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Knochenkälte

Titel: Knochenkälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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aus.«
    Ich habe ein verschwitztes T-Shirt und eine Jogginghose an, die ich aus der Schmutzwäsche gezogen hab.
    »Gehört zum Plan«, sagte ich. »Ich bin der Köder, ich muss die Bestie aus ihrem Versteck locken und mit dem Duft geht das vielleicht besser.«
    »Aha.« Ash rümpfte die Nase. »Vielleicht brauchen wir das TNT dann gar nicht. Das Vieh kippt einfach um, wenn es den Gestank in die Nase kriegt.«
    »Genau. Ich lach dann später drüber.«
    Sie tat ihr Bestes, mich von dem abzulenken, was heute passieren - und möglicherweise schiefgehen - würde. Und natürlich versuchte sie, sich selber auch abzulenken. Sie war schon die ganze Zeit ziemlich durch den Wind gewesen, seit wir diesen Plan aufgestellt hatten. Hatte mehr Angst um mich als um sich selbst.
    So wie’s aussieht, hab ich mich jetzt wirklich in Stinkboy verwandelt. In Moms Badezimmer-Strichmännchen. Meinen bösen Zwilling.
    Ich muss daran denken, was Stinkboy am Ende immer passiert ist - er wurde erschossen, erstochen, verbrannt oder in die Luft gesprengt. Kein Happyend für Stinkboy.
    »Willst du, dass ich nachher mitkomme?«, fragte Ash und drückte sich von hinten fest an mich, das Kinn auf meine Schulter gelegt. »Ich könnte das Fahren übernehmen. Pike kann auf sich selber aufpassen.«

    »Dann wären wir beide totes Fleisch.«
    Sie schüttelte den Kopf. »So schnell legt man eine Indianerin nicht um.«
    Ich sah ihr in die Augen. So dunkel, so selbstsicher. Ich wünschte, ich hätte mich so fühlen können wie sie - unbesiegbar. Ich sah zu der dünnen Narbe hin, wo ihre Unterlippe mal gespalten war. Sie ist gezeichnet, aber unbesiegt.
    Ich verliebe mich jeden Tag mehr in sie. Wenn ich nur mehr Zeit hätte.
    »Nein«, sagte ich. »Das muss ich alleine schaffen.« Dann beugte ich mich zu ihr und küsste sie eisig.
    Die Entscheidung war gefällt. Ich ließ den Motor aufheulen und fuhr uns über das Eis zur Fabrik.
    Pike nestelt an den »Zwillingen« rum, die im Kofferraum seines Autos liegen. Zwillinge - so hat er die zwei Sprengkörper genannt, die er zusammengebastelt hat. Orange Dynamitstangen, die mit Klebeband zusammengepappt sind, und dazu ein Gewirr aus Kupferdrähten und ein paar dünne Metallscheiben, die er Druckauslöser nennt. Pike tritt einen Schritt zurück.
    »Alles klar?«, frage ich leise, als könnte jedes Geräusch, das lauter ist als ein Flüstern, die Zwillinge hochgehen lassen.
    Er nickt. »Entspann dich. Die sind noch gar nicht scharf. Das mache ich erst, kurz bevor ich sie im Tunnel platziere. Dauert höchstens eine Minute.«
    »Pass bloß auf, dass du dir da unten nicht die Eier wegsprengst«, sagt Ash. »Ich hab keine Lust, dem Captain das alles erklären zu müssen.«
    »Keine Sorge, ich passe schon auf mich auf. Und wie sieht’s
bei dir aus, Danny?« Er nimmt das Schneemobil in Augenschein. »Wie fährt sich das Ding?«
    »Rutschige Angelegenheit.«
    »Ist doch klasse, du hast den besten Part bei dem Ganzen. Die Verfolgungsjagd.«
    Der Wind, der vom See herüberweht, frischt auf. Ash und Pike drehen dem Eishauch den Rücken zu. Das schwindende Licht färbt uns alle blau ein.
    »Wie lange ist es noch hin?«, frage ich.
    Pike schaut zum Himmel, an dem sich so langsam die ersten Sterne zeigen. »Nicht mehr lange.«
    Und so soll es funktionieren - wenn wir es schaffen. Falls!
    Ich bin der Köder. Wir wissen, dass die Bestie uns riechen kann - Howie und mich, diejenigen, die sie gebissen und infiziert hat. Durch das Gift sind wir mit ihr verbunden. Also muss ich sie hervorlocken. Als würde man einem Pitbull einen Hotdog vor die Schnauze halten. Wenn die Bestie auftaucht, springe ich aufs Schneemobil und versuche, meinen Arsch zu retten. Die Bestie natürlich hinter mir her. Ich versuche, sie von der Lichtung wegzulocken, halte in gerader Linie auf die Bucht zu, über den See und zurück zum Jachthafen. Home sweet home. Zu Hause bin ich in Sicherheit. Die Bestie passt auf keinen Fall durch die Tür. Außerdem wird Dad da sein. Es wird funktionieren. Es muss. Aber die Zweifel, die mich befallen, werden immer stärker.
    Währenddessen stürmt Pike in den Tunnel und platziert die Sprengkörper. Ash steht am Eingang Schmiere, mit einer einläufigen Schrotflinte und einer Handfeuerwaffe von ihrem Dad ausgerüstet.

    Einfach, der Plan, oder? Aber was am Nachmittag, bei Tageslicht betrachtet, noch so wasserdicht und idiotensicher geklungen hatte, kommt mir jetzt langsam wie eine der zehn bescheuertsten Ideen des Jahrhunderts

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