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Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Ansicht. Sie suchen Informationen.«
    »Von mir aus können sie ein Mittel gegen den Tripper suchen. Ich weiß nicht, von was Sie reden.« Sie starrte mich mit Funkelblick an.
    »Du bist im selben Alter, lebst nur ein paar Blocks entfernt.
    Wenn sie auch nur eine Verbindung finden, ein Klo, auf dem du und Claudia de la Alda mal gemeinsam gepinkelt habt, dann holen sie dich zurück und drehen dich durch die Mangel.«
    Das stimmte natürlich nicht, und Lywyckij wusste es. Doch der Anwalt sagte nichts.
    »Sie können mich nicht zwingen, nach Guatemala zurückzugehen.« Chantales Stimme klang jetzt nicht mehr ganz so selbstsicher.
    »Du bist siebzehn. Und damit minderjährig.«
    »Das werden wir nicht zulassen.« Lywyckij mimte den guten Bullen.
    »Vielleicht hast du keine andere Wahl.« Ich machte als böser Bulle weiter.
    Chantale kaufte uns das Spiel nicht ab. Sie zog die Hände aus den Taschen und streckte sie mir mit überkreuzten Gelenken entgegen.
    »Okay. Ich war’s. Ich habe sie umgebracht. Und ich deale mit Heroin an der Junior High.«
    »Niemand beschuldigt dich des Mordes«, sagte ich.
    »Ich weiß. Das Ganze soll nur ein Wirklichkeits-Crash-Kurs für einen ungezogenen Teenager sein.« Sie schoss vor, riss die Augen weit auf und wackelte mit dem Kopf wie ein Hutablagen-Dackel. »Schlimmen Mädchen passieren schlimme Dinge.«
    »So in der Richtung«, entgegnete ich ungerührt. »Du weißt natürlich, dass Lucys Rückkehr nach Guatemala nicht zu verhindern ist.«
    Chantale stand so plötzlich auf, dass der Stuhl umkippte.
    Mrs. Specter hielt sich die Hand ans Herz.
    Der Wachposten kam, die Hand am Revolvergriff, durch die Tür geschossen. »Alles in Ordnung?«
    Lywyckij richtete sich auf. »Wir sind fertig.« Er wandte sich an Chantale. »Ihre Mutter hat Ihnen für Ihr Erscheinen vor dem Richter etwas zum Anziehen mitgebracht.«
    Chantale verdrehte die Augen. Tuscheklumpen hingen an den Wimpern wie Regentropfen an einem Spinnennetz.
    »Wir sollten Sie in drei Stunden hier raus haben«, fuhr er fort. »Die Drogensache besprechen wir später.«
    Nachdem der Posten Chantale aus dem Zimmer geführt hatte, wandte Lywyckij sich an Mrs. Specter.
    »Glauben Sie, dass Sie sie unter Kontrolle halten können?«
    »Natürlich.«
    »Sie könnte ausreißen.«
    »Diese schreckliche Umgebung macht Chantale aggressiv. Wenn Sie wieder zu Hause bei Ihrem Vater und mir ist, kommt sie wieder ganz in Ordnung.«
    Lywyckijs Zweifel konnte ich sehen. Ich hatte meine eigenen.
    »Wann trifft der Botschafter ein?«
    »Sobald er kann.« Das Plastiklächeln huschte über ihr Gesicht.
    Ein Liedtext kam mir in den Sinn. Ein Lied über ein immer parates Lächeln. Ich hatte es als Achtjährige gesungen.
     
    Ich hab’ was in der Tasche, das gehört auf mein Gesicht
    Ich hab’ es immer bei mir und hol’ es schnell ans Licht …
     
    »Was ist mit Miss Gerardi?« Lywyckijs Frage holte mich in die Wirklichkeit zurück.
    »Was ist mit ihr?« Eine Gegenfrage von Frau Botschafter, die nicht gerade große Besorgnis ausdrückte.
    »Werde ich sie vertreten?«
    »Wahrscheinlich rühren Chantales Schwierigkeiten vom Einfluss dieses Mädchens her. Das Beschaffen von Pässen. Trampen mit Fremden. Den Kontinent in Bussen durchqueren. Von sich aus würde meine Tochter so etwas nie tun.«
    »Ich bin mir da nicht so sicher«, sagte ich.
    Die Smaragdaugen huschten überrascht zu mir.
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Nennen Sie es ein Bauchgefühl.« Ich ließ mich nicht einschüchtern.
    Eine Pause, dann eine Verlautbarung von Mrs. Specter.
    »Auf jeden Fall ist es besser, wenn wir uns nicht in die Angelegenheiten guatemaltekischer Bürger einmischen. Lucys Vater ist ein wohlhabender Mann. Er wird sich schon um sie kümmern.«
    Der wohlhabende Mann war bereits in Montreal und ging hinter einem Wachposten her, als wir wieder auf den Gang traten. Sein Begleiter war wie Lywyckij ausgestattet mit einem teuren Anzug, italienischen Schuhen und einer ledernen Aktenmappe.
    Gerardi drehte sich um, als wir vorbeigingen, und sein Blick traf meinen.
    Ich hatte Mitleid gehabt mit dem kleinen Mädchen am Schulhofzaun. Doch diese Empfindung war nichts im Vergleich zu dem Mitgefühl, das ich jetzt für Lucy Gerardi empfand. Was sie auch nach Kanada getrieben hatte, es würde ihr nicht verziehen werden.

17
    Vierzig Minuten später ging ich zwischen schulterhohen Hecken hindurch auf einem Weg, der zu einer Glasdoppeltür führte. Auf jeder Scheibe war ein Logo aufgedruckt

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