Knochenjagd (German Edition)
will sie raushaben.«
»Warum wirft sie sie nicht einfach raus?«
»Madame weigert sich.«
Plötzlich kapierte ich, was das bedeutete.
»Das ist besser als ein Durchsuchungsbeschluss«, sagte ich.
»Besser als ein Durchsuchungsbeschluss«, bestätigte Ollie.
13
Ende des 18. Jahrhunderts expandierte die Hudson’s Bay Company, angetrieben vom Konkurrenzdruck, nach Westen ins kanadische Binnenland und gründete an den großen Flüssen eine Reihe von Außenposten. Einer entstand am North Saskatchewan, und daraus entwickelte sich Edmonton. Im Klondike-Goldrausch der 1890er-Jahre spielte die Stadt eine wichtige Rolle und auch im Ölboom nach dem Zweiten Weltkrieg.
Heute ist Edmonton die Hauptstadt der Provinz Alberta. Sie hat ein beeindruckendes Regierungsgebäude, eine Universität, ein Konservatorium und unzählige Parks. Diese Attraktionen locken Tausende von Touristen an. Aber nichts lässt sich mit der Mall vergleichen.
Mit einer Fläche von sechsundfünfzigtausend Quadratmetern und über achthundert Geschäften ist die West Edmonton Mall das größte Einkaufszentrum Nordamerikas und das fünftgrößte der ganzen Welt. Und in dem Monster geht’s nicht nur ums Einkaufen. Der Komplex umfasst außerdem einen gigantischen Wasserpark, einen künstlichen See, eine Eisbahn, zwei Minigolfplätze, einundzwanzig Kinos, ein Kasino, einen Vergnügungspark und zahllose andere Verzückungen.
Susan Forex wohnte nur einen Steinwurf entfernt. Einen sehr kurzen.
Um Viertel vor acht bogen Ollie, Ryan und ich in die Straße ein. Ollie hatte Kaffee und Donuts gekauft, und wir hatten im Auto gefrühstückt. Da ich die mit Marmeladenfüllung nicht mag, und die meisten waren solche, nahm ich mir schamlos alle drei mit Schokoladenglasur.
Befeuert von Zucker und Koffein schaute ich mir die Nachbarschaft genauer an. Die Häuser standen dicht beiein-ander und waren alle vom selben Typ, manche mit großen Veranden an der Front und andere mit kaum mehr als einer Türschwelle. Blumenbeete oder Sträucher verdeckten die Fundamente, kleine Rasenflächen liefen bis zum Bürgersteig. Hier und dort lag ein Fahrrad oder ein Spielzeug verlassen im Gras.
Ollie parkte vor einem zweistöckigen Gebäude mit grauer Wandverkleidung und schwarzen Fensterläden. Die Haustür war links. Eine überdachte Veranda lief von dort an der Front entlang.
»Reichlich mittelständisch.«
Ich konnte Ollie nicht widersprechen. Es sah anders aus, als ich erwartet hatte.
»Die hübsche Dame hat eben gern Abwechslung von der Arbeit«, fügte Ollie hinzu.
»Das wollen die meisten von uns«, sagte Ryan.
»Ich wette, die Nachbarn haben keine Ahnung, was sie macht.«
»Reden Sie am Zaun über Ihre Arbeit?« Ryans Stimme war völlig flach.
»Ich habe eine Eigentumswohnung.«
»Sie wissen, was ich meine.«
»Mein Job ist es aber nicht, Stechern in einer Gasse einen zu blasen.«
»Mon Dieu, sind wir heute voreingenommen.«
»Mein Fehler. Wahrscheinlich organisiert Forex das alljährliche Picknick der Hausbesitzer.«
»Wieso nicht?«
»Aber nur, wenn es tagsüber stattfindet.«
»Die Vorzüge der Selbstständigkeit. Man kann die Arbeitszeiten selbst bestimmen.«
»Ein hübsches Bild. Forex und die Nuttengang servieren Krautsalat.«
Ich hatte genug von der Zankerei. »Was wissen wir über diese Mieterin?«
»Sie heißt Aurora Devereaux. Sie ist neu in der Stadt und hat es bislang geschafft, unter dem Radar zu bleiben.«
»Haben Sie den Namen überprüft?«, fragte Ryan.
Ollie schlug sich an die Stirn. »Mann, hätte ich nur darangedacht.«
»Was sind Sie doch für ein Vollidiot.« Ryans Worte klirrten wie Eis.
Das war zu viel.
»Mir reißt in Kürze der Geduldsfaden.« Ich schaute böse von Ollie zu Ryan auf dem Rücksitz. »Ich weiß nicht, was das Problem ist, aber ihr müsst beide an eurer Einstellung arbeiten.«
Mit den Lippen formte Ollie das Wort »Hormone«.
»Devereaux?« Ich musste mich sehr beherrschen, um ihn nicht zu schlagen.
»Ein blitzblanker neuer Deckname, einer von mehreren. In Wirklichkeit heißt die Dame Norma Devlin. Sie ist zweiundzwanzig, aus Calgary, und landete vor zwei Monaten in Edmonton. Die Polizei von Calgary sagt, ihr Vorstrafenregister ist ziemlich lang, aber das meiste fällt unter Jugendstrafrecht und ist für uns ohne richterlichen Beschluss deshalb nicht zugänglich. Lauter Kleinigkeiten, Ladendiebstahl, Aufforderung zur Unzucht, Störung der öffentlichen Ordnung. Jede Menge Bewährung, kein Knast.«
»Was
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