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Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)

Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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ob die Fackel, die seit ewigen Zeiten so hell brannte, vor seinen Augen erlöschen würde. Und mit ihr verschwände sehr wahrscheinlich auch der Wohlstand und die Macht der al-Kallis. Die Legenden betonten immer wieder, dass die Macht der Familie untrennbar mit diesem sonderbaren Erbe verknüpft war. Al-Kalli war zwar in einer säkularen Welt aufgewachsen und im englischen Harrow und Sandhurst ausgebildet worden, doch er konnte diese abergläubische Furcht genauso wenig abschütteln, wie ein nichtpraktizierender Katholik im Moment seines Todes die Absolution verweigern könnte.
    Angeboren ist nicht verloren.
    »Hat er irgendetwas gegessen?«, fragte er Rashid.
    »Seit Tagen nicht mehr.«
    »Hol eine Ziege.«
    Rashid nickte und verschwand. Al-Kalli überlegte grübelnd, was er noch tun könnte. Er konnte genauso wenig einen Veterinär von draußen holen, wie er im Irak einen Arzt für seine vergiftete Familie hätte rufen können. Sobald auch nur ein Wort über diese Tiere nach außen getragen würde, würde er die Sache nie wieder unter Kontrolle bekommen. Sobald die Geschichte ruchbar würde, würde man ihn wegen des Verstoßes gegen Hunderte von Gesetzen anklagen, vom unerlaubten Import von Tieren bis zu den mannigfaltigen Lügen in seinen Einwanderungspapieren. Seine Papiere würden für ungültig erklärt, und er und sein Sohn würden abgeschoben werden. Und das Bestiarium? Das Bestiarium würde man im Namen der Wissenschaft stehlen.
    Die Geschöpfe würden Gott weiß wohin verteilt werden, und die al-Kallis würden ebenfalls in Vergessenheit geraten.
    Das durfte er nicht zulassen.
    Rashid kehrte zurück und zerrte eine grau gefleckte Ziege an den Hörnern hinter sich her.
    Al-Kalli drückte den Knopf aus rostfreiem Stahl, mit dem der Käfig entriegelt wurde, und das erste von zwei Toren glitt auf. Rashid zerrte die Ziege in die kleine Einfriedung, ließ sie los und eilte wieder hinaus. Al-Kalli drückte erneut auf den Knopf, das zweite Tor glitt zurück, und die Ziege stand nun schutzlos im riesigen Gehege.
    Selbst, wenn sie bisher noch nichts gesehen hatte, so wusste die Ziege doch, dass sie sich in Lebensgefahr befand. Sie hob den Kopf, schnüffelte unruhig in der Luft und presste das Hinterteil fest gegen das Tor. In der Dunkelheit der Höhle konnte al-Kalli sehen, wie das Ungeheuer sich rührte. Die Ziege kotete vor Angst. Das Tier in der Höhle hob den gewaltigen Kopf. Die Ziege meckerte, und tänzelte zuerst nach links, dann nach rechts. Schließlich blieb sie stocksteif stehen. Al-Kalli blickte der Kreatur in der Höhle direkt in die Augen. Er sah dunkle, gelb-schwelende Augäpfel mit tiefen, überhängenden, krokodilähnlichen Brauen.
    »Iss!«, drängte al-Kalli sie mit leiser Stimme.
    Die Ziege meckerte erneut und sah sich nach irgendeiner Fluchtmöglichkeit um.
    »Iss!«
    Das Geschöpf richtete sich auf den stämmigen Vorderbeinen auf, doch anstatt aus seinem Schlupfwinkel zu stapfen, drehte es sich um und zog sich noch tiefer in die Höhle zurück. Die Hüften wiesen die glänzenden Schuppen eines Reptils auf, hier und da mit büscheligem Fell versehen. Al-Kalli konnte hören, wie es sich wieder hinlegte, unsichtbar in der dunklen Tiefe der Höhle.
    Es würde nicht essen.
    »Sehen Sie«, sagte Rashid ängstlich. »Es ist, als wollte es nicht länger leben.«
    »Es muss«, sagte al-Kalli, mehr zu sich als zu Rashid. »Es muss einfach.«

7. Kapitel
    Greer stand da, mit leicht gespreizten Beinen und beiden Händen am Griff der Pistole. Er hob die Waffe, zielte und drückte den Abzug.
    Ein sauberes rundes Loch erschien links von der Mitte der Pappfigur.
    Er korrigierte seinen Griff, zielte und feuerte erneut. Aus dem Lauf der Waffe schoss eine orangefarbene Flamme heraus, es gab einen kurzen Rückstoß, und als der Rauch sich verzogen hatte, sah er das zweite Loch, diesmal genau im Zentrum der hellgrünen Pappfigur mit menschlichem Umriss, in fünfzehn Metern Entfernung.
    Er konnte es immer noch. Bei der Grundausbildung war er der beste Schütze gewesen, und er war der Beste im Feld. Auch die Beretta 92FS, oder, wie sie beim Militär genannt wurde, die M9, blieb die Waffe seiner Wahl. Eine leichte Halbautomatik mit einem Rahmen aus Aluminiumlegierung, deren Sperrklinkenverschluss eine schnellere Taktzeit und eine außergewöhnliche Genauigkeit ermöglichte. Der umschaltbare Magazinauslöseknopf, direkt hinter dem Abzugsbügel, gab Rechts- und Linkshändern dieselbe Chance, das leere Magazin auszuwerfen

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