen fielen, wurde ich durch Gottes Gnade und durch meine besonderen Fertigkeiten errettet. Ein Kommandeur der Ungläubigen, der aus meinen Werkzeugen schloss, dass ich sowohl der Kunst als auch des Schreibens mächtig war, befahl, dass ich zu seinem Palast gebracht würde, nicht als Gefangener, sondern als sein geehrter Gast. Und in ebendiesem Palast schreibe ich jetzt meine letzten Worte nieder, um morgen als blutiger Zeitvertreib im Garten jenes schrecklichen Herrschers zu enden, der einst mein Gönner und jetzt mein Henker ist, des Sultans Kilij al-Kalli.
Obwohl sie damit hätte rechnen können, war Beth verblüfft, als sie den Namen al-Kalli las. Mohammed hatte sich also nicht geirrt, Edens wilde Tiere war tatsächlich, vor beinahe tausend Jahren, für einen seiner direkten Vorfahren geschaffen worden. Allen bemerkenswerten Schwierigkeiten zum Trotz wurde es seit unzähligen Generationen erfolgreich innerhalb der Familie weitergereicht und war in wunderbarem Zustand erhalten geblieben. Doch erst jetzt offenbarte es ihr gegenüber sein schreckliches Geheimnis.
»Welche Krawatte soll ich umbinden?«, fragte Carter und kam mit zwei verschiedenen um den Hals gelegt aus dem Schrank. Als er sah, dass Beth immer noch in Unterwäsche auf der Bettkante saß, vollkommen vertieft in den Brief, lachte er. »Du bist ja noch schlimmer als ich«, sagte er. »Du musst dich anziehen, oder wir kommen zu spät.«
Sie hörte ihn, konnte sich jedoch immer noch nicht losreißen.
»Beth?«, sagte er. »Erde an Beth? Es ist Viertel vor sieben.«
»Du wirst nicht glauben, was ich gerade gelesen habe«, sagte sie und erzählte ihm von der Erwähnung des Sultans Kilij al-Kalli.
»Mohammed wird sich freuen, das zu hören«, sagte Carter, »wenn wir jemals dort ankommen.«
Sie legte die Ausdrucke aufs Bett.
»Krawatte?«, erinnerte er sie.
»Oh … nimm die mit den blauen Streifen.«
»Natürlich hängt das davon ab«, rief er aus dem Badezimmer, wo er sich die Krawatte umband, »ob du ihm von deiner kleinen Entdeckung erzählen willst oder nicht. Hast du dich schon entschieden?«
Genau diese Frage quälte Beth. Einerseits hatte sie es noch nicht geschafft, den gesamten Text vom Computer übersetzen zu lassen, und sie wollte niemandem verraten, was sie gefunden hatte, solange sie nicht genau wusste, was sie gefunden hatte. Auf der anderen Seite gehörte ihr Edens wilde Tiere nicht. Es gehörte Mohammed al-Kalli, und er hatte das Recht, alles darüber zu erfahren, was es darüber zu wissen gab.
Sie konnte es nicht sehr viel länger herauszögern, ihm davon zu erzählen.
Rasch schlüpfte sie in ein schlichtes schwarzes Kleid und hochhackige Schuhe und legte die Perlenkette um, die ihre Tante ihr hinterlassen hatte. Anschließend gab sie Robin die letzten Anweisungen zum Babysitten. Joey saß in seinem Laufstall, ganz von seinen Spielsachen in Anspruch genommen. Obwohl sie mit Beth’ Wagen nach Bel Air fuhren, einem weißen Volvo, der etwas neuer war und sauberer aussah als Carters Jeep, saß Carter am Steuer, und Beth lotste ihn. Ein- oder zweimal mussten sie anhalten und auf den Stadtplan schauen.
»Ziemlich dunkel hier oben, was?«, sagte Carter, als Beth eingestand, dass sie links anstatt rechts hätten abbiegen müssen.
Beth war ebenfalls überrascht. Sie waren noch kein Jahr in L. A., und bisher hatte sie noch nichts in diese schwindelerregende Gegend des höher gelegenen Teils von Bel Air geführt. Sie hatte das Gefühl, als befänden sie sich hoch über dem Rest der Stadt und weit
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