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Knochenjagd (German Edition)

Knochenjagd (German Edition)

Titel: Knochenjagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Körper in dem schlabbrigen Trainingsanzug war knochendürr. Ich schätzte sein Gewicht samt triefnassen Klamotten auf etwa fünfundzwanzig Kilo, sein Alter auf ungefähr zwölf.
    »Ja? Was glauben Sie, wie alt ich bin?«
    Meine Lunge war noch so verkrampft, dass ich kaum einen Ton hervorbrachte.
    Als ich aufstand, kam der Junge näher. Er hatte dunkle, zu weit auseinanderstehende Augen und dunkle Locken, die unter der Mütze hervorquollen. Eine Narbe auf der Oberlippe deutete auf eine chirurgisch korrigierte Gaumenspalte hin.
    »Mann, Sie sehen echt scheiße aus.«
    Da musste ich ihm recht geben. Mein Kinn war aufgeschürft. Die Haare waren nass. Meine Kleidung war tropfnass und schlammverschmiert.
    »Riechen auch scheiße.«
    »Solltest du nicht im Kindergarten sein?« Albern. Aber der kleine Affe provozierte mich.
    »Wenn Sie das Altenheim suchen, kann Ihnen meine Oma vielleicht weiterhelfen.«
    »Kann deine Oma dir vielleicht auch Manieren beibringen?«
    »Würde nichts bringen. Sie wären dann leider immer noch steinalt.«
    Ich setzte mich wieder in Bewegung. Der Junge radelte auf der Hamilton neben mir her.
    »Ich habe Sie heute Morgen auf der Fiftieth gesehen.«
    »Brillant. Aber ich habe keine Lutscher mehr.«
    »Sie haben Ms. Snook verfolgt.«
    Nellie Snook. Ich prägte mir den Nachnamen ein.
    »Was machen Sie hier in Old Town?«
    »Ich suche nach einer Freundin.«
    »Warum sind Sie voller Schweinematsch?«
    »Bin hingefallen.«
    »Wahrscheinlich Alzheimer.«
    »Und du brauchst erst in zehn oder zwölf Jahren ’ne Männerunterhose.«
    »Und Sie pinkeln dann in Ihre Windeln.«
    »Meine Freundin heißt Annaliese Ruben.«
    »Warum suchen Sie sie?«
    »Ich muss ihr etwas geben.«
    »Geben Sie her. Ich fahr’s ihr rüber.«
    »Du fährst es direkt gegen den nächsten Zaun.«
    »Den Versuch war’s wert.« Der Junge grinste breit und zeigte große Lücken zwischen schiefen Zähnen.
    »Du kennst Nellie Snook also?«
    »Hab ich nie behauptet.«
    »Kennst du Annaliese Ruben?«
    »Ist das ’ne alte Schachtel wie Sie?«
    »Wie heißt du?«
    »Binny.«
    »Binny was?«
    »Binny Geht-dich-nichts-an.«
    Ich war mir sicher, dass Binny davonradeln würde, wenn ich auf die Franklin einbog. Er tat es nicht. Nach einem halben Block kam mir ein Gedanke.
    »Hey, Knirps.«
    »Ja, Oma.«
    »Kennst du einen Horace Tyne?«
    »Jeder kennt Horace.«
    »Warum das?«
    »Macht einen auf Ökosoph.«
    »Ökologe?«
    Verlegenheit huschte ihm übers Gesicht.
    »Viele Leute kommen heutzutage auf den Umweltschutz. Warum ist Horace so besonders?«
    »Die anderen klopfen nur Sprüche. Horace macht was.«
    »Soll heißen?«
    »Soll heißen, dass er versucht, das Karibu zu retten und solche Sachen.«
    »Wie will er das Karibu retten?«
    »Indem er ein Reservat gründet. Keiner kann den Herden was tun, wenn sie in einem Reservat sind.«
    »Gefällt deiner Oma eigentlich, wie du dich aufführst?«
    »Gefällt irgendjemandem Ihr runzliges, altes Gesicht?«
    »Warum bist du nicht in der Schule?«
    »Ich habe Windpocken.«
    Wieder dachte ich, dass der Junge sich jetzt aus dem Staub machen würde. Wieder hatte ich mich getäuscht.
    Im Gehen überdachte ich noch einmal meine Unterhaltung mit Nellie. Ihre Frage hatte auf eine Beziehung zwischen Ruben und Tyne hingedeutet. Dieser Junge kannte Tyne.
    »War das KFC schon offen, als du heute früh dort warst, Knirps?«
    »Nein – Oma.«
    »Ist es jetzt offen?«
    »Glaub nicht.«
    »Alt genug für Pfannkuchen?«
    »Sie zahlen?«
    »Können wir über Horace Tyne reden?«
    »Dreh schon mal dein Hörgerät lauter.«

20
    Binny und ich näherten uns der Forty-Third Street, als das Geräusch eines Motors uns beide aufschreckte.
    Ryan saß am Steuer eines weißen Toyota Camry. Er war von hinten herangefahren und kroch jetzt am Bordstein entlang.
    Ich blieb stehen. Binny zögerte, schaute zu mir hoch und stellte dann einen Fuß auf den Bürgersteig, um sich abzustützen.
    Ryan hielt neben uns. Durch die Windschutzscheibe sah ich ihn auf Parken schalten. Nicht sehr sanft.
    Ich ging zu dem Camry. Binny schaute zu, einen Fuß fluchtbereit auf dem Pedal.
    Ich bückte mich lächelnd und klopfte ans Fenster der Beifahrerseite. Anstatt die Scheibe herunterzulassen, riss Ryan an seinem Türgriff, stieg aus und kam um den Kofferraum herum.
    »Junge, bin ich froh, dich zu sehen«, sagte ich, immer noch lächelnd.
    »Was soll die Scheiße, Brennan?« Ryans Ausdruck war eine wilde Mischung aus Wut und Erleichterung.
    »Ich

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