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Knochenkälte

Titel: Knochenkälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Toast hochschnellt. »Mir war gestern nicht nach Reden.«
    Dad ist nie nach Reden, wenn es um Moms Schwester geht.
    »Aber du solltest sie jedenfalls mal anrufen«, sagt er.
    Ich schiebe das Rührei auf dem Teller herum. Mit Tante Karen zu reden, macht mich echt fertig. Sie sieht Mom so ähnlich, dass es wehtut. Und am Telefon klingt ihre Stimme genau
wie die von Mom. Bohrt sich mitten rein in mein Hirn und mein Herz.
    Vielleicht geht’s Dad ja genauso.
    Ich denke zu viel nach. Das reicht jetzt!
    Der Toast kommt hoch und ich auch. Ich stelle meinen Teller in die Spüle. »Muss los.«
    Ich fliehe, bevor wir irgendwelche Gefühle zeigen können. Darin sind wir beide nicht besonders gut.
    Ich ziehe mir Jacke und Handschuhe an und hole mir meine Tasche. Ich bin gerade wieder in der Küche und auf dem Weg zur Hintertür, als ich auf einmal höre, wie draußen ein Auto vorfährt.
    Dad späht durch den durchsichtigen Fleck in der Scheibe neben der Spüle, dann duckt er sich hastig. »Was will die denn hier?«
    »Wer?«
    »Ich glaub, sie hat mich gesehen.« Er bleibt ein gutes Stück vom Fenster weg.
    »Wer?«
    »Die Frau vom Red and White .«
    Andrea. Ihr gehört der Lebensmittelladen von Harvest Cove. Dad fährt den ganzen langen Weg bis Barrie, wenn er einkaufen muss, nur um ihr nicht zu begegnen.
    Das Ganze hat letzten Monat angefangen, als Andrea gerade dabei war, unser Zeug einzupacken.
    »Bleibt ihr auch den Winter über?«, fragte sie. »Ich dachte, ihr wärt vielleicht nur Sommergäste.«
    »Nein«, brummte Dad. »Wir bleiben auch den Winter über.«

    »Die Wildsaison beginnt ja bald. Oder bleibt ihr wegen des Eisfischens?«
    Sie ließ sich ziemlich Zeit beim Einpacken. War wohl ihre ganz persönliche Art zu fischen. Aber Dad schluckte den Köder nicht.
    Also sprang ich ein. »Wir passen im Winter drüben im Jachthafen auf.«
    Dad schaute mich an, als hätte ich gerade ein Staatsgeheimnis verraten.
    Andrea hielt inne. »Oh, ach so. Bei Ray Mitchell. Sobald der erste Frost kommt, sitzt er im Flieger nach Florida.«
    Dad nickte widerstrebend. »So ungefähr.«
    »Jedenfalls, wenn ihr irgendwas Besonderes braucht, kann ich es jederzeit bestellen. Seid ihr nur zu zweit?«
    Damit hatte sie Dad wieder in die Enge getrieben.
    »Ja, wir sind zu zweit«, sagte ich.
    Da hielt Dad schon auf die Tür zu.
    »Man sieht sich«, rief Andrea uns nach.
    Und tatsächlich kommt sie seitdem ständig vorbei, um uns zu sehen, und benutzt dazu jede Ausrede, die sie finden kann. Eigentlich ist sie ganz hübsch, höchstens ein bisschen mollig vielleicht, hat lange dunkle Haare und nette Lachfältchen um die Augen.
    Es klopft unten an der Tür.
    »Ich bin nicht da«, sagt Dad zu mir.
    »Aber wenn sie dich schon gesehen hat?« Ich versuche, mir das Lächeln zu verkneifen.
    Dad windet sich. »Sag ihr... sag ihr einfach...« Er sieht mich Hilfe suchend an.

    Ich zucke mit den Schultern. »Ich kann dir auch nicht helfen.«
    »Na danke schön aber auch!«
    Ich gehe langsam die Treppe runter. »Ach, komm schon«, rufe ich über die Schulter zurück. »Sie ist doch harmlos.«
    »Na klar.« Aber er folgt mir nach unten und zur Haustür.
    Ich mache die Tür auf und ein eisiger Windstoß drängt sich herein. Andrea sieht schon viel zu wach aus für die frühe Uhrzeit. Sie hat ein warmes Lächeln im Gesicht und eine Tüte vom Red and White in der Hand.
    »Hi, Danny. Wo ist deine Mütze?«
    »Ich brauch keine.« Ich hasse es, wenn sich meine Haare statisch aufladen und nach allen Seiten abstehen. Ich muss doch gut aussehen für Ash.
    »Wusstest du, dass man über den Kopf achtzig Prozent der Körperwärme verliert?«, sagt Andrea.
    »Nein, aber gut zu wissen.« Ich stapfe hinaus. »Bis später dann.«
    Ich werfe Dad einen Viel-Glück-Blick zu, und während ich mich entferne, höre ich erst die verlegene Stille und dann Dads Stimme: »Also, was führt Sie hierher?«
    Was auch immer es war - ich werde es später erfahren. Ich überlasse Dad der Folter einer Small-Talk-Runde mit einer freundlichen Einheimischen.
    Im blauen Morgenlicht sieht Harvest Cove unschuldig und harmlos aus. Keine Menschenseele in Sicht. Monster auch nicht.
    Ich blicke zu Boden - da sind meine Fußspuren im Schnee der letzten Nacht. Ich folge ihnen bis zum Jachthafen-Abzweig
und halte Ausschau nach Spuren des Tieres, das mich angegriffen hat. Aber ich finde nichts außer ein paar Reifenspuren und meinen eigenen Abdrücken.
    Ich stapfe zum Laternenpfahl, an den ich mich in der Nacht

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