Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
verriegelten Tür. Dahinter lag der Weinkeller, groß genug, um zehntausend Flaschen erlesenster Weine aufzunehmen. Der Öl-Tycoon, dem das Schloss einst gehört hatte, hatte ihn vor Jahrzehnten an diesem kühlen, abgelegenen Ort eingerichtet. Al-Kalli war niemals ein großer Weinkenner gewesen, aber jetzt hatte er ziemlich unerwartet eine originelle und erfinderische Verwendung für den Keller gefunden.
Jakob schaltete die Deckenleuchte ein, einen Kronleuchter, der hier ziemlich fehl am Platze wirkte. Von einem Moment auf den anderen verwandelte sich die völlige Dunkelheit in blendendes helles Licht. In den hölzernen Regalen entlang einer Wand lagerten wirklich ein paar hundert Flaschen, auf denen sich Staub sammelte, denn tatsächlich gab al-Kalli eine angemessene Menge an Abendgesellschaften. Der erstaunlichste Gegenstand in diesem Raum jedoch war der Metallstuhl an der hinteren Wand, auf dem al-Kallis Gast saß. Er hatte den Kopf an die Mauer gelehnt und die Augen geschlossen. Eine mit einem Schraubbolzen im Beton verankerte Kette fesselte seine Hände. Jakob hatte ziemliche Mühe gehabt und musste im Baumarkt jede Menge merkwürdige Fragen stellen, um herauszufinden, wie er den Bolzen und die Kette am besten befestigte.
»Hast du gut geschlafen, Rafik?«, fragte al-Kalli auf Arabisch. Im Raum stank es nach dem Chemieklo, das versteckt in der Ecke stand. Daneben lagen mehrere Plastikflaschen Mineralwasser und die Überreste eines Sandwichs. Sein Gast schien keinen großen Appetit zu haben.
»Du kannst die Augen aufmachen«, sagte al-Kalli, erneut in der Sprache, die er kaum benutzt hatte, seit er den Nahen Osten verlassen hatte. Sein Arabisch war etwas eingerostet, aber immer noch gut genug.
Rafik reagierte nicht. Er saß da wie tot, obwohl al-Kalli noch nicht entschieden hatte, ob er ihm diese Gnade erweisen sollte.
»Wir sind nur hier, um uns zu unterhalten«, fuhr al-Kalli in vollkommen sachlichem Ton fort, »und da weiterzumachen, wo wir beim letzten Mal aufgehört haben.« Er nickte Jakob zu, und dieser schlug Rafik erst auf die eine, dann auf die andere Wange. Sein Kopf rollte schlaff nach vorn, und er öffnete mühsam die Augen.
»So ist es besser«, sagte al-Kalli.
Das Gesicht des Gefangenen war mit blauen Flecken übersät, und die Lippen waren aufgeplatzt. Das schwarze Haar hing ihm in schlaffen Strähnen in die Stirn.
»Weißt du noch, was du mir letztes Mal erzählt hast, als wir uns unterhalten haben?«
Rafiks Kopf rollte weiterhin herum, als wäre er kaum noch mit dem Hals verbunden.
Al-Kalli nickte Jakob erneut zu, der eine der Wasserflaschen aufsammelte, sie öffnete und Rafiks Kopf zurückriss. Er goss das Wasser über den kaputten, halb offenen Mund und hörte erst auf, als der Gefangene zu prusten begann.
»Wir haben über die Party in Saddams Palast geredet.«
Rafiks Zunge berührte die ausgetrockneten, rissigen Lippen.
»Jene Party, auf der du meiner Tochter die Suppe serviert hast.«
Rafiks Kopf sackte nach unten, doch jetzt hielt er ihn still.
»Ich habe dich gefragt, ob du wusstest, dass die Suppe vergiftet war.«
Rafik rührte sich nicht.
»Wenn ich mich recht entsinne, sagtest du, du hättest nur gemacht, was man dir gesagt hatte.«
»Warum«, murmelte Rafik kaum hörbar auf Arabisch, »finden Sie sich nicht einfach damit ab?«
»Weil wir es nicht eilig haben«, sagte al-Kalli und tauschte ein schwaches Lächeln mit Jakob, der mit verschränkten Armen auf der einen Seite des Metallstuhls stand. »Außerdem will ich immer noch wissen, wer der andere Kellner war, der mit dem Schurrbart, der meine Frau bedient hat.«
»Ich habe Ihnen gesagt«, krächzte Rafik, »dass ich es nicht weiß.«
Al-Kalli hatte kaum genügend Zeit, um seinem Bodyguard zu signalisieren, was er wollte, da holte Jakob auch schon aus und fegte Rafik mit einem einzigen Schlag ins Gesicht vom Stuhl. Der Mann stürzte auf den Betonfußboden. Die Kette hing baumelnd herunter.
»Ich weiß nicht, ob Saddam so eine wichtige Aufgabe, nämlich meine Familie umzubringen, Fremden anvertraut hätte.« Al-Kalli schüttelte den Kopf, als sei er sich in diesem Punkt mit sich selbst uneins. »Nein, ich glaube, dass ihr alle zusammen gut geschult worden seid. Ich glaube, dass ihr gezielt ausgewählt wurdet.«
Rafik rührte sich nicht.
»Die anderen beiden habe ich bereits gefunden.« Er sagte nicht, was er mit ihnen gemacht hatte. »Und ich habe eine Menge Mühe auf mich genommen, um dich aufzuspüren.«
Die
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