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Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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schuld.«
    »Das ist eine ganz normale Reaktion, Mrs. Specter. Sie fühlen sich einsam und schuldig, aber –«
    »Im letzten Januar habe ich Chantale die Wahrheit gesagt.«
    »Über ihren leiblichen Vater?«
    Ich spürte ihr Nicken.
    »An dem Abend, als sie verschwand?«
    »Sie wollte mir nicht glauben. Sie warf mir schreckliche Beleidigungen an den Kopf. Wir hatten einen furchtbaren Streit, und sie stürmte aus dem Haus. Das war das letzte Mal, dass wir sie gesehen haben.«
    Ganze zwei Minuten lang sagte keiner von uns beiden etwas.
    »Weiß der Botschafter Bescheid?«
    »Nein.«
    Ich stellte mir den Bericht vor, den ich über die Knochen im Faultank schreiben würde.
    »Wenn das im Paraíso wirklich Ihre Tochter war, dann könnte ans Licht kommen, was Sie mir eben gesagt haben.«
    »Ich weiß.«
    Sie hob den Kopf wieder und hob eine Hand an die Brust. In der nächtlichen Dunkelheit wirkten ihre Finger bleich, die lackierten Nägel schwarz.
    »Ich weiß auch von der Leiche, die sie heute bei Kaminaljuyú gefunden haben, kann mich allerdings nicht an den Namen des armen Mädchens erinnern.«
    Die Quellen der Specters waren gut.
    »Das Opfer wurde noch nicht identifiziert«, sagte ich.
    »Chantale ist es nicht. Also bleiben nur noch drei.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Meine Tochter hat perfekte Zähne.«
    Die Quellen der Specters waren wirklich sehr gut.
    »War Chantale bei einem Zahnarzt?«
    »Sie ging für Zahnreinigungen und Kontrolluntersuchungen hin. Die Polizei hat die Unterlagen. Leider ist mein Gatte kein Freund unnötiger Röntgenaufnahmen, die Akte enthält deshalb keine.«
    »Das Skelett vom Paraíso kann auch keines der vermissten Mädchen sein, die wir suchen«, sagte ich.
    »Oder es ist meine Tochter.«
    »Haben Sie eine Katze, Mrs. Specter?«
    Dass sie sich verkrampfte, spürte ich eher als dass ich es sah.
    »Was für eine seltsame Frage.«
    Die Quellen der Specters waren also nicht unfehlbar. Von Minos Befunden wusste sie nichts.
    »Wir fanden Katzenhaare in den aufgerollten Jeans im Faultank.« Die Probe, die ich von ihrem Sessel genommen hatte, erwähnte ich nicht. »Detective Galiano haben Sie gesagt, Sie hätten keine Haustiere.«
    »Wir haben unsere Katze letztes Weihnachten verloren.«
    »Verloren?«
    »Guimauve ist ertrunken.« Schwarze Fingernägel tanzten auf schwarzen Perlen. »Chantale fand seine kleine Leiche im Pool. Es brach ihr fast das Herz.«
    Sie verstummte einen Augenblick, sagte dann: »Es ist spät, und Sie müssen sehr müde sein.«
    Sie stand auf, strich imaginäre Falten in der perfekten grauen Seide glatt und trat auf den Kiesweg. Ich folgte ihr.
    Sie sprach erst wieder, als wir den Bürgersteig erreicht hatten. Im fahlen orangen Licht der Straßenbeleuchtung konnte ich erkennen, dass ihr perfekt geschminktes Gesicht wieder das typische Aussehen einer Diplomatenfrau angenommen hatte.
    »Mein Gatte hat ein paar Anrufe getätigt. Der Bezirksstaatsanwalt wird sich bei Ihnen melden, um einen Termin für Ihre Untersuchung der Überreste aus dem Paraíso zu vereinbaren.«
    »Ich bekomme Zugang?« Ich war verblüfft.
    »Ja.«
    Ich fing an, ihr zu danken.
    »Nein, Dr. Brennan. Ich bin es, die Ihnen dankbar sein muss. Einen Augenblick, bitte.«
    Sie zog ein Handy aus ihrer Handtasche und sagte ein paar Worte.
    Wir gingen schweigend weiter. Musik drang aus offenen Türen, als wir an Bars und Bistros vorbeikamen. Ein Fahrrad fuhr vorüber. Ein Betrunkener. Eine Oma mit einem Einkaufswagen. Ich fragte mich beiläufig, ob es die alte Frau war, die wir im Park gesehen hatten.
    Als wir uns dem Hotel näherten, hielt ein schwarzer Mercedes am Bordstein. Ein Mann im dunklen Anzug stieg aus und öffnete die hintere Tür.
    »Ich werde für Sie beten.«
    Sie verschwand hinter getöntem Glas.
     
    Um zehn Uhr am nächsten Vormittag lag das Skelett aus Kaminaljuyú auf rostfreiem Stahl im Morgue del Organismo Judicial, dem Staatlichen Leichenschauhaus, in der Zone drei. Ich stand davor, Galiano neben mir. Dr. Angelina Fereira stand am anderen Ende des Tisches, flankiert von einem Autopsietechniker.
    Auf Fereiras Anweisungen hin waren die Überreste vor unserer Ankunft fotografiert und geröntgt worden. Die Kleidung hatte man entfernt und auf der Arbeitsfläche hinter mir ausgebreitet. Der Beutel mit den Haaren und der Leichensack waren auf Spuren hin untersucht worden.
    Kalte Fliesen, Edelstahltisch, glänzendes Werkzeug, Neonbeleuchtung, Ermittler in Masken und Handschuhen. Eine nur zu

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