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Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)

Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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war unverwechselbar. Ambrosius von Bury St. Edmunds, Künstler und Soldat, Spitzbube und Kreuzfahrer, war das unbekannte Genie, dessen abenteuerliche Reise ihn aus dem Kloster in Canterbury zu seinem entsetzlichen Ende im Irrgarten eines Sultans geführt hatte. Er war der Autor beider Flüche, er war der Michelangelo seiner Zeit.
    Und nur Beth wusste, wer er war.
    Sie hatte kaum Zeit, ihren Sieg auszukosten, als sie aus dem Schatten an der Rückseite der Galerie eine tiefe Stimme sagen hörte: »Hab keine Angst.«
    Plötzlich fürchtete sie sich, wie nie zuvor in ihrem Leben.
    Es schien, als würden die Schatten miteinander verschmelzen und Gestalt annehmen … die Gestalt eines Mannes, der jetzt schweigend einen Schritt vortrat. Er war hochgewachsen und elegant, mit perfekt gemeißelten Gesichtszügen, in einem Anzug, der selbst aus Dunkelheit zu bestehen schien. Das weißblonde, aus der Stirn zurückgestrichene Haar schimmerte im Licht der Deckenlampen. Die Augen waren hinter kleinen runden bernsteinfarbenen Gläsern verborgen.
    »Aber du hast Angst«, sagte er, mit diesem seltsamen fremdartigen Akzent.
    Der Geruch von Wald, direkt nach einem leichten Regen, erfüllte die Galerie.
    Beth wollte sich umdrehen und davonlaufen. Als würde der Eindringling das spüren, blieb er stehen, wo er war, doch Beth konnte sich nicht von der Stelle rühren.
    »Bedenke dies«, sagte er. »Wenn ich dir oder deinem Sohn ein Leid hätte antun wollen, hätte ich es dann nicht schon längst getan?«
    Ihr schlimmster Albtraum war Wirklichkeit geworden: Arius lebte, und er war hier. Die ganze Zeit über hatte sie versucht, sich einzureden, dass ihr lediglich ihre Phantasie einen Streich spielte; die ganze Zeit über hatte sie sich gesagt, dass sie aus einer Mücke einen Elefanten machte … doch sie hatte sich geirrt.
    Und im Grunde hatte sie es immer gewusst.
    Sie wollte sagen: »Warum sind Sie hier? Was wollen Sie?«, doch ihr Mund war zu trocken – und es schien auch nicht nötig zu sein. Er antwortete, als hätte sie die Worte laut ausgesprochen.
    »Ich war immer hier, und was ich will, was ich immer wollte, ist dein Wohlergehen.«
    Ihr Wohlergehen? Beth’ Erinnerungen an Arius waren recht verworren. Es war, als seien sie hinter einem Schleier verborgen, verhüllt von einem Baumwollüberwurf, durch den sie nur hier und da einen kurzen Blick auf merkwürdige und verwirrende Ereignisse erhaschen konnte. Doch Schutz und Fürsorge um sie gehörten mit Sicherheit nicht zu den Erinnerungen, die jetzt in ihr aufstiegen. Ganz im Gegenteil. Die Erinnerungen, die vor allem aus Sinneseindrücken bestanden, waren allesamt düster und zutiefst verstörend. Allein sein Anblick führte dazu, dass ihre Haut zu kribbeln begann.
    Ohne dass er sich sichtbar bewegt hätte, war er erneut merklich näher gekommen. Der Duft von regenfeuchten Blättern wurde stärker. Und obwohl die Beleuchtung im Saal schummrig war, allenfalls diffus, schien er alles Licht auf sich gezogen zu haben. In seinem schwarzen Anzug hob er sich von den dunklen Schatten ab, das Gesicht strahlte fast unmerklich, als würde es von einem Feuer in seinem Inneren erhellt. Die bernsteinfarbenen Brillengläser verbargen seine Augenfarbe, doch Beth erinnerte sich wieder, eine vage und schreckliche Erinnerung, an seinen Blick, der aufwühlte und veränderte und einem Messer gleich in alles eindrang, was immer er auch ansah.
    »Um zu beweisen, dass ich es ernst meine, bin ich gekommen, um dich zu warnen.«
    »Wovor?«
    »Fahr nach Hause, jetzt, zu Joey.«
    Beth fühlte sich aufgeschreckt, als hätte sie einen elektrischen Schlag bekommen. »Was ist los? Was ist mit Joey?« In der Flut ihrer Sorge um ihn ging sogar ihre Angst unter.
    »Es ist noch genug Zeit. Aber geh. Du musst jetzt zu ihm.«
    Sie hatte keinen Grund, ihm zu glauben, aber sie tat es. Sie hatte keinen Grund, zu tun, was er vorgeschlagen hatte, doch sie verspürte den überwältigenden Drang, aus der Galerie zu stürzen. Aber um nichts auf der Welt würde sie Arius den Rücken zukehren; es war, als wäre sie nicht einmal in der Lage dazu. Seine bloße Anwesenheit hatte etwas Fesselndes, Hypnotisierendes, trotz seiner teilweise verborgenen Augen.
    Er trat zurück, und sein Gesicht verschwand tiefer im Schatten.
    Machte er das mit Absicht?
    »Ich fahre«, sagte Beth mit leiser und zittriger Stimme, »aber sagen Sie mir eines: Warum? Was wird geschehen?«
    Erneut ohne sichtbare Bewegung, schien er weiter in den Raum

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