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Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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bunte Menge.
    Ich sah mich um. Die Atmosphäre war mir vertraut, das Gebäude selbst jedoch fremd. Schilder wiesen Besuchern den Weg zur Cafeteria, dem Geschenkekiosk, zur Verwaltung und zu einem Dutzend medizinischer Abteilungen. Radiografía, Urología. Pediatría.
    Mateo ignorierte die allgegenwärtigen Hinweispfeile zur Besucheranmeldung und führte mich direkt zu einer Reihe von Aufzügen. Wir stiegen im fünften Stock aus und wandten uns nach links. Unsere Absätze klackerten über polierte Fliesen. Während wir den Korridor entlanggingen, sah ich mein Spiegelbild in den kleinen rechteckigen Fenstern von einem Dutzend geschlossener Türen.
    »¡Alto!«, wurde uns von hinten zugerufen.
    Wir drehten uns um. Eine Feuer speiende Schwester stürmte auf uns zu, ein Klemmbrett an die makellos weiße Brust gepresst. Flügelhaube. Die Haare so straff nach hinten gezurrt, dass sich ein Graben quer durch ihr Gesicht zog.
    Schwester Drache streckte den Arm mit dem Klemmbrett aus und umkreiste uns, die Torwächterin des fünften Stocks.
    Mateo und ich lächelten gewinnend. Der Drache fragte nach dem Grund unseres Kommens. Mateo sagte es ihr.
    Sie zog das Klemmbrett ein und musterte uns, als wären wir die Natural Born Killers.
    Mateo deutete auf mich. »Americana.«
    Wieder ein kritischer Blick.
    »Numero treinta y cinco.«
    »Gracias.«
    »Veinte minutos. Nada mas.« Zwanzig Minuten. Nicht mehr.
    »Gracias.«
    Molly sah aus wie ein Stillleben des betrogenen Todes. Ihr dünnes Baumwollhemd war farblos von millionenfachem Waschen und hing an ihrem Körper wie ein federiges Leichentuch. Ein Schlauch steckte in ihrer Nase, ein anderer in einem Arm, der kaum mehr Fleisch hatte als die Skelette in der Leichenhalle.
    Mateo zog scharf die Luft ein. »Jesucristo.«
    Ich legte ihm die Hand auf die Schulter.
    Mollys Augen waren violette Höhlen. Sie öffnete sie, erkannte uns und versuchte, sich ein Stückchen aufzurichten. Ich eilte zu ihr.
    »¿Qué hay de nuevo?« Verwaschen.
    »Was gibt’s Neues bei dir ?«, fragte ich zurück.
    »Hatte ‘ne tolle Siesta.«
    »Hab ich’s doch gewusst, dass wir dich zu hart rannehmen.« Mateos Worte klangen unbeschwert, aber sein Tonfall war es nicht.
    Molly lächelte schwach und blickte zu einem Wasserglas auf dem Nachttisch.
    »Könntest du vielleicht?«
    Ich drehte den Tisch zu ihr und hielt den Strohhalm schräg. Sie schloss trockene Lippen darum, trank und legte sich zurück.
    »Kennt ihr meinen Vater?« Sie hob die Hand, ließ sie aber gleich wieder auf die Wolldecke sinken.
    Mateo und ich drehten uns um.
    Ein alter Mann saß in einem Sessel in der Zimmerecke. Er hatte weiße Haare, und tiefe Falten furchten seine Wange, seine Stirn und sein Kinn. Obwohl das Weiße seiner Augen altersgelb war, strahlten die blauen Pupillen klar wie ein Bergsee.
    Mateo ging zu ihm und streckte die Hand aus. »Mateo Reyes. Ich schätze, man könnte sagen, ich bin hier unten Mollys Chef.«
    »Jack Dayton.«
    Sie schüttelten sich die Hände.
    »Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen«, sagte ich vom Bett aus.
    Er nickte.
    »Nur schade, dass es unter diesen Umständen sein muss.«
    »Die wären?«
    »Wie bitte?«
    »Was ist mit meinem Mädchen passiert?«
    »Daddy. Sei höflich.«
    Ich legte Molly die Hand auf die Schulter.
    »Die Polizei ermittelt.«
    »Seit zwei Wochen.«
    »So etwas braucht seine Zeit«, sagte Mateo.
    »Ja.«
    »Hält man Sie auf dem Laufenden?«, fragte ich.
    »Es gibt ja nichts Neues.«
    »Ich bin mir sicher, dass sie an dem Fall arbeiten.« Ich war mir nicht sicher, dass ich das selbst glaubte, aber ich wollte ihn trösten.
    »Seit zwei Wochen.« Er senkte den Blick zu den knotigen Fingern in seinem Schoß.
    Stimmt, Jack Dayton. Leider.
    Ich nahm Mollys Hand in die meine.
    »Wie geht’s dir?«
    »In einer kleinen Weile mach ich mich hier vom Acker.« Noch ein schwaches Lächeln. »Ich habe diese Redewendung nie verstanden. Muss von Farmern geprägt worden sein.« Sie drehte den Kopf, um ihren Vater anzuschauen. »Stimmt’s, Daddy?«
    Der alte Mann rührte keinen Muskel.
    »Ich bin zweiundvierzig, aber meine Eltern halten mich immer noch für ein kleines Mädchen.« Molly wandte sich wieder mir zu. »Sie waren dagegen, dass ich nach Guatemala gehe.«
    Die eisblauen Augen in der Ecke schauten hoch.
    »Siehst doch, was passiert ist.«
    Sie warf mir ein verschwörerisches Lächeln zu.
    »Ich hätte auch in Mankato überfallen werden können, Daddy.«
    »Zu Hause fangen wir

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